Anschlag auf den Haftbefehl gegen mutmaßlichen BVB-Attentäter

Dortmund · Nach dem Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund hat die Polizei einen Tatverdächtigen in Baden-Württemberg gefasst. Er handelte offenbar aus finanziellen Motiven. Am Abend erging Haftbefehl.

Der Anschlag auf die Mannschaft von Borussia Dortmund ist Ermittlern zufolge wahrscheinlich aus Geldgier verübt worden. Sergej W., ein 28-jähriger Mann mit deutscher und russischer Staatsbürgerschaft, ist am Freitagmorgen im Raum Tübingen festgenommen worden.

Ein Bundesrichter ordnete Untersuchungshaft an. Laut Bundesanwaltschaft wollte der mutmaßliche Täter mit dem Attentat wohl einen massiven Kurssturz der BVB-Aktie erzwingen. Die Ermittler seien W. "durch auffällige Optionsgeschäfte auf die Spur gekommen". Er habe "drei verschiedene Derivate gekauft und damit auf einen Kursverlust der BVB-Aktie gesetzt". Der Handel lief über eine IP-Adresse im Dortmunder Teamhotel, in dem sich W. einquartiert hatte.

"Die Beweise reichen tief, der Verdacht ist gewaltig", sagt Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Bestätige sich der Vorwurf, dann handele es sich um eine "besonders widerwärtige Form von Habgier". Am Tatort wurden Bekennerschreiben gefunden, die einen islamistischen Hintergrund vermuten ließen. Dies sei für de Maizière eine "besonders perfide Art, mit der Angst der Bevölkerung zu spielen".

Die Verantwortlichen des Fußball-Bundesligisten zeigten sich erleichtert über die Festnahme. Sie kündigten an, in die Sicherheit zu investieren. "Wir werden viel Geld in die Hand nehmen", sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke der "Süddeutschen Zeitung". Der Klub will eine Abteilung für Sicherheit gründen und hat schon Vorstellungsgespräche mit Ex-Mitarbeitern des Bundeskriminalamtes und der Spezialeinheit GSG 9 geführt.

Bei dem Attentat vor dem Viertelfinalhinspiel der Champions League gegen AS Monaco war der BVB-Profi Marc Bartra am Handgelenk und am Arm verletzt worden. Ein Polizist erlitt ein Knalltrauma.

Anschlag auf BVB-Bus: Polizei durchsucht Haus in Rottenburg
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Polizei durchsucht Haus in Rottenburg

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Nach Einschätzung von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hätte der mutmaßliche Täter möglicherweise einen Millionengewinn erzielen können. Wären die Kurse nach dem Anschlag wie von dem 28-Jährigen erhofft stark gefallen, hätte sich das für den Mann auszahlen können.

"Mit einem erheblichen Kursverfall wäre zu rechnen gewesen, wenn in Folge des Anschlags Spieler schwer verletzt oder gar getötet worden wären", heißt es in einer Mitteilung der Generalbundesanwaltschaft. Wie hoch der Gewinn des Täters dabei gewesen wäre, ließ sich jedoch bisher nicht genau ermitteln. Der BVB ist der einzige börsennotierte Bundesligist. Der Wert der Papiere des Vereins stieg seit Bekanntgabe der Festnahme um knapp vier Prozent an.

Der Festgenommene sei am Abend der Tat wie die Mannschaft von Borussia Dortmund im Hotel L'Arrivée einquartiert gewesen. Dort habe er bereits zwei Tage zuvor ein Zimmer im Dachgeschoss mit Blick auf den Anschlagsort bezogen.

Borussia Dortmunds Trainer Thomas Tuchel hat mit Unverständnis auf das mutmaßliche Motiv des Anschlags reagiert. "Es ist für mich nicht nachzuvollziehen, weder emotional noch rational", sagte er am Freitag. "Es ist auf jeden Fall ein gutes Gefühl, dass es offensichtlich einen Durchbruch gegeben hat", meinte Tuchel.

Im Zusammenhang mit der Festnahme des Tatverdächtigen hat die Polizei ein Haus in Rottenburg am Neckar durchsucht. Dort wurden laut Generalbundesanwaltschaft Kommunikationsmittel sichergestellt. Anhaltspunkte für weitere Täter oder Gehilfen des Verdächtigen gebe es jedoch derzeit nicht.

Laut NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) ist die Festnahme "eine gute Nachricht für den Fußball". "Nur durch ein Wunder" sei bei dem Anschlag kein Mensch getötet worden, sagte Jäger. Die Festnahme zeige zudem, wie wichtig es sei, in alle Richtungen zu ermitteln. Jäger sprach zudem von einem "niederträchtigen Motiv, mit hoher Kriminalität und Professionalität umgesetzt".

Zudem sagte Jäger, es gebe "eine Fülle von Indizien", die auf den Tatverdächtigen hinwiesen. Der Mann habe unter anderem auf ein spezielles Hotelzimmer mit Außenblick auf den Tatort bestanden, er habe über eine Netzwerkadresse des Hotels 16.000 sogenannte Aktien-Optionsscheine des BVB erworben und kenne sich beruflich enorm gut mit Elektrotechnik aus. Die benutzte Technik für den Sprengsatz sei hochprofessionell gewesen.

Auch Borussia Dortmund bedankte sich bei den Behörden. "Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft, des Bundeskriminalamts und der nordrhein-westfälischen Polizei wurden sehr intensiv und mit Hochdruck geführt. Dafür bedanken wir uns in aller Form", erklärten Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Präsident Reinhard Rauball in einer BVB-Mitteilung. Zudem hoffe man, "dass in dem Tatverdächtigen nun der Verantwortliche für den niederträchtigen Anschlag auf unsere Spieler und Staff-Mitglieder gefasst werden konnte."

Die BVB-Profis reagierten ebenfalls mit Erleichterung auf die Nachrichten von ersten Ermittlungserfolgen."Für alle, die im Bus saßen, wären diese Informationen wichtig, denn sie würden den Verarbeitungsprozess deutlich erleichtern", sagte BVB-Kapitän Marcel Schmelzer am Freitag.

Borussia Dortmund: Spieler bedanken sich unter Tränen bei den Fans
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BVB-Profis bedanken sich unter Tränen bei den Fans

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Zudem bedankte sich der Verein bei all "den unzähligen Menschen, die uns in vergangenen zehn Tagen durch Worte und Taten unterstützt haben". "Der überwältigende Zuspruch hat uns viel Kraft gegeben", so Geschäftsführer Watzke

(mro/kess/dpa)
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