Weltjugendtag in Krakau Polen fremdelt mit dem Papst

Krakau · Papst Franziskus tritt beim Weltjugendtag in Krakau in den langen Schatten seines Vorgängers Johannes Paul II.

Die wichtigsten Aussagen des Papstes zu Europa
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Foto: ap, AJM AG

Wenn Papst Franziskus am Mittwochnachmittag zum 31. Weltjugendtag in Krakau landet, ist ein Vorgänger schon da: Neben bunten Fähnchen hängen in der polnischen Stadt kleine Porträts des 2005 verstorbenen Papstes Johannes Paul II. Er ist in Krakau zur Schule gegangen, trat dort ins Priesterseminar ein, wurde Bischof, Erzbischof, schließlich zum Papst in Rom gewählt. In Polen ist JPII, wie er von jungen Polen freundschaftlich genannt wird, noch immer die große Identifikationsfigur.

Die Menschen sehen in ihm den Mann, der Polen half, sich vom Kommunismus zu befreien, und der noch für die Zeit steht, als die katholische Kirche in Polen eine einende, progressive Kraft war. Außerdem hat Johannes Paul II. die Weltjugendtagsbewegung 1984 begründet, er glaubte an die Kraft der Jugend und die beflügelnde Wirkung von spirituellen Großveranstaltungen.

Dazu entsprach seine Mischung aus Charisma und Konservatismus genau der Gemütslage der Polen. Papst Franziskus tritt in Krakau also in den langen Schatten eines Vorgängers, den er selbst vor zwei Jahren heiliggesprochen hat und nach dessen väterlicher Autorität sich viele Polen mit sentimentaler Inbrunst sehnen.

Nervöses Warten vor der Rede im Königsschloss

Denn das Land ist unter der national-konservativen Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) tief gespalten. Da sind jene, die vom EU-Beitritt ihres Landes profitiert haben, die ein liberales, weltoffenes, europazugewandtes Polen wollen, und die Regierungsbefürworter, die eher die negativen Folgen der ökonomischen Veränderungen sehen, die sich vor Zuwanderung fürchten und auf nationale Neubesinnung pochen.

Gerade diese Menschen sind skeptisch gegenüber Papst Franziskus, dem Prediger von Lampedusa, dem Flüchtlingsfreund und Mahner für mehr Toleranz etwa gegenüber Homosexuellen. Ihnen erscheint seine Botschaft der Nächstenliebe weltfremd. Sie finden, dass er die katholische Lehre verwässert und zulässt, dass der Islam in Europa an Einfluss gewinnt. Auch Teile des polnischen Klerus halten Papst Franziskus für unseriös, für einen Kasper, der alles anders macht als Johannes Paul II. und Benedikt XVI. und nicht weiß, wohin er die Weltkirche lenken will.

Vor allem die polnischen Kirchenvertreter erwarten also nervös, was Papst Franziskus bei seiner ersten großen Ansprache im Ehrenhof des Krakauer Königsschlosses Wawel sagen wird. An einem Ort, der für Nationalstolz und das ruhmreiche Mittelalter steht. Die Polen feiern in diesem Jahr 1050 Jahre Christianisierung und betrachten die Taufe von Prinz Mieszko I. im Jahr 966 auch als das Gründungsereignis ihres Staates.

Gut möglich, dass Papst Franziskus darauf eingeht. Doch er ist auch das Kirchenoberhaupt, das jede Gelegenheit nutzt, den Profiteuren der Globalisierung ins Gewissen zu reden. "Was ist mit dir los, humanistisches Europa, du Verfechterin der Menschenrechte, der Demokratie und der Freiheit?", fragte Franziskus kürzlich bei seiner Rede zur Verleihung des Aachener Karlspreises.

Polen weigert sich bisher, vor allem Flüchtlinge aus Nahost aufzunehmen

Und er hat mit seinem Besuch auf der griechischen Insel Lesbos ein Zeichen gesetzt, als er drei muslimische Familien aus Syrien mit in den Vatikan nahm. Polen weigert sich bisher, vor allem Flüchtlinge aus Nahost aufzunehmen — und verweist auf Flüchtlinge aus der Ukraine, die schon über die Grenze gekommen sind.

Auch die polnische Bischofskonferenz hat sich lange zurückgehalten, wollte höchstens syrische Christen ins Land lassen. Dann forderte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Stanislaw Gadecki, doch Gemeinden und Klöster auf, Flüchtlingsfamilien aufzunehmen - ungeachtet der Religion. Im Januar nannte er Angriffe auf Ausländer "kranken Nationalismus".

Das katholische Jugendtreffen könnte Polen also neue Impulse geben und den Klerus zu einer kritischeren Position gegenüber der eigenen Regierung auffordern. Für die oppositionellen Polen wäre das eine Genugtuung. Schon vor drei Jahren gab der Laienrat des 31. Weltjugendtags der Veranstaltung das Motto: "Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden." Papst Franziskus wird dazu viel einfallen.

(dok)
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