Mitarbeiter der Sicherheitsfirma Blackwater Vier Rambos müssen hinter Gitter

Bagdad · Sie waren der Albtraum für die Bewohner von Bagdad, ihre schwarzen Hubschrauber berüchtigt, die Sicherheitskonvois gefürchtet. Täglich fegten sie im Tiefflug über die irakische Hauptstadt. In der stets geöffneten Beisitzertür saß ein Mann in US-Militäruniform, das Maschinengewehr im Anschlag. Nicht selten machte er davon Gebrauch.

 Verurteilt: Blackwater-Sicherheitsleute (v.l.n.r.) Dustin Heard, Evan Liberty, Paul Slough, Nicholas Slatten.

Verurteilt: Blackwater-Sicherheitsleute (v.l.n.r.) Dustin Heard, Evan Liberty, Paul Slough, Nicholas Slatten.

Foto: ap

Das Unternehmen, für das Hunderte von Söldnern im Irak arbeiteten, wurde schnell für seine Brutalität berüchtigt. Man nannte sie Rambos. Im März 2004 wurden vier Blackwater-Mitarbeiter in Falludscha, einer der Hochburgen des irakischen Widerstands, getötet. Die Leichen hängte man an den Pfeilern der Brücke über den Euphrat auf. Blackwater war zum Hassobjekt geworden. Doch nicht Zurückhaltung war die Konsequenz, sondern brutale Willkür. Im September 2007 trieben es die Rambos auf die Spitze und schossen auf einer belebten Kreuzung in Bagdad wild um sich.

Jetzt erst, fast acht Jahre danach, wurden vier Mitarbeiter der Sicherheitsfirma zu hohen Haftstrafen verurteilt. Wie ein US-Bundesgericht in Washington am Montagabend bekannt gab, muss einer der vier Angeklagten wegen Mordes lebenslang ins Gefängnis, die übrigen drei Angeklagten wurden wegen Totschlags zu etwas mehr als 30 Jahren Knast verurteilt. Die Geschworenen des Gerichts hatten die vier ehemaligen Mitarbeiter bereits im Oktober schuldig gesprochen. Die Verurteilten legten allerdings Berufung gegen das Urteil ein. In dem nun endenden zweimonatigen Prozess hatte die Staatsanwaltschaft dargelegt, wie die Blackwater-Mitarbeiter am 16. September 2007 auf dem belebten Nisur-Platz in Bagdad mit Sturmgewehren, Maschinengewehren und Granatwerfern willkürlich in die Menge feuerten. Sie hatten einen Diplomatenkonvoi beschützen sollen.

Einer US-Untersuchung zufolge wurden binnen einer knappen Viertelstunde 14 Zivilisten getötet, irakische Ermittler sprechen von 17 Todesopfern. Weitere 18 Menschen wurden verletzt. Während des Prozesses plädierten die früheren Söldner auf nicht schuldig und machten Selbstverteidigung geltend. Sie hätten den Fahrer eines herannahenden Autos damals für einen Selbstmordattentäter gehalten. Für ihre Darstellung, andere hätten zuerst das Feuer eröffnet, gab es keine Beweise. Bundesrichter Royce Lamberth sagte, er habe die Aussagen zugunsten der Angeklagten durchaus berücksichtigt. "Es ist klar, dass diese jungen Männer einfach in Panik gerieten." Das könne das Gericht aber nicht hinnehmen.

Vor der Tat soll der des Mordes schuldig gesprochene Angeklagte zu Bekannten gesagt haben, er wolle "als Rache für den 11. September 2001 so viele Iraker töten, wie er kann". Angehörige der irakischen Opfer sagten vor Gericht aus. Fatimah al-Fadwi Kinani, deren neunjähriger Sohn damals starb, fragte: "Ich möchte nur wissen, warum sie meinen Sohn getötet haben." Das Blutbad in Bagdad hatte den US-Militäreinsatz im Irak weiter in Misskredit gebracht. Erstmals gingen die Amerikaner im Irak-Krieg dazu über, größere Teile des Militärdienstes auszulagern und an diverse private Dienstleister zu übertragen.

Das Wachpersonal im für die Folterfotos bekannt gewordenen Gefängnis Abu Ghraib oblag ebenso einem Militärdienstleister, wie die Versorgung auf den Stützpunkten und der Schutz der Flughäfen. Schon zu Beginn des Irak-Krieges 2003 geriet das 1997 gegründete Unternehmen Blackwater in die Schlagzeilen, weil es Großaufträge der US-Regierung ohne Ausschreibung erhielt.

Von Kampfhandlungen waren die Söldner allerdings ausgenommen. Blackwater war für den Schutz hochrangiger amerikanischer Militärs, Politiker und Diplomaten im Irak zuständig. Beobachter sind sich einig, dass deren Söldner einiges zur Eskalation der Situation im Land beigetragen haben. Sie schossen oft wild um sich, ohne Rücksicht auf Verluste. Der spektakulärste Zwischenfall war zweifelsohne der jetzt verhandelte vom September 2007. Danach entzogen die irakischen Behörden Blackwater die Lizenz und das Unternehmen benannte sich zunächst in Xe Services um und verlagerte seine Hauptaktivitäten nach Afghanistan.

Im Mai 2009 kündigte das US-Außenministerium den Vertrag mit den Söldnern zum Schutz seiner Diplomaten im Irak auf. 2011 wurde aus Xe Services Academi. Jetzt soll die Firma auch im Osten der Ukraine tätig sein. Dass ausgerechnet am Tag vor dem Besuch des irakischen Regierungschefs Haider al-Abadi in Washington die Rambos von Bagdad hinter Gitter geschickt wurden, ist sicherlich ein Zufall. Gewollt dagegen ist die Ankündigung des Pentagon, dass im Irak mittlerweile bis zu 30 Prozent des vom IS kontrollierten Territoriums zurückerobert sind. Was diese Erfolgsmeldungen wert sind, macht ein Blick zurück in die Militärpräsenz der USA im Irak deutlich. Nur wenige Wochen nach der Eroberung Bagdads verkündete der damalige US-Präsident George W. Bush am 1. Mai 2003 das Ende der Kampfhandlungen: "Mission Accomplished", stand auf einem Banner hinter seinem Rednerpult auf dem US-Kriegsschiff "Abraham Lincoln" Danach gingen die Kämpfe erst richtig los und dauern bis heute an.

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