Missbrauchsskandal in katholischer Kirche Neue Verdachtsfälle in Bistümern Limburg und Fulda

Limburg/Fulda (RPO). In den katholischen Bistümern Limburg und Fulda sind am Dienstag weitere Verdachtsfälle auf sexuellen Missbrauch durch Kirchenbedienstete bekannt geworden. Ein Vorwurf bezieht sich auf den ehemaligen, inzwischen verstorbenen langjährigen Leiter der weltbekannten Limburger Domsingknaben.

Wie entdeckt man, ob ein Kind missbraucht wird?
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Foto: AP

Die zuständigen Staatsanwaltschaften ermitteln in mindestens drei Fällen, die Anschuldigungen gegen den früheren Chorleiter gehören nicht dazu. Die meisten angezeigten Taten sollen sich in den 1950er bis 1970er Jahren ereignet haben und wären entsprechend strafrechtlich verjährt.

"Der Missbrauchsbeauftragte des Bistums, Benno Grimm, untersucht derzeit Verdachtsfälle gegen fünf weitere Priester und kirchliche Mitarbeiter", teilte das Bischöfliche Ordinariat in Limburg mit. In der vergangenen Woche hatte Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst bereits von fünf Priestern berichtet, die mindestens sechs Minderjährige missbraucht haben sollen.

Einige der Beschuldigten seien inzwischen verstorben. Wie viele genau, konnte ein Sprecher des Bistums nicht sagen. Die Diözese setze "alles daran, jeden Verdachtsfall rigoros aufzuklären", obwohl die Taten strafrechtlich bereits verjährt seien.

"Schon alles geklärt"

Zu den fünf neuen Verdachtsfällen zähle aber nicht der Vorwurf gegen den ehemaligen, im Oktober 2002 verstorbenen langjährigen Leiter der Limburger Domsingknaben, Hans B., wonach dieser Sänger des Chors missbraucht haben soll. "Das ist ja schon alles geklärt", sagte der Sprecher des Bistums. Gegen den Chorleiter sei bereits in den 1970er Jahren strafrechtlich ermittelt worden. Verurteilt worden sei er damals nicht.

Christoph Meurer, der kommissarische Leiter des Musischen Internats in Hadamar, der Heimat der Domsingknaben, sagte: "Seit 30 Jahren läuft hier alles optimal." Die Vorwürfe gegen B. reichten 40 Jahre zurück. Bislang habe es nur Gerüchte gegeben, nun seien erstmals konkrete Anschuldigungen laut geworden. Die Eltern der 180 Chorknaben und 50 im Tagesinternat untergebrachten Jungen stünden hinter der Einrichtung und sähen "keinen Grund zur Besorgnis", sagte Meurer.

Der Limburger Staatsanwalt Hans-Joachim Herrchen sagte, der Vorwurf gegen den früheren Leiter des Limburger Chors komme nicht von einem Opfer, sondern von einem Dritten. Der Vorwurf sei recht vage. Die Tat soll sich vor 1973 ereignet haben. Seine Behörde habe in zwei Fällen Verfahren eingeleitet, sagte Herrchen. Die am Dienstag bekannt gewordenen Verdachtsfälle spielten "nach einer ersten groben Sichtung alle im rechtsverjährten Zeitraum".

Im Bistum Fulda wurde ein weiterer Verdacht auf sexuellen Missbrauch durch einen Kirchenmitarbeiter im Schülerheim der Stiftsschule Amöneburg (Kreis Marburg-Biedenkopf) in den 1970er Jahren bekannt. Anders als ein weiterer Schüler der Stiftsschule habe dieser noch nicht mit der Missbrauchsbeauftragten Anne Schmitz darüber gesprochen, sagte eine Sprecherin des Bistums.

Außer gegen den Kirchenmitarbeiter in der Stiftsschule Amöneburg waren im Bistum Fulda in der vergangenen Woche Vorwürfe gegen zwei weitere Kirchenbedienstete an die Öffentlichkeit gelangt. Ein Fall gilt als strafrechtlich nicht relevant, im anderen ermittelt die Staatsanwaltschaft Marburg auf Grundlage eines anonymen Briefs gegen einen Priester.

Odenwald-Vorstand will zurücktreten

Der Vorstand der Odenwaldschule in Heppenheim wird nach einem Bericht des Hessischen Rundfunks auf der turnusmäßigen Sitzung des Fördervereins der Schule am 27. März geschlossen zurücktreten. Nach den in diesen Tagen bekannt gewordenen vielen Fälle von Kindesmissbrauch durch den ehemaligen Rektor und zwei Lehrer sowie die zögerliche Aufarbeitung dieser Missstände seien vorzeitige Vorstandsneuwahlen zwingend und selbstverständlich, sagte Friedrich Springorum, Mitglied des jetzigen Leitungsgremiums der Schule, dem Sender am Dienstagabend. Nur so könne die Odenwaldschule einen gesicherten Neuanfang schaffen.

Die Leitung der Schule will nach Angaben einer Sprecherin am Donnerstag weitere Informationen zu den Missbrauchsvorwürfen bekannt geben. Schulleiterin Margarita Kaufmann rief ehemalige Schüler auf, Fälle von sexuellem Missbrauch an der Privatschule zu melden. Sie hatte am Montag mitgeteilt, dass der Schule bisher insgesamt 24 Schüler bekannt seien, die Opfer geworden seien.

(DDP/das)
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