AKW-Unfall in Japan - das Protokoll des Tages Strahlenbelastung in Lebensmitteln steigt

Düsseldorf (RPO). Im Kampf am Atomkraftwerk Fukushima gab es am Mittwoch mehrere Rückschlage: Nach einem erheblichen Anstieg der Radioaktivitätswerte an Block 2 mussten die Einsatzkräfte abgezogen werden. Am Vormittag musste das AKW komplett evakuiert werden. Am Abend dann befürchtet der Betreiber Tepco einen Austritt des hochradioaktiven Plutoniums aus Reaktor 3. Zudem sind in Tokios Trinkwasser die Werte radioaktiven Jods nach Behördenangaben auf das Doppelte der für Kleinkinder empfohlenen Grenze gestiegen.

Higashi-Matsushima: Abschied am Massengrab
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+++ 19.03 Uhr: Laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" befürchtet der AKW-Betreiber Tepco, dass aus dem Reaktor 3 Plutonium und Uran ausgetreten sein könnten. Man habe insgesamt 13 Mal Neutronenstrahlen auf dem Gelände gemessen. Dies deute auf den Austritt der hochgiftigen Substanzen hin.

+++ 16.57 Uhr: Die Zahl der Toten nach dem verheerenden Erdbeben und Tsunami in Japan ist auf 9523 gestiegen. Nach Polizeiangaben werden weiterhin etwa 16.000 Menschen vermisst.

+++ 16.11 Uhr: Erhöhte radioaktive Werte wurden am Mittwoch nach Regierungsangaben auch in Brokkoli entdeckt, der in der Region um die Anlage angebaut wurde. Zuvor waren unter anderem bereits in Spinat, Milch, Trink- und Meerwasser erhöhte Werte gemessen worden. Das Gesundheitsministerium ordnete zusätzliche Messungen bei Meerwasser und Meeresfrüchten an.

+++ 15.08 Uhr: Experten zufolge haben minimale Mengen an Radioaktivität Europa erreicht. Sehr schwach kontaminierte Luft sei in Island gemessen worden, hieß es am Mittwoch. Gesundheitliche Risiken bestünden dadurch aber nicht. 72 Stunden zuvor war "extrem verdünnte" Radioaktivität in Island registriert worden. Die französische Behörde für Atomsicherheit erklärte, im Lauf des Tages werde vermutlich kontaminierte Luft in Frankreich gemessen.

+++ 14.03 Uhr: Die Strahlenbelastung im Bereich von Reaktor 2 des Kraftwerks Fukushima ist nach Angaben der japanischen Atomaufsicht so hoch wie noch nie.

+++ 13.45 Uhr: In Deutschland ist nach amtlichen Angaben noch keine Radioaktivität aus Japan nachgewiesen worden. Sobald erste Partikel aus der Atom-Katastrophe Deutschland erreichten, werde das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) die Bevölkerung umfassen informieren, teilte die Behörde am Mittwoch mit. Zugleich versuchte das BfS zu beruhigen. Aufgrund der großen Entfernung des Unglücks-Kraftwerks würden in Deutschland in jedem Fall nur sehr geringe Mengen an Radioaktivität ankommen, die keine Gesundheitsgefahr für Menschen und Umwelt in Mitteleuropa darstellten.

+++12.06 Uhr: Hunderttausende Obdachlose harrten am Mittwoch im Nordosten des Landes weiter in Notunterkünften aus - teilweise ohne Strom und sauberes Wasser. Rettungsmannschaften bargen derweil nur noch weitere Leichen; neuen Polizeiangaben zufolge wurden durch die Katastrophe offiziell 9408 Menschen getötet. Allerdings gelten weiterhin 14.716 Menschen als vermisst - es gibt kaum noch Hoffnung, dass sie überlebten.

+++ 11.38 Uhr: Die US-Lebensmittelbehörde erklärte in einer Mitteilung, sowohl Milch und Milchprodukte als auch Gemüse und Obst aus den Präfekturen Fukushima, Ibaraki, Tochigi und Gunma dürften nur noch nach vorherigen Radioaktivitätsmessungen eingeführt werden. Frankreich rief die Europäische Kommission zu "systematischen Kontrollen aller frischen Lebensmittel" auf, die Europa aus Japan erreichten. Zugleich sprach sich das Land gegen ein vollständiges Einfuhrverbot aus.

+++ 11.22 Uhr: Ein neues Erdbeben hat nach Angaben des japanischen Wetterdienstes die Region in der Nähe des schwerbeschädigten Atomkraftwerks erschüttert. Die Stärke wurde voräufig mit 4,7 angegeben. Berichte über Schäden lagen zunächst nicht vor. Einem Fernsehbericht zufolge droht kein Tsunami.

+++ 11.16 Uhr: Der über Block 3 gesichtete schwarze Rauch legt sich der Agentur Kyodo zufolge langsam wieder.

+++ 11.08 Uhr: Das Erdbeben und der Tsunami in Japan entwickeln sich zur bislang teuersten Naturkatastrophe. Nach Schätzungen der Regierung in Tokio könnten sich die Kosten auf 16 bis 25 Billionen Yen (139 Milliarden bis 218 Milliarden Euro) belaufen. Das Wirtschaftswachstum in Japan würde dadurch in diesem Jahr um 0,5 Prozent schrumpfen. Aber auch deutsche Rückversicherer sind betroffen: Die Hannover Rück rechnet mit einer Belastung von 250 Millionen Euro, die Munich Re mit rund 1,5 Milliarden Euro.

+++ 10.55 Uhr: Nach Informationen der Nachrichtenagentur Kyodo soll die Temperatur im Behälter des Reaktors 1 kurzzeitig auf mehr als 400 Grad gestiegen sein. Dabei ist der Behälter für eine maximale Temperatur von 302 Grad konstruiert worden. Die Temperatur fiel aber schnell wieder. Im Reaktor 3 war die Behältertemperatur bei 305 Grad.

+++ 10.42 Uhr: Im japanischen Parlament wird die Forderung nach weiteren Evakuierungen um das AKW Fukushima laut. In einer Petitition, die der Nachrichtenagentur dapd in Auszügen vorliegt, plädieren mittlerweile zwölf Abgeordnete dafür, auch außerhalb des bislang gezogenen 20-Kilometer-Radius die Evakuierung "drastisch voranzutreiben". Vorrangig sollten schwangere Frauen und Kleinkinder aus einem Umkreis von 30 Kilometern herausgeholt werden, fordern Abgeordnete aus dem Ober- und Unterhaus des japanischen Parlaments ("Kokkai").

+++ 10.20 Uhr: Die Deutsche Lufthansa nimmt ihre täglichen Flüge nach Tokio wieder auf. Ab Donnerstag sollen wieder Maschinen von Frankfurt und München aus über Seoul in die japanische Hauptstadt fliegen, wie ein Sprecher der Fluggesellschaft in Frankfurt am Main sagte.

+++ 10.05 Uhr: Nach der Reaktorkatastrophe in Japan und der Kehrtwende in der Atompolitik ist die Union deutlich in der Wählergunst gesunken. In dem Stern-RTL-Wahltrend fiel sie auf 33 Prozent und damit den schlechtesten Wert seit November. Großer Gewinner sind demnach die Grünen, die im Vergleich zur Umfrage vom vergangenen Montag zwei Punkte zulegten und nunmehr 20 Prozent erreichen.

+++ 10 Uhr: Im zentralen Kontrollraum von Block 3 gibt es wieder Licht. Das Kühlsystem ist jedoch noch immer ohne Strom, teilte die Atomsicherheitsbehörde mit. Die Einsatzkräfte wollten versuchen, die Wasserpumpen im Laufe des Mittwochs wieder mit Strom zu versorgen.

+++ 9.58 Uhr: In ein siedend heißes Abklingbecken in Block 2, in dem 2000 Tonnen radioaktives Material lagern, wurden noch am Dienstag 18 Tonnen Meerwasser eingeleitet. Die Temperatur konnte dadurch laut Atomsicherheitsbehörde auf 50 Grad gesenkt werden. Aus dem Reaktorgebäude war zwei Tage lang Dampf aufgestiegen, der vermutlich radioaktive Partikel enthielt. Das siedende Kühlwasser gilt als mögliche Ursache dafür.

+++ 9.50 Uhr: Nach dem ersten Alarm bei Milch und Wasser aus der Unglücksregion 250 Kilometer nördlich von Tokio wurde dort inzwischen in elf Gemüsesorten erhöhte Radioaktivität festgestellt. Die USA stoppten als erstes Land Einfuhren von Milch, Gemüse und Obst aus der Gegend.

+++ 9.25 Uhr: Japanische Banken und Stiftungen wollen dem Atomkraftwerksbetreiber Tepco mit umgerechnet 17 Milliarden Euro bei der Reparatur seiner Akw helfen.

+++ 9.05 Uhr: Nach Angaben der Nachrichtenagentur Kyodo wurden in unmittelbarer Nähe des Reaktors 2 sind Werte von 500 Millisievert pro Stunde gemessen worden. 100 Millisievert gelten als gefährlicher Grenzwert: Die Wahrscheinlichkeit für einen Anstieg von Krebserkrankungen steigt, wenn der Mensch mindestens in dieser Größenordnung ein Jahr lang durch Strahlen belastet wird.

+++ 8.50 Uhr: Der Betreiber der Anlage Fukushima, Tepco, erklärte, das gesamte Atomkraftwerk sei erneut evakuiert worden. Es sei unklar, ob der Rauch von der Turbine oder aus der Schutzhülle des Reaktorkerns stamme, sagte ein Tepco-Sprecher. Derzeit versuchen die Rettungskräfte, die Reaktoren und verbrauchten Brennstäbe zu kühlen. In den Brennelementen des durch eine Explosion bereits beschädigten Reaktors befindet sich auch hochgefährliches Plutonium.

+++ 8.40 Uhr: Über dem Reaktor 3 des schwer beschädigten Atomkraftwerks Fukushima ist am Mittwoch grauer Rauch aufgestiegen. Das erklärte der Betreiber der Anlage.

+++ 8.16 Uhr: Verbraucherministerin Ilse Aigner warnt die Stromkonzerne vor einer unmäßigen Preispolitik. "Die Energieversorger dürfen die vorübergehende Abschaltung älterer Kernkraftwerke in Deutschland nicht zum Vorwand nehmen, jetzt gleich wieder die nächste Preiserhöhung einzuleiten", sagte die CSU-Politikerin gegenüber unserer Redaktion. Sie fügte hinzu: "Wir benötigen noch mehr Transparenz und Wettbewerb auf dem Strommarkt."

+++ 6.50 Uhr: Die radioaktive Strahlung im Trinkwasser der japanischen Hauptstadt Tokio hat die Gefahrengrenze für Neugeborene überschritten. Nach den gesetzlichen Vorschriften sei das Leitungswasser derzeit nicht für die Zubereitung von Babynahrung geeignet, sagte ein Vertreter der städtischen Behörden am Mittwoch vor Journalisten. In einem Stadtviertel habe die gemessene Radioaktivität im Wasser mehr als das Doppelte des Grenzwerts betragen.

+++ 5.56 Uhr: Japan geht einem Zeitungsbericht zufolge inzwischen von Kosten von bis zu 300 Milliarden Dollar in Folge der Naturkatastrophen aus. In der Summe seien die Schäden an Straßen, Gebäuden, Fabriken und an der übrigen Infrastruktur eingerechnet, berichtete die Zeitung "Nikkei" am Mittwoch. Damit käme das Beben die drittgrößte Volkswirtschaft drei Mal so teuer zu stehen wie die Katastrophe von Kobe im Jahr 1995.

+++ 4.11 Uhr: Der zentrale Kontrollraum von Block 3 in Fukushima hat wieder Licht, wie die Betreibergesellschaft Tepco am späten Dienstagabend mitteilte. Das Kühlsystem war jedoch noch immer ohne Strom. Die Einsatzkräfte wollten versuchen, die Wasserpumpen im Laufe des Mittwochs wieder mit Strom zu versorgen.

+++ 3.35 Uhr: Wegen der Gefahr erhöhter Strahlenbelastung hat die japanische Regierung die Ausfuhr landwirtschaftlicher Produkte aus zwei Präfekturen im Umkreis des havarierten Atomkraftwerks Fukushima 1 untersagt. Ministerpräsident Naoto Kan ordnete einen Lieferstopp für Brokkoli und das japanische Gemüse Komatsuna aus der Region Fukushima sowie für Rohmilch und Petersilie aus der Präfektur Ibaraki an, wie die Nachrichtenagentur Jiji am Mittwoch mitteilte.

+++ 0.37 Uhr: In der Region um das havarierte japanische Atomkraftwerk Fukushima 1 haben sich erneut Erdbeben ereignet worden. Es seien Erschütterungen der Stärken 6,0 und 5,8 gemessen worden, teilte die Wetterbehörde des Landes am Mittwoch mit. Ein weiterer Tsunami sei nicht zu befürchten. Nach Angaben des Fernsehsenders NHK wurden zunächst auch keine zusätzlichen Schäden bekannt.

(RTR/AP/AFP)
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