Vor Hashtag #MeToo Fünf Jahre nach dem #Aufschrei über Sexismus in Deutschland

Berlin · Wenige Hashtags schaffen es, gesellschaftliche Diskussionen zu befeuern. Seit Oktober hat der Hashtag #MeToo die Debatte um Alltagssexismus, Missbrauch und Nötigung weltweit in ganz neue Dimensionen geführt. Vor fünf Jahren hat Deutschland der Hashtag #Aufschrei aufgerüttelt.

 Fünf Jahre sind vergangen, seit Deutschland über den Hashtag #Aufschrei, den Anne Wizorek (Bild) prägte, über Sexismus und Übergriffe diskutierte. Nun befeuert #MeToo die Debatte.

Fünf Jahre sind vergangen, seit Deutschland über den Hashtag #Aufschrei, den Anne Wizorek (Bild) prägte, über Sexismus und Übergriffe diskutierte. Nun befeuert #MeToo die Debatte.

Foto: Stephanie Pilick/dpa

Nachdem die ersten Vorwürfe sexuellen Missbrauchs in Hollywood ans Licht kamen, machte die Schauspielerin Alyssa Milano (45, "Charmed") das seit längerem bestehende Schlagwort berühmt und zu einem Synonym für die gesamte Debatte. Mehr als 5,6 Millionen Mal wurde #MeToo seither getwittert, an keinem Tag weniger als 14 500 mal, wie eine Auswertung des dpa-Monitoringdienstes Buzzrank ergibt.

In Deutschland hat es bereits einen Hashtag - also ein mit dem #-Zeichen versehenes Schlagwort - gegeben, das stellvertretend für eine Debatte um sexuelle Übergiffe steht: #Aufschrei. Die Medienberaterin Anne Wizorek twitterte vor fünf Jahren am 24. Januar 2013 erstmals den Hashtag, damals in einer Antwort an Nicole von Horst: "wir sollten diese erfahrungen unter einem hashtag sammeln. ich schlage #aufschrei vor." Von Horst hatte als Reaktion auf einen "Stern"-Bericht der damaligen Magazin-Journalistin Laura Himmelreich über anzügliche Bemerkungen des FDP-Spitzenkandidaten Rainer Brüderle zuvor von einem eigenen Erlebnis berichtet.

Die größte Verbreitung fand der Hashtag in den Tagen danach: in der ersten Woche gab es laut Buzzrank mehr als 85 000 Tweets. Danach ging die Zahl zurück. Bis heute kamen mehr als 300 000 Tweets dazu. Obwohl das vergleichsweise wenige sind: In Deutschland wurde #Aufschrei ein Schlüsselbegriff für die Debatte um Alltagssexismus.

Auf Twitter hat der Hashtag allerdings viel von seiner Bedeutung eingebüßt. Etliche Spam-Accounts nutzen das Schlagwort, oder es wird ironisch verwendet. Am erfolgreichsten ist die Nutzung bei Kritikern der damaligen #Aufschrei-Debatte, zudem wird er auch von rechten Politikern verwendet, um auf eine angebliche Gleichgültigkeit gegenüber von Ausländern verübten Straftaten hinzuweisen.

Einer der am weitesten verbreiteten Tweets mit dem Hashtag stammt von der AfD-Politikerin Beatrix von Storch, die vor einigen Tagen schrieb: "Unsere Kultur wird untergehen und Deutschland islamisch werden, solange ör-Staatssender im Kinderkanal unsere Unterwerfung als Akt der Liebe verklären, ohne dass es einen #Aufschrei gibt." Der Tweet wurde mehr als 650 geteilt und zitiert.

(sbl)
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