Kinder- und Jugend-Monitor 2017 Jeder vierte Minderjährige ist arm oder sozial ausgegrenzt

Berlin · Laut Kinder- und Jugendhilfe ist mehr als jeder vierte Minderjährige in Deutschland sozial ausgegrenzt oder von Armut bedroht. "Startchancen in das Leben werden nach wie vor vererbt", sagte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe, Karin Böllert, am Montag in Berlin.

 Für viele Jugendliche ist das Leben schwierig. (Symbolbild)

Für viele Jugendliche ist das Leben schwierig. (Symbolbild)

Foto: dpa, ppl;cse dbo lof

Insgesamt 3,7 Millionen Kinder und Jugendliche gehörten zu den Verlierern ihrer Generation - das sind 28 Prozent. Allein 19 Prozent aller jungen Menschen seien von Armut bedroht. Jeder Zehnte wachse in einem Elternhaus auf, in dem weder Vater noch Mutter erwerbstätig seien. Elf Prozent wüchsen in Familien auf, in denen weder Vater noch Mutter eine abgeschlossene Berufsausbildung hätten.

Ein Überblick über die Fakten:

Wie viele Junge gibt es überhaupt in der alternden Gesellschaft?

Mit 22 Millionen ist nach einem stetigen Abwärtstrend seit 1991 etwas mehr als jeder Vierte in Deutschland jünger als 27 Jahre. Nach einem Tiefststand 2013 ist die junge Bevölkerung aber wieder leicht angestiegen - vor allem wegen der hohen Zuwanderung.

Wie sehen junge Menschen die politischen Verhältnisse?

2015 zeigten sich 73 Prozent der 12- bis 25-Jährigen mit der Demokratie in Deutschland zufrieden. 2010 waren es nur 63 Prozent. In Ostdeutschland waren es zuletzt aber nur 54, im Westen 77 Prozent.

Engagiert sich die Jugend überhaupt noch für die Gesellschaft?

Ja - sogar in steigendem Maß. In Gruppen mit konkreten Anliegen etwa in Gesellschafts- oder Umweltfragen waren 2010 fast 25 Prozent der Unter-29-Jährigen aktiv. 2002 waren es 17 Prozent. Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren sind laut Kinder- und Jugendhilfe die am stärksten ehrenamtlich engagierte Gruppe. Mit Skepsis sehen viele die offizielle Politik, möchten Änderungen: So wünschen sich 85 Prozent der 15- bis 25-Jährigen mehr junge Leute in der Politik.

Verheiratete Eltern mit Kindern unter einem Dach - normal?

Bei weitem nicht immer. 35 Prozent aller Kinder in Deutschland kommen in nicht-ehelichen Gemeinschaften zur Welt. 2,3 Millionen der Unter-18-Jährigen leben bei einem alleinerziehenden Elternteil, meist der Mutter.

Was ist das Hauptrisiko für junge Leute?

Armut und Ausgrenzung - so sehen es die Jugendhelfer. 3,7 Millionen - mehr als jeder Vierte - seien von Armut bedroht. Ihre Familien haben deutlich weniger Einkommen als der Durchschnitt oder können sich Dinge des täglichen Lebens nicht leisten, die für andere ganz normal sind. Viele wachsen bei Eltern ohne Berufsausbildung oder Job auf.

Bildung ist der Schlüssel fürs Fortkommen - wie ist da die Lage?

Oft gut - aber abhängig vom Elternhaus. Während die Zahl der Auszubildenden auf zuletzt 1,34 Millionen abnahm, legte die Zahl der Studenten auf 2,8 Millionen zu. Viele studieren auch im europäischen Ausland: zuletzt mehr als 107.000, noch 2004 waren es erst 40.000. Es gibt mehr Abiturienten und weniger Hauptschüler. Und fast 95 Prozent der Über-3-Jährigen besucht eine Kita, bei den Jüngeren ist es jeder Dritte. Die Zahl der Unter-3-Jährigen in der Kindertagesbetreuung hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Schlechtere Bildungschancen haben tendenziell diejenigen aus Elternhäusern mit niedrigen Bildungsabschlüssen und ausländischen Wurzeln.

Wie gelingt den jungen Leuten der Übergang in den Beruf?

"Stotter-Start" - das ist laut Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe für viele eher die Regel als die Ausnahme. Bis junge Leute finanziell auf eigenen Beinen stehen, dauere es teilweise weit bis ins Erwachsenenalter. Befristete Jobs und niedrige Gehälter seien gerade bei ihnen weit häufiger anzutreffen.

Was findet am Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag statt?

Ein großer Kongress in Düsseldorf. Vom 28. bis 30. März werden dort mehr als 30.000 Besucher erwartet. Es ist laut Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe der größte "Jugendhilfe-Gipfel" Europas mit Praxis-Schau und Fachkongress.

(felt/dpa)
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