Düsseldorf Das ganz normale Supermodel

Düsseldorf · Claudia Schiffer zählt auch mit 46 noch zu den gefragtesten Gesichtern der Modebranche. Niemand zierte mehr Titelseiten als die blonde Schönheit aus Rheinberg. Ein neuer Bildband zeichnet ihre Karriere nach.

Wenn sie zurückblickt, staunt sie selbst am meisten über ihre Karriere: "Als Kind hatte ich leichte X-Beine, und mein Po ragte so weit heraus, dass ich Ente genannt wurde, wenn ich durch die Schule watschelte." Aus dem 1970 als Tochter eines Rechtsanwalts geborenen hässlichen Entlein wurde eine der weltweit bekanntesten Mode- und Schönheitsikonen. Claudia Schiffer zierte die Titelseiten von mehr als 1000 Zeitschriften (Lady Di hatte weniger), darunter das "Time Magazine", den "Rolling Stone" oder die "Vogue", und hält damit den Rekord unter den Models. Ein soeben erschienener Bildband (Prestel Verlag) erzählt nun auf mehr als 100 Bildern berühmter Fotografen wie Ellen von Unwerth, Mario Testino, Steven Meisel, Peter Lindbergh und Helmut Newton die Stationen ihrer Karriere.

Dabei war das erfolgreichste deutsche Model aller Zeiten - wie sie selbst sagt - eigentlich viel zu zurückhaltend für den Laufsteg. "Ich stand nie gern im Mittelpunkt. Als ich mit dem Modeln anfing, war ich anfangs extrem schüchtern - vor allem am Set, wo mich jeder anstarrte. Erst mit meinem Make-up und den Frisuren begann die Verwandlung. Je dramatischer mein Look, desto witziger, anziehender oder skandalöser fühlte ich mich. Als ich mir später die Fotos angesehen habe, konnte ich es kaum fassen, dass ich das auf den Bildern war." Seit den Anfängen, als sie 1987 in einer Diskothek auf der Düsseldorfer Königsallee entdeckt wurde, hat sie die unterschiedlichsten Rollen gespielt.

Und es war Karl Lagerfeld, der "Claudia das Laufen beibrachte". "Ich war das Mädchen vom Lande, das gerade in Paris ankam", erinnert sich die inzwischen 46-Jährige. "Ich war auch sehr nervös, und Karl Lagerfeld hat immer nur zu mir gesagt: ,Bleib einfach genau so, wie du bist, und du brauchst auch nicht zu laufen wie die anderen, mach das einfach so, wie du normal gehen würdest auf der Straße'."

Als der Modezar seine Muse 1988 für Chanel verpflichtete, war sie erst 18 Jahre alt und noch Schülerin. Doch ihr gelang sofort der Sprung an die Spitze der Welt-Elite. Gemeinsam mit Naomi Campbell, Linda Evangelista, Nadja Auermann und Tatjana Patitz läutete "La Schiffer" die Ära der Supermodels ein. "Als ich den Begriff Supermodel zum ersten Mal hörte, musste ich lachen, weil er so perfekt passte: Bei der Arbeit spielte ich Superman, und im echten Leben war ich sein Alter Ego Clark Kent."

Die 90er-Jahre waren das Goldene Zeitalter der Mode. Für Catwalk-Auftritte bekam die Rheinländerin eine Tagesgage von 25.000 bis 75.000 Mark. Sie gehörte zu den ersten, die exklusive Werbeverträge für internationale Marken an Land gezogen haben. Heute wird ihr Vermögen auf rund 50 Millionen Euro geschätzt. Seit 2002 ist Claudia Schiffer mit dem britischen Regisseur Matthew Vaughn verheiratet, mit dem sie drei Kinder (Caspar, Clemmie und Cosima) hat. Die Familie lebt in London, ist aber oft zu Besuch am Niederrhein.

Claudia Schiffer hat die vielen Jahre in der Modebranche souverän überstanden - vor allem im Vergleich zu früheren Supermodel-Kolleginnen, die von gescheiterten Patchwork-Familien bis zu Steuerfahndungen alles durch haben. La Schiffer hält konsequent ihr Privatleben aus der Öffentlichkeit, produziert keine Skandale, sondern Mode, mit der man etwas anfangen kann. Kaschmirpullover zum Beispiel - und neuerdings auch Strumpfhosen für den deutschen Hersteller Kunert sowie eine eigene Make-up-Linie für Artdeco.

Mit ihrer Natürlichkeit besticht die zeitlos Schöne privat wie beruflich. Fotografen, Designer und Kolleginnen schwärmen von ihr in den höchsten Tönen. Schönheit, Disziplin, Talent und entwaffnende Freundlichkeit verhalfen ihr zu Weltruhm. "Sie ist so schön, als käme sie aus dem 18. Jahrhundert", hat Yves Saint-Laurent einmal gesagt. Und die unberechenbare Naomi Campbell beschreibt sie als "eine Ikone mit viel Seele und unermüdliche Kämpferin für den guten Zweck, doch vor allem als Freundin - immer hilfsbereit, loyal und ehrlich".

"In den vergangenen 30 Jahren hatte ich den Ruf, eine Art Eiskönigin zu sein: ein wenig kühl, professionell und jenseits des Rampenlichts immer beherrscht. Eine etwas harte, jedoch nicht unfaire Beschreibung", findet die blonde Grazie und denkt nicht ans Aufhören: "Dabei war mir immer klar: Mit 30 ist das Modeln vorbei. Und als es dann doch nicht vorbei war, dachte ich: Okay, dann ist spätestens mit 40 Schluss. Jetzt bin ich 46. Es scheint keine Deadline zu geben, wenn man einmal ganz oben war."

(dh)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort