Tornado verwüstet Kleinstadt Bützow "Erst kam ein bisschen Regen und dann das Chaos"

Bützow · Nur knapp zehn Minuten brauchte ein Tornado, um in der mecklenburgischen Kleinstadt Bützow ein Chaos auszulösen. Die Schäden zu beseitigen, wird wohl Wochen dauern.

Tornado in Bützow: Schwere Schäden in Mecklenburg-Vorpommern
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Tornado wütet in Kleinstadt Bützow

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Foto: dpa, bwu

Fassungslos stehen die Einwohner von Bützow am Mittwochmorgen auf dem Marktplatz und schauen zu ihrer Stiftskirche. Ein Tornado hatte am Dienstagabend große Teile des riesigen Daches der Kirche abgedeckt. Tausende Ziegel liegen zerborsten auf dem Boden — neben umgestürzten Bäumen und völlig zerstörten Autos.

Auch das Rathaus nebenan zeigt deutlich sichtbare Schäden. "Die Ziegel kamen wie Geschosse heran", berichtet Christian Grüschow, parteiloser Bürgermeister der Kleinstadt in Mecklenburg-Vorpommern. Er selbst hat eine leichte Verletzung an der Hand erlitten.

Auch Horst Rebien steht der Schrecken des vergangenen Abends noch tief im Gesicht. "Mit einem Mal wurde es dunkel. Ich war auf dem Balkon und bin dann rein. Und auf einmal krachte es", sagt er mit leicht zitternder Stimme. Das Dach seines Hauses ist schwer beschädigt.

"Es hörte überhaupt nicht auf"

Von dem, was dann in den knapp zehn Minuten danach passierte, wird in der kleinen Stadt nahe Rostock noch die kommenden Jahre gesprochen werden. Blitze und Donner wechselten im Sekundentakt. "Es hörte überhaupt nicht auf", sagt Winfried Klar, als er am Morgen in seinem Hof die Ziegel und noch viel mehr Unrat zusammenkehrt. "Erst kam ein bisschen Regen und dann das Chaos." Die freigesetzten Kräfte hätten alles bisher Bekannte in den Schatten gestellt.

Wie als Zeichen für diese rohe Naturgewalt steckt in einem Haus am Marktplatz in acht Metern Höhe der Rest eines Ziegels, der sich da hineingebohrt hat. Manche Leute hätten angesichts der Wucht des Unwetters und der Hilflosigkeit einfach nur geweint, erzählen die Bützower.

Auch Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) verschlägt es zunächst die Worte. "So etwa habe ich noch nie gesehen." Mit großer Empathie spricht er mit den Menschen, die zur Mittagszeit den Schutt vor den beschädigten Häusern wegräumen. In einer eilig einberufenen Pressekonferenz sagt er finanzielle Hilfe des Landes zu.

Die genauen Schäden lassen sich am Mittwoch noch nicht abschätzen.
Die Verantwortlichen trauen sich nur, von "vielen Millionen Euro" zu sprechen. Die Experten gehen davon aus, dass alleine die Schadensaufnahme mehrere Tage dauern wird. Statiker müssen Häuser vermessen, bis zum Mittwochmittag wurden 14 von 84 untersuchten Wohnhäusern für unbewohnbar erklärt. Sechs Menschen werden zunächst in der Sporthalle untergebracht.

Eine Radfahrerin schwer verletzt

Mehr als 100 Autos werden in Mitleidenschaft gezogen, viele stehen völlig zerstört ohne Scheiben vor Häusern ohne Fenster. Es grenzt an ein Wunder, dass nur eine Fahrradfahrerin schwere Verletzungen erlitten hat, 30 weitere Bützower wurden leicht verletzt.

Der Landrat des Kreises Rostock, Sebastian Constien (SPD), zeigt sich beeindruckt von der Solidarität unter den Einwohnern. Zu den rund 130 Feuerwehrleuten und anderen Katastrophenhelfern gesellen sich gleich nach dem Unwetter Dutzende Einwohner. Mit Schaufeln und großen Besen ausgerüstet wollen sie helfen, ihre Stadt so schnell es irgendwie geht, wieder in einen lebenswerten Zustand zu versetzen.

Doch die Aufräumarbeiten werden dauern, ist Constien sicher. Zunächst müssen alle Dächer auf den richtigen Sitz der Ziegel überprüft werden. Die Fußgänger wurden aufgefordert, in der Mitte der Straße zu gehen. Nicht, dass sich doch noch ein Ziegel löst und schwere Verletzungen verursacht. Doch an diesem Mittwoch regt sich kein Lüftchen. Nur wenige Wolken verdecken die Sonne. Die Bäume, die stehengeblieben sind, zeigen sich in schönstem Frühlingsgrün. Als hätte es den zerstörerischen Tornado nie gegeben.

(dpa)
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