Explosionen in China Tianjin-Unglück kostet Minister den Job

Tianjin · Der chinesische Minister für Arbeitsschutz, Yang Dongliang, muss nach der Brandkatastrophe von Tianjing seinen Hut nehmen. Er war bis 2012 Vizebürgermeister der chinesischen Metropole. Der Vorfall gilt als Test für die kommunistische Führung in Peking.

Explosion in Tianjin: Bilder von Krater schockieren China
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Explosion in Tianjin hinterlässt riesigen Krater

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Foto: dpa, hy sh

Nach dem Explosionsunglück in Tianjin mit mindestens 114 Toten gibt es erste personelle Konsequenzen. Der Minister der staatlichen Verwaltung für Sicherheit am Arbeitsplatz, Yang Dongliang wurde am Dienstag wegen des Verdachts der Korruption von seinen Pflichten entbunden. Gegen das Unternehmen Ruihai Logistik, das das unheilvolle Gefahrgutlager betrieb, wird wegen Ungereimtheiten bei seinen Lizenzen für den Umgang mit Chemikalien ermittelt. Die ersten Regenfälle seit der Katastrophe verstärkten die Angst in der Zehn-Millionen-Metropole vor giftigen Stoffen. Auf den Straßen lag "ungewöhnlicher weißer Schaum", wie Reporter berichteten.

Gegen den Arbeitsschutzminister werde wegen "schwerer Verletzung von Disziplin und Gesetzen" ermittelt, teilte die Disziplinkommission der Partei mit. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua stellte keinen direkten Zusammenhang mit dem Unglück her, doch war der 61-Jährige bis Mai 2012 Vizebürgermeister von Tianjin. Kommentatoren meinten, es sei "kein Zufall", und verwiesen auf seine Karriere in staatlichen Öl- und Chemieunternehmen hin, die ihn nach Tianjin führte.

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Feuerwehr nach zweiter Explosion in Tianjin im Einsatz

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Wegen des Ausmaßes der Zerstörungen und der Verärgerung im Volk hat sich der Umgang mit dem Unglück zu einem Test für die kommunistische Führung von Staats- und Parteichef Xi Jinping entwickelt, meinten Kommentatoren. In dem Gefahrgutlager mit rund 3000 Tonnen Chemikalien war es am späten Mittwochabend vergangener Woche nach einem Brand zu heftigen Explosionen gekommen, die schwere Verwüstungen anrichteten. 57 Menschen wurden noch vermisst. In Krankenhäusern wurden 692 Menschen behandelt, darunter 57 Schwerverletzte.

Neue Fragen gab es über die Erlaubnis für Ruihai, mit gefährlichen Materialien umzugehen. Das 2011 gegründete Unternehmen hatte von April bis Oktober 2014 nur eine vorübergehende Genehmigung, aber nach Auslaufen trotzdem weiter Chemikalien transportiert. Erst im Juni dieses Jahres habe Ruihai eine neue Lizenz bekommen, mit Gefahrgütern umzugehen. Dafür sei Sicherheitsprüfung vorgenommen worden.

Zweifel gab es über eine Umfrage im Rahmen des Verfahrens, wonach 128 Anwohner angeblich ihre Zustimmung bekundet hätten. Der Entwickler des nur 560 Meter entfernten Wohngebietes wurde nach eigenen Angaben nie über die Existenz des Chemielagers informiert. Berichte, wonach möglicherweise der Sohn des früheren Polizeichefs des Hafens hinter dem Unternehmen steckt, wollten Behörden bislang nicht bestätigen.

Nach dem Regen, der weiße Flüssigkeit auf den Straßen hinterließ, riet der Chefingenieur des städtischen Umweltamtes, Bao Jingling, den Menschen, sich so weit wie möglich von den weit verstreuten Chemikalien nahe der Unglücksstelle aufzuhalten. Verschmutztes Wassers am Unglücksort soll abgepumpt und behandelt werden, um Platz für das Regenwasser zu machen. Allein in dem riesigen Krater seien "Zehntausende Tonnen" Wasser. Ein Schutzdamm werde verstärkt, um sich auf heftige Regenfälle vorzubereiten, sagte Bao Jinling.

Die Bewohner der nur eine Stunde von Peking entfernt gelegenen Metropole sorgen sich um giftige Stoffe in der Luft oder im Wasser. Die Behörden haben Messstationen eingerichtet und auch teils deutlich erhöhte Werte von giftigen Chemikalien gefunden. Doch wurde versichert, dass keine direkte Gefahr für Menschen bestehe.

Die Aufräumarbeiten in dem riesigen Trümmerfeld mit herumgewirbelten Containern, ausgebrannten Häusern und versprengten Chemikalien kamen nur langsamer als erwartet voran. Bergungstrupps mit Spezialisten brachten bis Montagabend rund 150 Tonnen gefährlicher Materialien in Sicherheit, wie Vizebürgermeister He Shushan berichtete. Ursprünglich hatten Beamte einen großen Teil von 700 Tonnen giftigen Natrumcyanids in versprengten Behältern einsammeln und abtransportieren wollen.

Insgesamt 3000 gefährlicher Materialien waren in dem Gefahrgutlager, darunter 800 Tonnen Ammoniumnitrat und 500 Tonnen Kaliumnitrat, die ebenfalls stark toxisch und brandfördend sind. Beide werden auch zur Herstellung von Schießpulver beziehungsweise Sprengstoff benutzt. Mit einer Schweigeminute und Schiffssirenen gedachten die Menschen in Tianjin am Dienstag der Opfer. Der siebte Tag nach dem Tod ist in China traditionell der Trauertag.

(dpa)
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