Buch zum Amoklauf von Winnenden Eine trauernde Mutter klagt an

Düsseldorf (RPO). Es war der schlimmste Tag in ihrem Leben. Am 11. März 2009 starb Gisela Mayers Tochter bei dem Amoklauf von Winnenden. In einem Buch verarbeitet sie ihre Wut und Trauer. Die Ursachen für die schreckliche Tat sieht die Mutter in der Kälte und Gleichgültigkeit unserer Gesellschaft.

 In ihrem Buch "Die Kälte darf nicht siegen!" verarbeitet Gisela Mayer Wut und Trauer über den Amoklauf von Winnenden.

In ihrem Buch "Die Kälte darf nicht siegen!" verarbeitet Gisela Mayer Wut und Trauer über den Amoklauf von Winnenden.

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Düsseldorf (RPO). Es war der schlimmste Tag in ihrem Leben. Am 11. März 2009 starb Gisela Mayers Tochter bei dem Amoklauf von Winnenden. In einem Buch verarbeitet sie ihre Wut und Trauer. Die Ursachen für die schreckliche Tat sieht die
Mutter in der Kälte und Gleichgültigkeit unserer Gesellschaft.

Die Referendarin Nina Mayer war eines von 15 Opfern, die Tim K. an jenem Tag getötet hatte. Mit einer Pistole war der 17-Jährige die Albertville-Realschule gestürmt und hatte um sich geschossen. Später starb er selbst.

"Die Kälte darf nicht siegen" heißt das Buch der Ethiklehrerin Gisela Mayer, das nun im Ullstein-Verlag erschienen ist. Sie kämpft, wie der Verlag schreibt, gegen die Gleichgültigkeit und Kälte, die sich in der Gesellschaft ausbreiten und fragt nach den Ursachen der Tat. Was läuft in unserer Gesellschaft schief? Warum haben viele Kinder und Jugendliche keinen Respekt mehr vor anderen Menschen — all diese Fragen versucht die Mutter zu beantworten. Es sei eine "Menschenkatastrophe", was damals geschehen sei.

"Der Teufelskreis von Leistung, Überforderung und Versagen reicht tief in die Familien hinein", schreibt sie und findet damit eine Erklärung für die Tat. "Die Gesellschaft trennt früh zwischen Gewinnern und Verlierern. Die Eltern müssen den Druck von Außen kompensieren — wenn das nicht gelingt, sind die Leidtragenden die Kinder." Diese soziale Kälte habe jede Menschlichkeit im Mörder ihrer Tochter vernichtet. "Tim K. ist ein exemplarisches Produkt unserer Gesellschaft, das mit größtmöglicher Brutalität auf diese zurückgeschlagen hat."

Der Tod ihrer Tochter sei sinnlos gewesen, schreibt sie. Als sie von dem Amoklauf hörte — sie war gerade beim Einkaufen — sei nur ein Gedanke in ihr gewesen: "Zu ihr, festhalten, mitnehmen, beschützen, nach Hause, dann ist alles gut." Sie schrieb ihrer Tochter noch eine SMS, doch eine Antwort kam nie zurück. Dann kam die entsetzliche Nachricht von ihrem Tod. Ihre Welt sei stehengeblieben.

36 Stunden musste die Mutter damals warten, bis sie ihr Kind sehen durfte. Verstanden hat sie das bis heute nicht. "Warum glaubten damals alle, dass uns nicht das Herz gebrochen war, sondern dass wir den Verstand verloren hätten? Andere entschieden nun darüber, was uns zuzumuten war und was nicht. Ich fühlte mich hilflos, entmündigt", schreibt sie.

"Unsere Kinder dürfen nicht umsonst gestorben sein!", schreibt Gisela Mayer. Und dafür setzt sich seit der Tat ein. Die Mutter ist Sprecherin des "Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden", das seither um schärfere Waffengesetze kämpft und sich gegen gewaltverherrlichende Computerspiele einsetzt.

(das/tim)
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