Twitter-Aktion #FragNestlé: Dem Shitstorm zum Trotz

Düsseldorf · Die Erfahrungen des Lebensmittelkonzerns Nestlé mit sozialen Medien waren bisher eher furchtbar – nicht zuletzt aufgrund zahlreicher Skandale um Kinderarbeit und gerodete Regenwälder. Mit der Twitter-Aktion #FragNestlé erntete das Unternehmen jetzt erneut desaströse Resultate - und ist verblüffenderweise trotzdem zufrieden.

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Foto: Verbraucherzentrale Hamburg

Die Erfahrungen des Lebensmittelkonzerns Nestlé mit sozialen Medien waren bisher eher furchtbar — nicht zuletzt aufgrund zahlreicher Skandale um Kinderarbeit und gerodete Regenwälder. Mit der Twitter-Aktion #FragNestlé erntete das Unternehmen jetzt erneut desaströse Resultate - und ist verblüffenderweise trotzdem zufrieden.

Die Greenpeace-Werbeparodie aus dem Jahr 2010 hat sich ins Gedächtnis gebrannt: Ein Mann beißt genüsslich in einen vermeintlichen KitKat-Riegel, und auch wenn der Zuschauer längst den blutenden Orang-Utan-Finger erkennt - der Mann isst mit Appetit weiter, das Blut tropft auf die Tastatur. Greenpeace beschuldigte den Megakonzern Nestlé, mitverantwortlich für das Aussterben der Tierart zu sein. Deren Lebensraum ist durch Palmöl-Plantagen gefährdet. Der Rohstoff wird nicht nur für Schokolade, sondern auch in vielen Margarineprodukten und Kosmetika verwendet.

Damals machte Nestlé einen gravierenden Fehler: Statt gleich darauf einzugehen, wurde das Video laut CNN mit dem Verweis auf Urheberrechtsverletzung gelöscht. Vergeblich: Blogger hatten das Video längst kopiert, es verbreitete sich viral - mit entsprechend vernichtender Resonanz.

Türen öffnen, Kritik im Netz vorbeugen

Diesen Shitstorm hatte der Großkonzern wohl noch im Kopf, als sich der nächste Konfliktherd ankündigte: Die ARD-Sendung "Markencheck" nahm Nestlé in der Sendung vom Montagabend genau unter die Lupe. Das veranlasste die konzerneigene PR-Abteilung zur Twitter-Aktion #FragNestlé, wie Unternehmenssprecher Alexander Antonoff bestätigt. Sie sollte Kritikern und Interessierten eine Plattform für Fragen bieten.

Kaum war der Hashtag bekannt, prasselten die Fragen auf Nestlé ein, direkt und unverblümt, oft mit sarkastischem Unterton. Das Unternehmen ging jedoch auf jede einzelne Frage ein.

Kinderarbeit, Trinkwasserprobleme, die Zerstörung des Regenwaldes — diese Themen kommen nicht von ungefähr, und das weiß auch Nestlé:

Auf die unterschiedlichsten Tweets gab es seitens Nestlé eine Antwort wie aus dem Buche — wofür es wiederum Kritik hagelte. Doch die Firma hielt brav den Kopf hin.

Strategiewechsel: Transparenz und offener Dialog

Nestlé hatte nach eigener Aussage mit solchen Reaktionen gerechnet: Um die Masse an Fragen bewältigen zu können, wurden in den Social-Media-Teams laut Antonoff mehr Mitarbeiter als sonst eingesetzt. Doch ist die Aktion nun geglückt oder gescheitert? Das sei nicht die Frage, sagt Antonoff: Der Erfolg einer solchen Aktion sei nachrangig. Ziel sei es gewesen, Transparenz zu zeigen und die Möglichkeit zu einem offenen Dialog zu bieten — erreichbar zu sein.

Trotzdem stellt sich die Frage, wie die Öffentlichkeit die gesamte Aktion wahrnimmt. In den Reaktionen auf Twitter scheint es nicht, als ob Nestlé seinen Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen könnte — dazu ist der Ruf wohl bereits zu stark geschädigt. Hämische Bemerkungen auf ein Scheitern blockt Nestlé jedoch ab — ihnen zufolge ist alles nach Plan gelaufen.

(isw)
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