Kiel Delfin ist Kiels neuer Lieblings-Schleuser

Kiel · Das Tier schwimmt zwischen Förde und dem Nord-Ostsee-Kanal hin und her. Einige Menschen sind sogar mit ihm im Wasser gewesen. Vor einem Bad mit dem Tier warnen Polizei und Delfin-Experten aber ausdrücklich.

Es sieht so aus, als würde er neugierig den Schwimmflossen folgen. Dann dreht er wieder ab und taucht tiefer, der Delfin schlängelt sich zwischen den Badenden hindurch, wie ein Video bei Youtube zeigt. Die Unterwasser-Aufnahmen sind an der Holtenauer Schleuse in Kiel entstanden. Dort ist vor ein paar Tagen ein Großer Tümmler aufgetaucht. Einige Menschen sind zu ihm ins Wasser gesprungen und mit ihm geschwommen. Und das rief die Polizei auf den Plan.

Denn das Schwimmen im Schleusenbereich ist ausdrücklich verboten. "Zum anderen sollte es allein aus Tierschutzgründen dringend unterlassen werden, dem Meeressäuger zu nahe zu kommen, da dieser sich dadurch bedrängt fühlen könnte", warnte die Polizei. Die Wasserschutzpolizei hat die Badenden aus dem Wasser geholt. Diese erwartet eine Geldstrafe wegen einer Ordnungswidrigkeit.

Die Gefahr durch den wilden Delfin sei zudem nicht zu unterschätzen. "Das Tier ist fast 3,5 Meter lang, daneben sieht der Mensch ganz klein aus", stellt ein Polizeisprecher fest. Es sei nicht ausgeschlossen, dass das Tier einen unter Wasser ziehe, es vielleicht Krankheiten übertrage oder auch der Kontakt zu Menschen dem Zustand des Delfins schaden könne. "Das ist ein Wildtier", betont der Sprecher und zieht einen Vergleich: Eltern gingen auch nicht mit ihren Kindern in den Wald zu einem Wolf, um ihn zu streicheln.

Laut Jürgen Ortmüller, Geschäftsführer des Hagener Wal- und Delfinschutz-Forums (WDSF), kommt es immer wieder vor, dass Große Tümmler sich in die Ostsee "verirren". Verschmutzung, Motorenlärm, Störung durch Sonarsysteme - es tue sich so viel im Meer, das die Tiere desorientieren könne. Schon im März dieses Jahres gab es in der Ostsee Delfin-Besuch: "Selfie" und "Delfie", so wurden die Tiere genannt, schauten zunächst in Flensburg und später auch in Kiel vorbei - angesichts der Wassertemperaturen sahen die Tierfreunde wohl aber von einem gemeinsamen Bad ab.

Auch Ortmüller warnt davor, sich ihnen im Wasser zu nähern. Besuche in Delfinarien würden den Menschen einen falschen Eindruck von der Natur der Tiere vermitteln. Zwar sei ihm kein bewusster Angriff auf einen Menschen bekannt, doch genüge schon ein unbeabsichtigter Schlag mit der Schwanzflosse, um jemanden schwer zu verletzen.

Gestern Nachmittag war der Delfin wieder in der Förde, sagt Matthias Visser vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt. Viele Schaulustige beobachten ihn vom Ufer. Das Tier fühle sich offenbar ganz wohl und schleuse immer mit den Schiffen zwischen Kanal und offenem Meer hin und her. Vissers Kenntnis nach ist es der erste Delfin in der Holtenauer Schleuse, ansonsten schwimmen dort nur Schweinswale (kleine Tümmler) und Seehunde mit. Der ungewohnte Gast gefährdet auch nicht die Schifffahrt, die Schar Badender aber schon. "Hier fahren Schiffe von bis 235 Meter Länge und 32 Meter Breite in den Kanal", betont Visser. Deshalb habe die Wasserschutzpolizei zum Glück auch die Schwimmer aus dem Wasser geholt. Der Delfin aber bleibt - zunächst. Und wie ein Schleusenführer dem Onlineportal "shz.de" berichtet, sei er überaus gelehrig. "Immer, wenn der Delfin die Glocke an der Schleuse hört, kommt er angeschwommen."

(mso)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort