Ermittlungen zu G20-Randale Linksextreme Szene wurde vor Razzia offenbar gewarnt

Hamburg · Rund fünf Monate nach den Ausschreitungen beim G20-Gipfel hat die Polizei am Dienstag Wohnungen in acht Bundesländern durchsucht. Die Ermittler hofften auf Hinweise zu den Krawallen im Juli. Die linke Szene war aber offenbar vorgewarnt.

 Eines der durchsuchten Gebäude in Stuttgart.

Eines der durchsuchten Gebäude in Stuttgart.

Foto: dpa, bwe

Bei den bundesweiten Razzien gegen die linke Szene hat die Polizei am Dienstag Wohnungen von 23 Beschuldigten in acht Bundesländern durchsucht. Sie stehen unter dringendem Tatverdacht am 7. Juli im Hamburger Stadtteil Bahrenfeld Steine und andere Gegenstände auf Bundespolizisten geworfen zu haben, sagte Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer. Gegen sie werde wegen schweren Landfriedensbruchs ermittelt.

Die Razzia habe zum Ziel gehabt, näher an den "Kern der autonomen Szene heranzukommen", sagte der Hamburger Polizeipräsident Ralf Martin Meyer. Sonderkommisions-Leiter Jan Hieber seine auch zwei linke Zentren in Göttingen und Stuttgart durchsucht worden. Hieber betonte, dass sich die Einsätze nicht gegen die Projekte, sondern gegen dort wohnende Beschuldigte gerichtet hätten.

Es seien 26 Laptops und Computer, 35 Handys und weitere Speichermedien wie USB-Sticks sichergestellt worden, sagte Hieber. Festnahmen gab es nicht. Insgesamt waren fast 600 Polizisten in Berlin, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt im Einsatz.

Insgesamt seien 583 Polizeibeamte im Einsatz gewesen, darunter 50 der Soko "Schwarzer Block". Nicht betroffen war das linksautonome Kulturzentrum Rote Flora im Hamburger Schanzenviertel.

Innerhalb der linken Szene sollen sich Aktivisten bereits am Montag vor der bevorstehenden Razzia gewarnt haben. Die Berliner Zeitung berichtet, es seien Nachrichten per Handy verschickt worden. In einer Mitteilung heißt es demnach: "alle Dinge im Zusammenhang mit Juli vernichten (Papier, Klamotten)."

Am Montagabend schrieb ein Aktivist der Berliner linken Szene auf Twitter: "Liebe Genoss*innen, räumt doch heute Abend mal ganz besonders gründlich eure Wohnungen und Computer auf."

Bei der Hamburger Staatsanwaltschaft wurden nach aktuellen Angaben vom Dienstag bisher insgesamt 678 Ermittlungsverfahren wegen der Ereignisse im Juli eröffnet, davon 372 gegen namentlich bekannte Beschuldigte und 306 gegen noch nicht identifizierte Menschen. Diese könnten in Anklagen und Prozesse münden. Die Behörde ermittelt nach eigenen Angaben außerdem gegen 113 Polizisten, denen Fehlverhalten bei den G20-Einsätzen vorgeworfen wird.

Während der Gipfelkrawalle selbst gab es mehr als 400 Fest- und Ingewahrsamnahmen durch die Polizei. 51 Menschen kamen anschließend in Untersuchungshaft. Viele davon stammten aus dem nahen europäischen Ausland, was die Justiz befürchten ließ, dass sie sich vor Beginn eines Strafverfahrens absetzen.

Nach Angaben der Gerichtspressestelle vom Dienstag befinden sich derzeit noch sieben Beschuldigte aus dieser Gruppe in der Hansestadt in Untersuchungshaft. Gegen zwei läuft derzeit der erstinstanzliche Prozess. Die anderen fünf wurden bereits verurteilt. Sie bleiben wegen anhängiger Revisionsverfahren aber weiter in Untersuchungshaft, bis ihre Fälle rechtskräftig abgeschlossen sind.

(laha)
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