Streit um Fixierung im Rollstuhl Karlsruhe stärkt die Rechte von Pflegebedürftigen

Karlsruhe · Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechte von pflegebedürftigen Menschen gestärkt. Demnach brauchen Angehörige selbst dann eine richterliche Erlaubnis für freiheitsbeschränkende Maßnahmen wie Fixierungen, wenn ihnen eine Vollmacht des Betroffenen für derartige Entscheidungen eigentlich freie Hand lässt. (Az.: 2 BvR 1967/12).

Den Verfassungsrichtern lag der Fall einer pflegebedürftigen Seniorin vor. Sie hatte ihrem Sohn vor Jahren eine notarielle Vorsorgevollmacht erteilt. Diese gestatte ihm, seine Mutter "in allen persönlichen Angelegenheiten zu vertreten und Entscheidungen ohne Einwilligung des Vormundschaftsgerichts zu treffen".

Nachdem die Frau im Heim mehrfach vom Bett oder einem Stuhl gefallen war und sich dabei verletzt hatte, willigte ihr Sohn ein, Gitter an ihrem Bett befestigen zu lassen und sie tagsüber mit einen Beckengurt im Rollstuhl zu fixieren.

Das Amtsgericht genehmigte die Einwilligung des Sohnes. Dagegen klagten er und seine Mutter. Sie wollten feststellen lassen, dass der Junior wegen der Vorsorgevollmacht keine gerichtliche Entscheidung für Maßnahmen wie Fixierungen brauchte.

Sie scheiterten im Karlsruhe: Auch mit einer Vorsorgevollmacht könne nicht wirksam auf eine gerichtliche Genehmigung verzichtet werden, hieß es. Der Staat müsse sich schützend vor den hilflose Menschen stellen und sie vor den Eingriffen Dritter bewahren. Einschränkungen der persönlichen Freiheit müssten daher trotz vorheriger Vollmacht gerichtlich genehmigt werden.

"Die Entscheidung ist richtig und gut", begrüßt Eugen Brysch von der Deutsche Stiftung Patientenschutz den Richterspruch. In Deutschland würden rund 140.000 Menschen in Krankenhäusern oder Pflegeheimen in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. 95 Prozent dieser Maßnahmen wie Bettgitter, Fesseln oder Fixieren könnten aber durch absenkbare Betten oder spezielle Kleidung wie Sturzhosen vermieden werden.

Die Behandlung pflegebedürftiger Menschen wird das Gericht auch in Zukunft beschäftigen: So liegt den Richtern eine Klage gegen die Zustände in den Pflegeheimen vor.

Hier geht es zur Presseerklärung des Gerichts.

(dpa)
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