Nach dem Verbot von Bornheim Schwimmbäder überarbeiten Regeln für Flüchtlinge

Düsseldorf · Schwimmen in Unterhosen, Intimrasur und Nägelschneiden in der Dusche: Asylbewerber haben oftmals ganz andere Vorstellungen von dem, was in einem öffentlichen Bad normal ist. Nach der Aufregung um das Verbot für Flüchtlinge in Bornheim suchen Badbetreiber nach Lösungen. Auch in Düsseldorf.

Baderegeln für Flüchtlinge im Schwimmbad
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Comic illustriert Baderegeln für Flüchtlinge

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Foto: Stadtwerke München

Das Badeverbot für Flüchtlinge in Bornheim hatte hohe Wellen geschlagen. Besucherinnen hatten sich über sexuelle Belästigungen durch Männer aus einer Asylbewerberunterkunft beschwert. Die Kommune verhängte ein Hausverbot und wurde von einem Sturm der Entrüstung überrollt. Nach einem "intensiven Dialog" mit den männlichen Bewohnern der Flüchtlingsunterkünfte wurde das Verbot wieder aufgehoben.

Ähnliches spielt sich in diesen Tagen gerade in der belgischen Stadt Koksijde ab. Nachdem sich Frauen vermehrt wegen sexueller Belästigung beschwert hatten, wollte der Bürgermeister ein einmonatiges Schwimmbadverbot für männliche Flüchtlinge auf den Weg bringen, ruderte aber später wieder zurück. Flüchtlinge sollen aber laut belgischen Medien einen Kurs absolvieren, der sie mit den Umgangsregeln vertraut macht.

In Unterwäsche ins Becken

Ähnlich hält es auch die Gemeinde Hermeskeil im rheinland-pfälzischen Kreis Trier-Saarburg: Männliche Flüchtlinge werden nur noch ins Haus gelassen, wenn sie einen Badepass vorweisen können. Den erhalten sie, wenn sie vorher zehn Regeln zur Nutzung des Hallenbads unterschrieben haben.

Nach einer Reihe von Vorfällen Ende vergangenen Jahres habe man reagieren müssen, sagt Bürgermeister Michael Hülpes. Zum einen aus Sicherheitsgründen. "Da sind Nichtschwimmer ins Schwimmerbecken reingesprungen und mussten rausgezogen werden", berichtet Hülpes. Zum anderen hätten überwiegend junge männliche Flüchtlinge weibliche Gäste belästigt. "Sie wurden gefilmt. Sie wurden fotografiert. Man hat sich ihnen genähert."

Zudem habe es Verstöße gegen hygienische Vorschriften gegeben: Gäste hüpften in Unterwäsche ins Becken oder rasierten sich unter der Dusche die Schamhaare. "Asylbewerber haben offensichtlich aufgrund eines anderen Kulturkreises ein anderes Verständnis von einem öffentlichen Bad", sagt Hülpes. Sie gingen wohl von einer Art Hamam aus, in dem Körperpflege üblich sei.

Notfalls mit der Polizei

Die Stadt Burg in Sachsen-Anhalt ordnete indes laut einem Bericht des MDR eine Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen an. Zuvor soll eine Mitarbeiterin wegen sexueller Belästigung Anzeige gegen einen mutmaßlichen Asylbewerber erstattet haben. Notfalls müssten Hausverbote mit Hilfe der Polizei durchgesetzt werden, zitierte der MDR Bürgermeister Jörg Rehbaum. Der Eingangsbereich soll videoüberwacht werden. Es handle sich aber lediglich um Einzelfälle.

Die Schwimmbäder in München haben indes gute Erfahrungen mit einem Comicstrip gemacht, der in 13 einfachen Bildern die Baderegeln verständlich macht. Auf einem Motiv ist beispielsweise eine Frau im Bikini zu sehen, nach deren Po sich eine Hand streckt. Über dem Grapschversuch liegt ein Verbotszeichen. "Keine verbale und körperliche sexuelle Belästigung gegenüber Frauen in jeglicher Bekleidung", heißt es darunter. "Viele Migranten verstehen unsere Sprache nicht. Somit verstehen sie auch nicht die schriftlichen Warnschilder, Verbote oder Anweisungen", erläutern die Betreiber.

Anfragen aus ganz Deutschland

Die Münchener Idee stammt bereits aus dem Jahr 2013. Schon damals gab es immer wieder Probleme, etwa weil Migranten ins Wasser sprangen, ohne schwimmen zu können, aber auch wegen sexueller Belästigung. Gemeinsam mit Jugendamt, der Gleichstellungsstelle und Fachleuten für interkulturelle Zusammenarbeit wurden daraufhin Regeln und Motive aufgearbeitet. Seitdem liegen sie in Form von Flyern in den Bädern, zudem hängen Plakate aus.

Das Münchener Modell hat sich nach dem Wirbel um das Verbot aus Bornheim zu einem Exportschlager entwickelt. "Wir haben Anfragen aus 50 Städten in ganz Deutschland", sagt Michael Solic vom Bäderbetreiber, den Stadtwerken München. Darunter seien auch etliche Städte aus NRW. Etwa Gelsenkirchen, Paderborn, Oberhausen oder aber auch Düsseldorf.

"Sicher, auch wir machen uns Gedanken, wie man das veranschaulichen kann, gerade im Hinblick auf die Freibadsaison", bestätigt Carina Jakobi von der Bädergesellschaft Düsseldorf. Auch sie kann von einzelnen Fällen berichten, in denen Flüchtlinge gegen die Baderegeln verstießen, etwa weil sie keine Badekleidung trugen. Man werde deswegen aber niemanden unter Generalverdacht stellen.

Keine Beschwerden mehr

Die Vorbereitungen für die Freibadsaison laufen. Inzwischen liegen die Baderegeln in acht verschiedenen Sprachen vor, nämlich Deutsch, Englisch, Französisch, Arabisch, Albanisch, Russisch, Türkisch und Urdu. Auch eine Bebilderung nach Münchener Vorbild soll "so schnell wie möglich" in die Produktion gehen. Derzeit sei man im Gespräch mit dem Grafiker, der auch die Piktogramme für die Kollegen in München erstellt hat. Zudem sollen die Mitarbeiter gesondert geschult werden.

Die Erfahrungen mit gezielten Informationen für Flüchtlinge sind bislang durchgehend positiv. Auch im rheinland-pfälzischen Hermeskeil. "Der Betrieb hat sich komplett normalisiert. Wir haben keine Beanstandungen und keine Beschwerden mehr", sagt Schwimmmeister Sascha Frank, nachdem die ersten 30 Badepässe ausgestellt worden sind. "Außerdem haben wir es geschafft, dass die eigenen Badegäste nicht ausgeblieben sind", fügt der Bürgermeister hinzu.

Ein "kritischer Moment" sei allerdings die Gesichtskontrolle am Eingang, räumt Hülpes ein. Heißt: Die Mitarbeiter an der Kasse müssen ausmachen, wer Asylbewerber ist und wer nicht. Eigentlich sehe man das ganz gut. "Die einheimischen Badegäste, die kennt man."

Mit Material von dpa

(pst)
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