Wegasi Nebiat und die Rettung vor Rhodos Ein Foto wird zum Symbol der Menschlichkeit

Rhodos · In der Flüchtlingskrise im Mittelmeer spielt Menschlichkeit eine Hauptrolle. Wie sehr, verdeutlicht die dramatische Begegnung zwischen dem Griechen Antonis Deligiorgis und Wegasi Nebiat aus Eritrea. Die Geschichte einer wundersamen Rettung.

Griechenland: Flüchtlings-Drama vor Rhodos – ein Retter erzählt
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Flüchtlings-Drama vor Rhodos – ein Retter erzählt

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Es war am Montag der vergangenen Woche, als der Tod von fast tausend Flüchtlingen Europa aufwühlte. Ihr Schicksal zeigte die Unmenschlichkeit der geltenden Praxis auf: Weil Europa sich um das Geld zankte und keine Mittel für die Seenotrettung "Mare Nostrum" mehr bereitstellte, ertranken Tausende im Meer.

Nach sieben Tagen haben wieder andere Themen die täglichen Tragödien von den Titelseiten verdrängt. Europa diskutiert erneut über die Aufteilung von Lasten, ein Einsatz der Marine soll verhindern, dass das Massensterben weitergeht, zudem sollen die Schleuserbanden bekämpft werden.

Flüchtlingsdramen im Mittelmeer
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Foto: ap, ALT

An den scharfen Felsen zerschellt

Zeitgleich setzen auch weiterhin Flüchtlinge ihr Leben aus Spiel. Seit einigen Tagen verdeutlichen insbesondere die Aufnahmen einer jungen Frau aus Eritrea, was das bedeutet: Sie zeigen die 24-jährige Wegasi Nebiat aus Eritrea und den zehn Jahre älteren griechischen Offizier Antonis Deligiorgis, der der völlig erschöpften Frau an der Küste von Rhodos aus dem Wasser hilft. Sie ist dank seines Einsatzes gerade knapp dem Tod entronnen. Drei Mitreisende ertranken.

In einem Interview mit dem britischen "Observer" hat Deligiorgis nun geschildert, was sich zunächst weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit am Montag abgespielt hatte. Eine Yacht mit 93 Flüchtlingen an Bord war an den gefährlichen Klippen vor Rhodos zerschellt und binnen weniger Sekunden gesunken. Was dann folgte, feiert insbesondere die britische Presse als Beispiel für Einsatzbereitschaft und Menschlichkeit.

Zwei Bilder brannten sich bei ihm ein

Zahlreiche Menschen eilten herbei, um zu helfen. Auch Deligiorgis, der eigentlich nur mit seiner Frau einen schönen Morgen bei einem Frühstück mit Blick aufs Meer verbringen wollte. Als sie um 10.10 Uhr das Café verließen, erkannten sie sofort die Lage. "Ohne groß darüber nachzudenken, tat ich, was getan werden musste. Um viertel nach zehn befand ich mich im Wasser", erinnert sich der Vater von zwei Kindern.

Zusammen mit anderen Männern rettete er zahlreichen Menschen das Leben. Laut "Guardian" brachte der breitschultrige Diligiorgis allein 20 Menschen ans rettende Ufer. Das Wasser sei voller Öl und bitter gewesen, die Felsen sehr rutschig und scharf. "Doch ich hatte nur im Kopf, diesen armen Menschen helfen zu müssen", sagte er.

Italienische Schiffe suchen nach Überlebenden im Mittelmeer
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Foto: dpa, dc lb

Zwei Dinge haben sich in seiner Erinnerung eingebrannt. Einen etwa 40-jährigen Mann, der trotz aller Bemühungen vor seinen Augen ertrank. Und die Rettung Nebiats. Er sei bereits 20 Minuten in den Wellen gewesen, als er sah, wie sie sich verzweifelt an eine Boje klammerte, kaum in der Lage zu atmen. "Ich hatte große Probleme, sie aus dem Wasser zu holen", erzählt er. Mur mit Hilfe anderer Männer sei das gelungen. Dann habe er sie instinktiv über seine Schulter gelegt und an Land gebracht. "Ich werde nie ihr Gesicht vergessen", sagt ihr Retter.

Die Odysee geht weiter

Wie laut "Guardian" erst Ende der Woche bekannt wurde, rettete der Offizier auch eine hochschwangere Frau, die später einen gesunden Jungen zur Welt brachte. Er soll Antonis heißen.

Der geretteten Nebiat geht es mittlerweile wieder besser. Weil die Ärzte eine Lungenentzündung befürchteten, war sie nach dem Schiffbruch in eine Klinik gebracht worden. Am vergangenen Donnerstag wurde sie entlassen. Ihr nächstes Ziel heißt nun Schweden. Es soll für sie die letzte Etappe einer lebensgefährlichen Reise sein. Laut Guardian hatte ihre Eltern Schleusern 10.000 US-Dollar gezahlt, damit wenigstens ihre Tochter in Europa ein Leben mit einer Zukunft aufbauen kann.

(pst)
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