Krisengespräche und Aufklärung Weiterer Verdachtsfall in der Odenwaldschule

Heppenheim · Der Skandal um Kinderpornos an der Odenwaldschule weitet sich aus: Die Schulleitung räumte am Dienstag einen neuen Verdachtsfall ein. Über Einzelheiten schwieg sie zunächst.

Missbrauch-Skandal an der Odenwaldschule
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Es soll nach Angaben des zuständigen Dezernenten um denselben Lehrer gehen, der bereits im Mittelpunkt der jüngsten Affäre um Kinderpornos aus dem Internet steht. Schulleiter Siegfried Däschler-Seiler sagte, man habe seit Montag Erkenntnisse über den Fall, der strafrechtlich relevant sein könnte. Die Staatsanwaltschaft sei informiert.

Bei einem Krisengespräch hatte die Schulleitung am Dienstag die Aufsichtsbehörden unterrichtet. Dabei sollte es eigentlich um einen anderen Vorwurf gegen den selben Lehrer gehen. Mitte April war bekannt geworden, dass der mittlerweile entlassene Mann nach eigener Aussage Kinderpornos heruntergeladen hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte seine Wohnung auf dem Schulgelände durchsucht.

Schon 2013 hatten sich Schüler über den Pädagogen beschwert. Öffentlich gemacht hatte die Schule den Fall aber erst, als Medien berichteten. Laut Staatsanwaltschaft sind bisher keine sexuellen Übergriffe des Mannes bekanntgeworden. Jugend- und Schulamt fühlten sich über den Fall unzureichend informiert. Einen Fragenkatalog zu diesem Fall beantwortete die Schule aus Sicht der Behörden zu spät und nicht umfassend genug.

Der Landkreis Bergstraße bestellte die Schulleitung zum Rapport ein - und machte ihr Auflagen: Die Schule müsse "ab sofort" monatlich schriftlich und ausführlich über alle außergewöhnlichen Vorfälle informieren, sagte der stellvertretende Landrat Matthias Schimpf (Grüne) nach dem Gespräch. Es werde künftig fünf statt drei pädagogische Fachkräfte geben. Die Schule müsse zudem Hilfe von außen annehmen, ihr Präventionskonzept überarbeiten und "ihr Betreuungskonzept überdenken". Um die Reformen umzusetzen, habe die Schule bis zum 1. Oktober Zeit.

Die jüngsten Ereignisse folgen auf einen spät bekannt gewordenen Missbrauchsskandals an der Schule vor mehreren Jahrzehnten: Seit den 1960er Jahren hatten Lehrer der Schule mindestens 132 Schüler sexuell missbraucht. Die Übergriffe kamen aber erst vor wenigen Jahren an die Öffentlichkeit. Die Schule hatte daraufhin Reformen versprochen, um für die Schüler Sicherheiten einzubauen. Nun muss die Odenwaldschule wegen der Kinderporno-Affäre erneut um Ruf und Zukunft bangen. In dem Internat leben Lehrer und Schüler in familienähnlichen Strukturen zusammen. Das sehen viele kritisch.

Beim Krisengespräch am Dienstag sagte der Schulleiter die angeforderten Berichte zu und versprach, die Reformvorschläge zu prüfen. "Wir haben bereits gravierende Veränderungen vorgenommen und werden weitere beraten", sagte er.

Vor dem Treffen mit den Aufsichtsbehörden hatte sich die Odenwaldschule bemüht, Vertuschungsvorwürfe in der Kinderporno-Affäre zu entkräften. Am ersten Tag nach den Osterferien habe man Schüler nach ihren Erfahrungen mit dem wegen Besitzes von Kinderpornografie entlassenen Lehrer befragt, teilte die Schule mit. Die Schüler wurden demnach ermutigt, "Beobachtungen und Hinweise zu dem Lehrer zu nennen, die sie vorher vielleicht noch nicht weitergegeben haben".

(dpa)
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