Reise nach Syrien Vater eines Paris-Attentäters wollte Sohn vom IS wegholen

Paris · Der gebürtige Franzose Samy Amimour gehörte zu den Terroristen im "Bataclan". In einem Interview mit der Zeitung "Le Monde" hat sein Vater über den 27-Jährigen gesprochen und darüber, wie er versucht hat, ihn vom IS in Syrien wegzuholen.

Samy Amimour war einer der Attentäter, die sich im Bataclan in die Luft sprengten.

Samy Amimour war einer der Attentäter, die sich im Bataclan in die Luft sprengten.

Foto: dpa, mch fdt

Im Norden Syriens stößt Mohamed auf den ersten Checkpoint des sogenannten Islamischen Staates (IS). Die schwarze Flagge der Terrormiliz flattert im Wind, ein Mann mit einer Kalaschnikow, Mohameds Reisegefährten applaudieren. Der schmächtige 67-Jährige ist auf einer Mission, allerdings keiner blutigen: Er will seinen Sohn zurückhaben, den 27-jährigen, der sich den Dschihadisten in Syrien angeschlossen hat. Er befürchtet, der junge Mann könne von den Soldaten des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad getötet werden.

So hat es Mohamed, ein Kleiderverkäufer aus dem Großraum Paris, einer Journalistin der Zeitung "Le Monde" erzählt, die seine Geschichte im Dezember 2014 veröffentlichte. Fast ein Jahr später gewinnt der Bericht von der Reise im Sommer 2014 eine ungeheuerliche Aktualität. Denn Mohameds Sohn ist laut "Le Monde" Samy Amimour, einer der Attentäter im Konzertsaal "Bataclan". Gebürtiger Franzose und einer jener Angreifer, die ihrer mörderischen Ideologie am vergangenen Freitag Dutzende Menschenleben opferten — darunter das eigene.

Die Islamisten nehmen Mohamed den Pass ab, heißen ihn willkommen. "Trotz Deines Alters bist Du kämpfen gekommen!" Der Vater schlägt die Zeit tot, wartet auf das Treffen mit Samy, mit dem er nach dessen Abreise über Skype Kontakt gehalten hat.

Samy Amimour ist für die Ermittler kein unbeschriebenes Blatt. Im Oktober 2012 wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Damals soll er auch geplant haben, in den Jemen zu reisen. Im Herbst 2013 tauchte er unter.

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Samy kommt auf Krücken, aus Al-Rakka, jener Hochburg der Terrormiliz IS, die Frankreich zwei Tage nach den Pariser Angriffen bombardieren sollte. "Er war mit einem anderen Typen zusammen, der uns nie alleingelassen hat", erzählt Mohamed später "Le Monde". "Das war ein sehr kühles Wiedersehen. Er hat mich nicht zu sich nach Hause gebracht, hat mir weder gesagt, wie er sich verletzt hat, noch ob er gekämpft hat." Er steckt dem Sohn einen Brief der Mutter zu. Die 100 Euro im Umschlag gibt der zurück. Er brauche kein Geld, sagt Samy.

Die Kälte des Sohnes bestürzt Mohamed, er sucht das Gespräch mit Samys Kampfgefährten. Die zeigen ihm Videos der Ihren, die den Folterknechten des syrischen Machthabers Assad zum Opfer fallen, genauso Aufnahmen mordender IS-Kämpfer. "Ich habe furchtbare Bilder gesehen", sagt Mohamed später der Zeitung.

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Seine Expedition in Hitze und Minenfelder wird ein Fehlschlag. Er selbst kann wieder fahren, doch der Sohn bleibt. In Frankreich hätte ihm als dschihadistischem Kämpfer Gefängnis gedroht. Mohamed hatte gehofft, ihm beim Neustart im Ausland zu helfen. Vergeblich. Als Samy nach Paris zurückkehrt, bringt er nur Tod und Vernichtung.

(dpa)
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