Fragen und Antworten So funktionieren Privatunterkünfte für Asylbewerber

Berlin · Deutschlandweit sind die Flüchtlingsheime überfüllt. An vielen Orten werden Zelte und Container aufgestellt, um Asylbewerber unterzubringen. Aber es geht auch anders. Inzwischen ergreifen Bürger die Initiative, vermieten ihre leerstehenden Wohnungen oder nehmen einen Flüchtling gleich bei sich zu Hause auf. Wir beantworten Fragen rund um das Prozedere.

So verteilen sich Flüchtlinge auf Europa
Infos

So verteilen sich Flüchtlinge auf Europa

Infos
Foto: Köhlen, Stephan (TEPH)

Ab wann dürfen Asylbewerber in eine Wohnung umziehen?

Wer in Deutschland um Asyl bittet, muss in den ersten Wochen - bis maximal drei Monate - in einer Erstaufnahmeeinrichtung leben. Ab wann jemand in eine Wohnung umziehen darf, hängt vom konkreten Fall ab und ist auch von Land zu Land und Kommune zu Kommune unterschiedlich. Wer mit seinem Asylantrag Erfolg hat, bekommt die Erlaubnis, in eine Wohnung zu ziehen. Auch im laufenden Asylverfahren ist das möglich, hängt aber von den Vorgaben und der Praxis in der jeweiligen Stadt ab.

Ist es schwierig für Flüchtlinge, eine Wohnung zu finden?

Sehr. Dort, wo der Wohnungsmarkt ohnehin angespannt ist und sich Dutzende Menschen bei Besichtigungen drängeln, haben Flüchtlinge schlechte Karten. Vermieter entscheiden sich dort eher für Leute mit Job, geregeltem Einkommen und sicherem Aufenthaltsstatus. Es gibt aber Anlaufstellen, die Flüchtlinge bei der Wohnungssuche unterstützen - etwa das Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk in Berlin. Dort stehen jeden Tag 30 bis 50 Flüchtlinge Schlange, die auf Hilfe hoffen. Etwa 4000 Menschen sind dort als wohnungssuchend registriert. Die Einrichtung hat pro Jahr aber nur ein paar hundert Wohnungen zu vergeben, darunter auch zunehmend Unterkünfte von privaten Anbietern.

Wie können Privatleute eine Wohnung an Flüchtlinge vermieten?

Wer dazu bereit ist, kann sich an die zuständige Behörde in seiner Stadt wenden, meist das örtliche Sozialamt. In manchen Städten gibt es aber auch spezielle Einrichtungen, wie eben das Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk in Berlin. Der Vermieter muss dort zahlreiche Informationen zur Wohnung angeben und Dokumente vorlegen. Erfüllt die Unterkunft die Vorgaben - etwa bei den Mietkosten - wird ein Besichtigungstermin vereinbart.

Ist es auch möglich, einen Flüchtling in einem einzelnen Zimmer in der eigenen Wohnung aufzunehmen?

Ja. Die private Initiative "Flüchtlinge willkommen" etwa hat sich darauf spezialisiert, Schutzsuchende bundesweit in Wohngemeinschaften zu vermitteln. 69 Menschen hat die Gruppe seit dem vergangenen November in WGs untergebracht. Mehrere Hundert Studenten, aber auch Berufstätige, Familien oder Alleinstehende haben ein Zimmer in ihrer Wohnung angeboten. Die Initiative, die sich überwiegend auf ehrenamtliche Helfer stützt und durch Spenden finanziert, kommt kaum hinterher mit der Arbeit. "Wir gehen auf dem Zahnfleisch", sagt Mitbegründerin Mareike Geiling. Gerade die Vermittlung von einzelnen Zimmern ist sehr aufwendig, weil die Chemie zwischen den künftigen Mitbewohnern stimmen muss.

Was ist mit der Miete? Bekommen Bürger Geld, wenn sie einen Flüchtling bei sich einquartieren?

Die Miete zahlt in der Regel das zuständige Amt in der jeweiligen Stadt, ebenso die Heizkosten. Das gilt aber nicht unbegrenzt. Je nach Zahl der Personen gelten Höchstgrenzen für die Größe der Wohnung, die Miet- und Nebenkosten, die die Verwaltung übernimmt. Bei der Initiative "Flüchtlinge willkommen" lassen einige WGs Schutzsuchende aber auch mietfrei bei sich unterkommen. Oder sie sammeln für die Zimmermiete Geld im Freundeskreis - für jene Fälle, in denen die Behörden die Miete nicht übernehmen. Für andere Dinge wie Lebensmittel oder Kleidung bekommen Flüchtlinge ohnehin Geld vom Amt, solange sie keinen Job haben.

Wie häufig werden Flüchtlinge privat untergebracht?

Bundesweite Zahlen gibt es nicht. Hilfsorganisationen und Flüchtlingsverbänden zufolge ist die private Unterbringung aber noch relativ selten. Beim Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerk in Berlin etwa wurden im ersten Halbjahr gut 70 private Wohnungen an Flüchtlinge vermittelt. Einige Vermieter zögen ihr Angebot nach genaueren Nachfragen wieder zurück, etwa weil ihnen die Kostenerstattung zu niedrig sei, erzählt eine Mitarbeiterin. "Viele finden den Ablauf auch zu kompliziert." Die Vermittlung von einzelnen Zimmern hat die Einrichtung eingestellt - wegen des großen Aufwands.
Dieser macht auch den Machern von "Flüchtlinge willkommen" zu schaffen. Sie würden sich bei dem Thema mehr staatliches Engagement wünschen. Auch Andrea Kothen von der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl meint: "Die Städte spielen da unterschiedlich gut mit und könnten deutlich mehr machen."

Hier finden Sie Informationen von Pro Asyl zur privaten Unterbringung von Flüchtlingen.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort