US-Waffenmarkt boomt Angst und Wut sind die Verkaufshelfer bei Pistole und Gewehr

New York · Gewehre und Pistolen stehen in den USA traditionell hoch im Kurs, aber zuletzt boomte das Geschäft mit Handfeuerwaffen regelrecht. Terroranschläge wecken den Drang zur Selbstverteidigung, zudem kurbelt die Angst vor strengerer Regulierung die Nachfrage an.

Fotos vom bewaffneten Amerika
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Davon profitieren US-Waffenschmieden wie Smith & Wesson oder Ruger, deren Aktienkurse an der Börse nach oben schießen. 2015 verbuchte die Waffen-Industrie ein Rekordjahr. Das FBI meldete einen zehnprozentigen Anstieg der "NICS Background Checks" genannten Überprüfungen, die vor Waffenkäufen durchgeführt werden. Insgesamt gab es 23,1 Millionen Anträge - das ist der höchste Wert seit Einführung des Prüfsystems 1998. Zum Jahresende kam es zu einem regelrechten Sturm auf die Waffenläden. Im Dezember gab es in der FBI-Datenbank mehr Einträge als je zuvor in einem Monat.

Die Statistik der Bundespolizei gilt als zuverlässiger Indikator für Waffenverkäufe an Privatpersonen. Experten nennen die Terroranschläge von Paris und San Bernardino als wichtigen Grund für die hohe Nachfrage. "Die Waffenverkäufe steigen nach solchen Ereignissen kurzfristig an", sagt Politik-Professor Robert Spitzer von der State University New York in Cortland. Das sei bereits nach der Attacke auf das World Trade Center am 11. September 2001 zu beobachten gewesen.

Angst vor Regulierung

Ein weiterer wichtiger Umsatztreiber sei die Aussicht auf striktere Regulierung, sagt Branchenkenner Spitzer. "Der Trend ist getrieben von der Angst vor neuen, strengeren Gesetzen." Neben dem Motiv, sich Waffen zu besorgen, bevor der Kauf möglicherweise erschwert werde, gebe es auch eine politische Motivation. "Leute kaufen Waffen, um ein Statement zu machen." Die Hersteller bezeichneten dieses Phänomen, das sich häufig im Wahlkampf ereigne, als "politische Verkäufe".

Der Industrie spielt der Trend in die Karten. Die großen börsennotierten Waffenschmieden Smith & Wesson und Sturm, Ruger & Co. steigerten ihre Verkäufe im jeweils letzten Geschäftsquartal um 61 und 24 Prozent. Das kommt bei Anlegern gut an: Die Aktien der US-Traditionsfirmen haben seit Jahresbeginn um über 20 Prozent zugelegt. Nicht alle Hersteller stehen so gut da - der berühmte Revolveranbieter Colt hat gerade erst die Insolvenz überstanden.

Dem Unternehmen war allerdings nicht so sehr die mangelnde Kauflust der US-Bürger zum Verhängnis geworden, sondern eher der Verlust wichtiger Aufträge der US-Armee. Die Branche ist einer Studie der Georgia Regents University zufolge ein relativ kleiner Kreis, in dem 37 Hersteller 75 Prozent des Angebots liefern. Dazu zählen US-Firmen wie Remington, aber auch ausländische Vertreter wie Glock aus Österreich, Sig Sauer aus Deutschland oder Beretta aus Italien.

Möbel mit Geheimfächern für Waffen

Das Analysehaus IbisWorld schätzt, dass die Erlöse der Hersteller von Handfeuerwaffen und Munition in den USA seit 2011 mit Jahresraten von 6,4 Prozent auf einen Jahresumsatz von 16 Milliarden Dollar gewachsen sind. Der Waffen-Hype ist so groß, dass sich Spezialanbieter den Vorlieben der Käufer widmen. Die Firma Heracles aus Texas beispielsweise verkauft kugelsichere Möbel mit Geheimfächern als Stauraum für Pistolen oder Gewehre. Die Artikel heißen "BedBunker" oder "CouchBunker" und können mehr als 10.000 Dollar kosten.

Doch die Supermacht zahlt einen hohen Preis: Jährlich kommen Zehntausende US-Bürger durch Handfeuerwaffen ums Leben - zuletzt waren es fast so viele wie Verkehrstote. Durch die laxen Gesetze haben es Amokläufer oft nicht schwer, sich auszurüsten. Eine laufende Statistik zum US-Waffenbesitz gibt es nicht. Ein Kongress-Report von 2012 kam aber zu dem Schluss, dass die Zahl von 1996 bis 2009 von 242 auf 310 Millionen Stück gestiegen ist. Damit käme auf fast jeden US-Bürger - Kinder eingerechnet - eine Schusswaffe.

Trotzdem ist es nicht so, dass sich die breite Bevölkerung radikalisiert, sondern nur ein harter Kern. "Die Anzahl der Waffenbesitzer ist seit den 1970er Jahren stetig gesunken", erklärt Professor Spitzer. Damals hätte noch die Hälfte der US-Haushalte mindestens eine Waffe gehabt. Inzwischen seien es nur noch rund 30 Prozent. "Bemerkenswert ist aber, dass heute im Schnitt acht Waffen auf jeden Besitzer kommen - so erklärt sich die steigende Zahl."

(felt/dpa)
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