Kind stirbt nach Behandlung Narkose-Arzt zu Haft verurteilt

Halle (RPO). Ein Narkose-Arzt ist wegen Körperverletzung mit Todesfolge am Mittwoch vom Landgericht Halle zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Der 53-jährige Mediziner ist demnach für den Tod eines Kindes verantwortlcih, weil es gegen jegliche Regeln der Sorgfaltspflicht verstoßen hatte.

Mit dem Urteil folgte das Gericht dem Urteil der Staatsanwaltschaft. Das Gericht unter Vorsitz von Jan Stengel sah es als erwiesen an, dass der 53-Jährige seine Sorgfaltspflicht verletzt und gegen jegliche Regeln der medizinischen Kunst verstoßen habe. Der Zweijährige war im Januar 2009 zwei Tage nach der Zahnbehandlung unter Vollnarkose in Zeitz (Burglandkreis) gestorben.

Gericht bemängelt fehlendes Aufklärungsgespräch

Ein Berufsverbot, wie es von der Nebenklage gefordert worden war, lehnte das Gericht jedoch ab. Das Gericht kritisierte in der Urteilsbegründung, dass der Narkosearzt vor dem Eingriff nicht noch einmal ein Aufklärungsgespräch mit den Eltern geführt habe. Mit Bezug auf das Alter des Narkosegerätes, 23 Jahre, sagte Stengel, egal wie alt die Geräte seien, die Funktionalität hänge auch von der richtigen Handhabe ab.

Stengel nannte es zudem "unhaltbar", dass medizinische Geräte von Monteuren einfach ein Prüfsiegel erhalten könnten, während Autos nur von autorisierten Prüfstellen wie dem TÜV für den Verkehr zugelassen werden dürften.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigung kündigte unmittelbar nach dem Richterspruch an, in Berufung gehen zu wollen. Rechtsanwältin Annette Clement-Sternberger hält das Urteil "rechtlich für falsch" und das "Strafmaß für überhöht". Die Nebenklage hingegen will das Urteil akzeptieren. Rechtsanwalt Volker Loeschner sprach von einem "guten und mutigen Urteil". Die Kammer sei damit im Vergleich zu anderen Fällen weit über bisherige Urteile hinausgegangen.

Arzt sah Warnsignale nicht

Laut Staatsanwaltschaft hatte der Narkose-Arzt ein völlig veraltetes und zudem für das Kind ungeeignetes Narkosegerät verwendet. Er habe nicht nur ein falsches Narkosegerät benutzt, sondern auch die Warnsignale am Patienten, etwa dessen blaue Lippen, nicht gesehen, sagte Staatsanwalt Klaus Wiechmann in seinem Plädoyer. Die Nebenklage hatte eine Haftstrafe von vier Jahren und fünfjähriges Berufsverbot gefordert.

Die Verteidigung hatte eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung und zwei Jahre Haft auf Bewährung beantragt. Sie teilte mit, dass ihr Mandant nach dem Vorfall ohnehin beruflich am Ende sei. Seine Zulassung sei bereits entzogen, und er sei schwer depressiv geworden.

In seinem Schlusswort sagte der angeklagte Ronald R., es tue ihm "unwahrscheinlich leid". Vor allem, weil es um ein Kind gehe, sei er besonders erschüttert. Der 53-Jährige arbeitete nach eigenen Angaben 25 Jahre als Anästhesist, war unter anderem als Oberarzt und zuletzt in einer Ambulanz als selbstständiger Narkosearzt tätig.

(DDP)
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