Erzbischof von Lecce Sexueller Missbrauch durch Priester auch in Italien

Rom (RPO). Auch in Italien sind Fälle sexuellen Missbrauchs durch Priester bekanntgeworden. Der ehemalige Erzbischof von Lecce, Cosmo Francesco Ruppi, räumte in einem Interview entsprechende Vergehen durch Kleriker in der Region Apulien ein. Unterdessen hat Radio Vatikan das Schweigen des Papstes zu den Missbrauchsfällen in seinem früheren Bistum München verteidigt.

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Foto: AP

In seiner 30-jährigen Amtszeit seien ihm jedoch "nicht mehr als ein Dutzend Fälle" bekanntgeworden; dies sei bei insgesamt 1800 Priestern ein "minimaler" Prozentsatz im Vergleich mit anderen Berufsgruppen, sagte Ruppi gegenüber einem Interview mit der süditalienischen Zeitung "La Gazzetta del Mezzogiorno".

Die süditalienischen Bischöfe hätten jeweils "sehr streng" eingegriffen. Die betreffenden Geistlichen seien in den Laienstand versetzt oder in Therapie geschickt worden. Dafür gebe es italienweit "drei oder vier" eigene Einrichtungen, so Ruppi. Einige Priester seien später wieder in den Dienst zurückgekehrt, andere hätten um ihre Entpflichtung gebeten.

Der Erzbischof erklärte, er habe sich "nie direkt mit Pädophilie befasst", sondern mehr mit allgemeinen Disziplinarverstößen. "Bei uns gibt es wenige gesicherte Fälle von Pädophilie und ziemlich viele Zweifelsfälle oder Gerüchte", sagte Ruppi.

Kurienerzbischof Rino Fisichella wies unterdessen den Vorwurf einer "Kultur des Schweigens" in der italienischen Kirchenleitung zurück. Bislang gebe es nur wenige bestätigte Fälle sexuellen Missbrauchs durch Priester; diese seien alle veröffentlicht worden, sagte Fisichella in einem Interview der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera". Wenn die italienischen Bischöfe sich gegenwärtig zu diesem Thema nicht äußerten, geschehe dies nicht, weil sie etwas verheimlichen wollten, sondern weil sie Zeit für eine genauere Beurteilung benötigten.

Die Tageszeitung "La Repubblica" hatte am Wochenende von teils in die 60er Jahre zurückreichenden Missbrauchsfällen in den Diözesen Bozen, Florenz, Ferrara und Rom berichtet. Am Mittwoch soll in Italien ein Buch zu dem Thema unter dem Titel "Il peccato nascosto" (Die geheime Sünde) erscheinen.

Radio Vatikan verteidigt Schweigen des Papstes

Der Leiter der deutschsprachigen Abteilung von Radio Vatikan, Pater Bernd Hagenkord, verteidigt das Schweigen des Papstes zu den Missbrauchsfällen im Erzbistum München. Benedikt XVI. sage dazu nichts, weil es "eine klare Stellungnahme" seines Sprechers Federico Lombardi zu diesem Fall gegeben habe, sagte Hagenkord am Montag dem Radiosender NDR Info.

Zudem sei es "eine Sache der Erzdiözese München und Freising, genau zu gucken, was ist damals schief gegangen". Der Heilige Vater könne "nicht wirklich in eine Münchner lokale Sache von oben herein regieren, deswegen schweigt er".

Am Freitag war bekannt geworden, dass in der Amtszeit Joseph Ratzingers als Erzbischof von München und Freising ein wegen Kindesmissbrauchs vorbelasteter Priester in der Gemeindearbeit der Diözese eingesetzt worden war. Dabei verging er sich erneut an Jugendlichen.

Der Vatikan bestritt am Wochenende jede Mitverantwortung des damaligen Erzbischofs und heutigen Papstes. Papst-Sprecher Lombardi erklärte in Rom, der damalige Münchner Erzbischof Kardinal Ratzinger habe "nichts zu tun" mit Entscheidungen, nach denen es zu Missbräuchen gekommen war.

Die Kirchen-Reformbewegung "Wir sind Kirche" zeigte sich enttäuscht über eine ausbleibende Erklärung des Papstes beim Angelus-Gebet am Sonntag in Rom zu den Missbrauchsfällen in Einrichtungen der katholischen Kirche. Viele kirchentreue Katholiken bedauerten es, dass Benedikt XVI. nicht einmal ein kleines Wort des Mitgefühls geäußert habe, sagte Vorstandsmitglied Christian Weisner in mehreren Zeitungsinterviews. Das Kirchenoberhaupt habe "das wahre Ausmaß der Verunsicherung nicht wahrgenommen".

(KNA/csr)
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