Mädchen "zu aufreizend" gekleidet Hotpants-Verbot an Schule löst Sexismus-Debatte aus

Horb · In den vergangenen Tagen waren die Temperaturen kaum noch auszuhalten. Kein Wunder also, wenn viele etwas mehr Haut zeigen als sonst. Dass Schülerinnen bei dem Wetter gerne mal knappe Hosen anziehen, gefiel einer Schule im Schwarzwald aber überhaupt nicht: Sie stellte ein "Hotpants-Verbot" auf, dass im Netz heftig diskutiert wird.

 Dieses Outfit würde an einer Schule im Schwarzwald mit einem XXL-T-Shirt überdeckt.

Dieses Outfit würde an einer Schule im Schwarzwald mit einem XXL-T-Shirt überdeckt.

Foto: dpa, frk lof bwe

Die Altheimer Werkrealschule in Horb reagierte auf die leichte Bekleidung vieler Schülerinnen mit einem Elternbrief, den der Schwarzwälder Bote veröffentlicht hatte. Der Inhalt in Kürze: Mädchen, die in Hotpants zur Schule kommen und allgemein "zu aufreizend" gekleidet seien, würden mit einem großen T-Shirt ausgestattet, das sie den Tag über tragen müssten. Trotz der Betonung darauf, dass es nicht um die Unterdrückung der Individualität der Kinder gehe, löste das, was zu einem "gesünderen Schulklima" führen sollte, eine hitzige Diskussion auf Twitter aus.

Die Reaktion im Netz ist in zwei Lager geteilt. Das eine findet: Gut reagiert, die Mädchen seien sowieso zu jung für "derartige Kleidung" und die Jungs würden nur abgelenkt. Schließlich gebe es auch Kleiderordnungen fürs Büro. Allerdings gibt es nicht viele Tweets auf der Befürworter-Seite.

Das andere Lager hängt sich genau an diesem Punkt auf: Sexualisierung sei eine Sache der Wahrnehmung, und wenn die Jungen abgelenkt würden, dann müsse man genau daran arbeiten und nicht das Mädchen in einem Sack verstecken. Den Schülerinnen ein T-Shirt aufzuzwingen, grenze an Übergriffigkeit.

Die Gegner gehen noch weiter: Fakt sei, dass man sich nicht um diejenigen sorgen sollte, die sich zu "knapp" kleiden, sondern um die, die nicht anders könnten als zu starren. Die Frage sei: Wer bestimmt, was "aufreizend" ist — das könne nur der Betrachter und nicht das "Opfer". Die Sexualisierung junger Mädchen sei eine Sache der Wahrnehmung.

Die sexistische Sichtweise des Kleidungsproblems führte auch zur Assoziation mit dem Prinzip "Victim Blaming" ("Opferbeschuldigung"). Dieses besagt, dass Mädchen sich selbst zum Opfer der Blicke machten und somit auch verantwortlich für die möglichen Folgen sind. Sexuelle Belästigung ist laut "Victim Blaming" das Problem der Betroffenen.

Doch wie sieht es rechtlich aus? Eine Sprecherin des baden-württembergischen Kultusministeriums erklärte dem "Schwarzwälder Boten", dass die Schule nicht dazu berechtigt sei, "die eigene Moralvorstellung zum Gradmesser für eine korrekte Kleidung zu machen". Allerdings dürfe die Schule eingreifen, wenn der "Schulfrieden" gestört sei, also wenn Jungs eher auf die Beine der Mädchen starren als auf die Tafel. Eine Kleiderordnung gebe es an öffentlichen Schulen allerdings nicht.

Bereits im Mai geriet ein Kleidungsverbot des Deutschhaus-Gymnasiums in Würzburg in die Diskussion. Das Tragen von Hotpants und bauchfreien Tops wurde verboten; selbst ärmellose T-Shirts bei Jungs verstoßen gegen die neuen Regeln. Auf der Facebook-Seite "Der Dresscode muss weg" wehren sich die Schüler noch immer gegen die strengen Kleidungsvorschriften.

(isw)
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