Aachener NS-Prozess 88-Jähriger zu lebenslanger Haft verurteilt

Aachen (RPO). In einem der letzten NS-Kriegsverbrecherprozesse hat das Landgericht Aachen am Dienstag einen 88-jährigen früheren SS-Mann zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Richter sprachen den ehemaligen Bergmann Heinrich Boere des dreifachen Mordes für schuldig.

Boere hatte in dem Prozess gestanden, 1944 als Mitglied eines SS-Sonderkommandos in den Niederlanden drei Zivilisten erschossen zu haben. Der heute in einem Altenheim bei Aachen lebende Angeklagte hatte sich aber auf einen Befehlsnotstand berufen: Bei Befehlsverweigerung habe ihm die Todesstrafe oder die Einlieferung in ein Konzentrationslager gedroht.

Mit seinem Urteil folgte das Gericht jedoch der Strafmaßforderung der Staatsanwaltschaft, die auf lebenslange Freiheitsstrafe plädiert hatte. Bei den im Juli und September 1944 in Breda, Voorschoten und Wassenaar erschossenen Niederländern handelte es sich um einen Apotheker, einen Fahrradhändler und einen leitenden Angestellten.

Die drei Morde zählen zu den mindestens 54 sogenannten "Silbertannen-Morden", die das "Sonderkommando Feldmejer" der "Germanischen SS in den Niederlanden" während des Zweiten Weltkriegs verübte. Opfer dieser Verbrechen wurden Niederländer, die von den Nazis als antideutsch gesonnen angesehen wurden.

Wegen der Morde hatte ein Sondergericht in Amsterdam Boere 1949 in Abwesenheit zum Tod verurteilt, die Strafe wurde im nachhinein in lebenslänglich umgewandelt. Zuvor war dem SS-Mann die Flucht aus niederländischer Haft gelungen.

Er tauchte zunächst in den Niederlanden unter und kehrte später nach Deutschland zurück, wo er unbehelligt blieb - unter anderem, weil offenbar die Kooperation zwischen der niederländischen und der damals jungen bundesdeutschen Justiz nicht funktionierte.

(AFP/csr)
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