Trend-Spielzeug in der Schule Spinner müssen drinnen bleiben

Mönchengladbach · Fidget-Spinner sind im Trend und sollen beruhigend wirken - werben die Hersteller. Während des Schulunterrichts müssen sie aber in der Tasche bleiben.

Spielzeug-Trends 2018, Slime, SnoBall und L.O.L.
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Trend-Spielzeuge Fidget-Spinner & Co.

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Foto: Anja Wollschlaeger

Sie sehen aus wie kleine Propeller und sind derzeit überall zu beobachten: Kinder balancieren sie auf ihren Händen, Nasen - ja sogar auf der Stirn -, lassen sie in die Luft fliegen und fangen sie gekonnt wieder auf. Fidget-Spinner heißen die flachen Kreisel, die sich dank ihres Kugellagers blitzschnell um ihre eigene Achse drehen. Fidget-Spinner, die sind Hannelore Jansen durchaus ein Begriff: "Grauenhaft ist das", sagt die Schulleiterin der Astrid-Lindgren-Grundschule in Mönchengladbach und lacht. "Bei uns gibt es kaum einen Schüler, der sie nicht hat."

Hunderttausende schon verkauft

Es war im April als YouTube-Videos aus den USA und Großbritannien eine Welle um das Spielzeug auslösten, wie Willy Fischel, Geschäftsführer des Bundesverbandes des Spielwaren-Einzelhandels in Köln, sagt. Hunderttausende der Handkreisel sind bundesweit bereits verkauft worden. Fischel geht von einem Umsatz von mindestens einer Million Euro seit März aus. Die Nachfrage ist so groß, dass die Händler in Deutschland mit ihrem Angebot nicht nachkommen können: Im Moment lassen sie die kleinen Scheiben einfliegen, weil die Schiffsladungen so lange brauchen.

Diejenigen, die im Besitz eines Fidget-Spinner sind, spielen nicht nur zu Hause, sondern auch in Parks, an der Supermarktkasse oder auf der Straße damit. Einige nehmen ihn sogar mit in die Schule, was bei den Lehrkräften nicht immer gerne gesehen ist. In Mönchengladbach-Odenkirchen dürfen die Kinder damit auf dem Schulhof spielen, im Unterricht sind sie allerdings verboten. Wird doch ein Kind damit erwischt, sammeln die Lehrer den Propeller ein und geben ihn erst am Ende des Vormittags zurück: "Die Schüler scheinen süchtig danach zu sein, immer wieder bemerken wir, wie sie die Kreisel aus ihrem Tornister holen. Vielleicht machen sie das auch unterbewusst", sagt Jansen. An der Gemeinschaftsgrundschule in Neuss dürfen die Spielgeräte sogar auf dem kompletten Schulgelände nicht genutzt werden.

Doch gibt es auch andere Erfahrungen. "Manche Lehrer empfehlen es sogar, dann reden wir wenigstens nicht so viel miteinander", sagt Michael. Sein Klassenkamerad, der 15-jährige Kjell, hat soeben den letzten Fidget-Spinner in Tarnfarben gekauft.

Unruhe vorbeugen?

Tatsächlich werben die Hersteller damit, dass die Fidget-Spinner bei Kindern Hyperaktivität, ADHS oder Autismus lindern können. Auch sollen sie helfen, Unruhe vorzubeugen.

Ob der Fidget-Spinner vielleicht sogar einen positiven Einfluss auf die Konzentration der Schüler hat, kann Hannelore Jansen nicht sagen: "Wir haben keine Langzeiterfahrungen damit. Aber ich bezweifle, dass die Kinder dadurch im Unterricht besser werden. Sie konzentrieren sich dann voll auf das Spielzeug."

Auch Hans-Peter-Meidinger, Vorsitzender des Deutschen Philologenverbandes, ist skeptisch: "Über angebliche therapeutische Zwecke kann ich nur müde lächeln", sagt er. Doch sieht er in den Fidget-Spinnern noch kein Hauptproblem an Schulen. "Ich bin durchaus ein Befürworter von analogen Spielen und finde es gut, wenn die Schüler sich in der Pause mit Fingerfertigkeit beschäftigen, statt auf ihr Smartphone zu starren."

Debatte im Lehrerkollegium

Auch an der Gemeinschaftsgrundschule An den Linden in Kleve führte das neue Spielzeug zu Diskussionen im Lehrerkollegium: "Im Unterricht sind die Fidget-Spinner nicht erlaubt", sagt Schulleiter Jens Willmeroth, "aber auf dem Schulhof dürfen die Kinder sie nutzen." Vor vier bis fünf Wochen sei das Phänomen extrem oft zu sehen gewesen, doch hat Willmeroth den Eindruck, dass es langsam wieder nachlässt. "Jetzt werden wieder die klassischen Spiele wie Fußball interessant", sagt er und fügt hinzu: "Es gibt immer mal so Wellen an Trend-Spielzeugen, die hoch kommen und wieder verschwinden."

So bestimmten schon mehrere Spielzeuge für Monate das Schulhofspiel. In den 50ern spielten die Kinder mit Murmeln und Gummitwist, in den 70ern knobelten sie über dem Zauberwürfel, und am Ende dieses Jahrzehnts formten sie mit glibbrigem Schleim - bekannt als Slime -, der Jahre später wieder beliebt wurde. "Schulhoftrends entstehen dadurch, dass zwei bis drei Kinder ein neues Spielzeug mitbringen und andere es aufgreifen", sagt Ingo Barlovic, Geschäftsführer des Marktforschungsinstituts Iconkids & Youth. "Es handelt sich dabei oft um Spiele, bei denen die Kinder ihre Geschicklichkeit zeigen können."

(ubg)
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