Schweinegrippe-Impfung Eine E-Mail verunsichert die Patienten

Viersen (RP). "Impfen oder nicht impfen" ­ die Diskussion wird immer heftiger. Derzeit warnt eine Frankfurter Ärztin vor den Nebenwirkungen und verunsichert damit viele Menschen. Das Paul-Ehrlich-Institut hält diese Einschätzung für unseriös und rät weiter zu einer Impfung.

Die häufigsten Fragen zur Schweinegrippe-Impfung
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Foto: AP

Soll man sich gegen die Schweinegrippe impfen lassen oder soll man es nicht? Die Diskussion um diese Frage hatte Hermann Josef Kempkes aus Viersen seit Wochen verfolgt. Dennoch war sich der 71 Jahre alte Rentner unsicher, wie er sich entscheiden sollte. Zu widersprüchlich seien die Aussagen der Experten gewesen. Nun steht für den Rentner seine Entscheidung fest. "Ich werde mich nicht gegen die Schweinegrippe impfen lassen", sagte der Viersener.

Ausschlaggebend für seine Entscheidung war eine E-mail, die der Rentner bekam. Zehn-, Hunderttausende oder noch mehr dürften diese Kettenmail —­ sie enthält am Ende die Aufforderung, die Nachricht an möglichst viele weiterzuleiten —­ in den vergangenen Tagen erhalten haben. In der E-mail warnt Juliane Sacher, "Fachärztin für Allgemeinmedizin" aus Frankfurt, vor den Folgen der Schweinegrippe-Impfung.

"Wenn die Bundesregierung ihren Willen durchsetzt und 35 Millionen Menschen geimpft werden, ist damit zu rechnen, dass acht bis neun Millionen Bundesbürger für die nächsten Jahrzehnte unter chronischer Müdigkeit und Muskelrheuma leiden werden." Nach Ansicht der Frankfurter Medizinerin ist dafür Squalen verantwortlich, das als Wirkverstärker in beiden Schweinegrippe-Impfstoffen "Pandemrix" und "Forcetria" enthalten ist. Sacher bezieht sich dabei auf eine Studie, in der US-Soldaten des ersten Golfkriegs Squalen als Impfverstärker erhalten hatten.

Squalen als Wirkverstärker mit Nebenwirkungen?

"Jeder Vierte von ihnen bekam die so genannte Golfkriegskrankheit mit chronischer Müdigkeit, Muskelrheuma, Gedächtnis- und Konzentrationsproblemen, Kopfschmerzen und Erschöpfung", heißt es weiter in ihrer Ketten-Mail. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) erklärt dazu, dass Squalen nur in geringer Menge als Wirkverstärker in den Impfstoffen gegen H1N1 verwendet werde. Die Dosis liege dabei nicht höher als die durchschnittliche Menge, die täglich mit der Nahrung aufgenommen wird.

Denn laut PEI ist es ein Hauptbestandteil vieler Nahrungsergänzungs- und Lebensmittel wie Lebertran, Fisch- und Olivenöl. Auch die MHH-Klinik für Immunologie in Hannover betont, dass Squalen bereits in einer Reihe von anderen Impfstoffen zugesetzt worden sei und somit seit mehreren Jahren auch in Grippe-Impfstoffen erprobt und als unbedenklich eingestuft werde. "Beide H1N1-Impfstoffe sind deshalb unbedenklich", betont Professor Matthias Stoll, Oberarzt der MHH-Klinik für Immunologie in Hannover.

"Unsere Einschätzung lautet: Der mögliche Nutzen überwiegt die möglichen Schäden." Das "Golfkriegs-Syndrom" beschreibt laut Experten eine unklare Gesundheitsstörung, die erstmals bei den heimgekehrten Soldaten des Zweiten Golfkrieges (Kuwait und Irak, 1991) beobachtet wurde. Die Ursache ist bisher unbekannt. "Dies belegen auch mehrere Studien", sagt Susanne Stöcker vom PEI.

Diese Untersuchungen würden aber in der Ketten-Mail verschwiegen. Als "eine Verunsicherung jenseits von Gut und Böse" bezeichnet die PEI-Sprecherin die Aussagen der Frankfurter Ärztin. "Wahnsinn" sei es, wenn Menschen sich durch "die Äußerungen irgendeiner Ärztin" in ihrer Impf-Entscheidung beeinflussen ließen, obwohl alle europäischen Gesundheitsbehörden zu einer anderen Bewertung gekommen seien. Susanne Stöcker hat nur eine Hoffnung: "Dass irgendein Arzt auf die Idee kommt, dagegen standesrechtlich vorzugehen."

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