Koningsdag in Venlo / Niederlande Ein Schnäppchen für den König

Venlo · Auf dem Rommelmarkt in Venlo tummeln sich am Geburtstag des Königs Schnäppchenjäger und Schatzsucher - trotz Schmuddelwetter. Doch Kaufen ist eigentlich Nebensache, das Wichtigste ist der Spaß an der Freud'. Ein Besuch auf dem geselligsten Flohmarkt der Welt.

Im Parkhaus in der Venloer Innenstadt könnte man den Eindruck bekommen, Venlo gehört am Königstag den Deutschen. Die deutschen Autokennzeichen sind nämlich in der Überzahl. Menschen aus Wuppertal, Köln, Düsseldorf und sogar aus dem Main-Taunus-Kreis sind zum Feiertag in die niederländische Grenzstadt gekommen — vornehmlich zum Einkaufen. Die Geschäfte in der Einkaufsstraße haben geöffnet. Oranje und Feierlaune? Fehlanzeige. Dafür Nieselregen.

 Marianne (54) steht seit sechs Uhr morgens an ihrem Stand und verkauft auf dem Koningsmarkt.

Marianne (54) steht seit sechs Uhr morgens an ihrem Stand und verkauft auf dem Koningsmarkt.

Foto: heif

Immerhin die Bedienungen im Café Central am Marktplatz tragen alle orangfarbene Hütchen und haben sich die niederländische Flagge auf die Wange gemalt. Eine von ihnen erklärt, dass wegen des schlechten Wetters viele Feiern draußen abgesagt worden sind. Die Bühne auf dem Platz vor dem Café wird auch eher ab- als aufgebaut, so hat es den Anschein. Aber die Frau weiß auch, wo stattdessen etwas los ist in Venlo. Auf dem anderen Ufer der Maas im Stadtteil Blerick findet wie jedes Jahr zum Koningsdag ein großer Flohmarkt statt — oder "Rommelmarkt", wie ihn die Niederländer nennen. Überall im Land gibt es am Königstag diese Flohmärkte. Die Einnahmen sind steuerfrei. Seit der Krönung von König Willem-Alexander wird am 27. April, seinem Geburtstag, gefeiert.

 Am Feiertag verkaufen die Niederländer Trödel auf der Straße, ohne Steuern zu bezahlen.

Am Feiertag verkaufen die Niederländer Trödel auf der Straße, ohne Steuern zu bezahlen.

Foto: heif

In den Straßen rund um den Lambertusplein hängen orangene Girlanden. Hier treffen sich die Venloer zum "Koningsmarkt". Marianne und ihr Mann Jo haben sich strategisch günstig positioniert mit ihrem Stand. Sie stehen direkt an einer Straßenkreuzung. Für das wechselhafte Wetter haben sie sich gut präpariert. Einen Pavillion haben sie mitgebracht, die offenen Seiten werden durch Zeltplanen geschützt. Im Pavillion sitzen Marianne und ihre Freundin Elli auf Klappstühlen. Mariannes Mann Jo kocht Kaffee. Gerade hat er Wasser in einem Teekessel auf einer elektrischen Herdplatte aufgesetzt. Wer Camping-Erfahrung hat, ist klar im Vorteil. Als Verpflegung hat Marianne außerdem Bockwürstchen mit Brötchen, Kekse und allerhand Knabberzeug mitgebracht. Ketchup und Mayonnaise für die Wurst fehlen auch nicht.

Lange sitzen kann Marianne nicht. Immer wieder machen Leute an ihrem Stand halt und wollen etwas kaufen. "Wir haben alles mitgebracht, was wir nicht mehr gebrauchen können und was zu Hause nur rumsteht", sagt die 54-Jährige. Seit zwölf Jahren steht sie jedes Jahr am Königstag hier in Blerick und verkauft. "Doch dieses Jahr ist Schluss", sagt Jo. "Ich bin 62 Jahre alt." Das habe er vergangenes Jahr auch schon gesagt, erzählt seine Frau und lacht. Und heute stehen sie doch wieder hier.

"Ich mache das für die Geselligkeit. Ich habe einfach Spaß daran", sagt Marianne. Um sechs Uhr früh haben sie den Stand aufgebaut. Das Ehepaar wohnt eine viertel Stunde von Venlo entfernt. Unter den Sachen, die sie mitgebracht haben, sind alte Spielsachen ihrer Kinder, Videofilme und ein Kaffeeservice aus den 60er Jahren. Vor allem die aussortierte Kleidung ist ein Verkaufsschlager. Eine Frau kauft BHs, eine andere eine Vliesweste. Die Preise sind nicht nur klein, sondern winzig. Einen Euro verlangt Marianne für die Vliesweste. Für ein Puppenkleidchen nimmt sie 50 Cent. Doch ums Verkaufen geht es ihr nicht nur, sie unterhält sich gerne mit den Leuten, die an ihrem Stand vorbeikaufen.

"Am Ende des Tages haben wir vielleicht 70 Euro verdient", sagt Jo. In diesem Jahr sind nicht so viele Leute unterwegs, weil das Wetter schlecht ist. In anderen Stadtteilen in Venlo sind die Koningsmärkte sogar abgesagt worden, erzählt Mariannes Freundin Elli. Sie sitzt auf einem Camping-Stuhl im Pavillion. Elli ist in Straelen geboren, lebt aber seit 40 Jahren in Venlo. Sie trinkt Kaffee aus einer Plastiktasse und raucht, während sie auf ihre Schwester Helga wartet. Auch Elli hat morgens schon gut zugelangt. Für ihr jüngstes Enkelkind, ein dreiwochen altes Baby, hat sie einen pinken Strampler und ein rosafarbenes Röckchen gekauft.

Helga reist jedes Jahr nur für den "Koningsmarkt" aus Lübeck an. Sie ist begeistert von der Atmosphäre und den Schnäppchen, die sie machen kann. Für ihr Enkelkind hat sie eine Jeans gekauft. Ständig präsentiert sie neue Errungenschaften. Grünen Glasvasen oder Oberteile für ihre Schwester. Jo zieht die Frauen auf, weil sie ständig neue Sachen für ihre Enkel finden. Helga kauft später noch eine Puppe.

Als es sich zuzieht, muss Marianne schnell Plastikfolie über die Kleidung legen. "Niemand kauft nasse Sachen", sagt sie. Wie oft sie das an diesem Tag schon machen musste, hat sie nicht gezählt. Gefühlt regnet es alle halbe Stunde kurz aber kräftig. Danach scheint dann die Sonne. Bis fünf Uhr abends ist der Markt geöffnet. Solange wollen Jo und Marianne auch noch bleiben. Das schlechte Wetter macht ihnen nichts aus. "Man muss die Sonne selbst mitbringen", sagt Marianne und lacht.

(heif)
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