Randale und Gewalt in England Premier Cameron droht mit Gegenschlag

London/Berlin (RPO). Die britische Polizei wird nach der Eskalation der Jugendkrawalle mit Gummigeschossen und Wasserwerfern aufgerüstet. Unterdessen arbeiten die Gerichte wie am Fließband Verfahren ab. In Birmingham gibt nach dem Tod dreier Muslime Ermittlungen wegen Mord. Premier Cameron wählte am Mittwoch harte Worte. Einige Teile der Gesellschaft seien "schlicht und einfach krank".

 Will energisch gegen die Krawalle vorgehen: David Cameron.

Will energisch gegen die Krawalle vorgehen: David Cameron.

Foto: EPA, dpa

Premierminister David Cameron versicherte am Mittwoch nach einer Sitzung des Krisenkabinetts, die Sicherheitskräfte würden alles erhalten, was sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigten. "Wir mussten den Kampf aufnehmen, und der Kampf ist im Gange." Von der Eskalation der Gewalt waren vor allem Birmingham, Liverpool und Manchester betroffen. In London, wo die Krawalle am Wochenende begonnen hatten, blieb es nach einer massiven Aufstockung der Einsatzkräfte auf 16.000 Polizisten dagegen weitgehend ruhig.

Cameron droht mit Wasserwefern

Der britische Premier drohte am Mittwoch erstmals mit dem Einsatz von Wasserwerfern und sagte, der "Gegenschlag" sei bereits im Gange. Während es in London in der Nacht zum Mittwoch erstmals relativ ruhig blieb, weiteten sich die Krawalle auf andere englische Städte wie Birmingham und Manchester aus.

"Wir brauchten einen Gegenschlag, und jetzt ist ein Gegenschlag im Gange", sagte Cameron nach einem Treffen mit Sicherheitsvertretern in der Londoner Downing Street. Er werde nicht zulassen, dass sich auf britischen Straßen eine "Kultur der Angst" breitmache. Die Regierung erlaubte den Einsatz von Wasserwerfern, die bislang nur bei den Unruhen in Nordirland zum Einsatz kamen. Es gebe neue Notfallpläne, nach denen Wasserwerfer innerhalb von 24 Stunden einsatzbereit seien, sagte Cameron. Auch Gummigeschosse seien erlaubt.

Streit über die Gründe der Krawalle

Unterdessen entbrannte ein innenpolitischer Streit über die Gründe der Krawalle, der am Donnerstag auch die Debatte des aus den Sommerferien geholten Unterhauses prägen dürfte. Cameron machte Kriminelle für die Unruhen verantwortlich und ging nicht auf die schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen in den Stadtvierteln ein, die von Kommunalpolitikern als Ursache der Krawalle genannt wurden. "Es gibt Teile unserer Gesellschaft, die nicht zerbrochen, sondern schlicht und einfach krank sind", sagte Cameron, der im Wahlkampf versprochen hatte, die Reparatur des "zerbrochenen Großbritanniens" zum Markenzeichen seiner Regierung zu machen.

Mordvorwürfe nach dem Tod dreier Muslime

Während es in London dank der massiven Präsenz der auf 16.000 Beamte verstärkten Polizei in der Nacht zum Mittwoch relativ ruhig blieb, griffen die Krawalle auf viele andere englische Städte über. Vor allem Birmingham, Liverpool und Manchester erlebten schwerste Ausschreitungen plündernder und brandschatzender junger Leute, die der Polizei stundenlange Straßenschlachten lieferten.

In Birmingham wurden drei Männer von einem Auto überfahren und tödlich verletzt. Die Zuwanderer aus Asien wollten nach Aussagen eines Freundes im Anschluss an das Abendgebet zum Fastenmonat Ramadan ihr Wohngebiet vor Plünderern schützen. "Das Auto hat einen Schlenker direkt auf sie zu gemacht. Es war ein kaltblütiger Mord", sagte der Augenzeuge dem BBC-Hörfunk.

Gerichte urteilen wie am Fließband

Seit Beginn der Ausschreitungen wurden an die 1000 Menschen festgenommen. Allein in London waren es nach Angaben der Polizei 770 Personen, darunter ein elf Jahre altes Kind. Gerichte verhandelten bis in die Nacht wie am Fließband gegen Angeklagte aus allen Bevölkerungsgruppen. Unter ihnen war auch ein 31-jähriger Grundschullehrer, der sich des Einbruchs schuldig bekannte.

Minister schließt Krawalle in Deutschland aus

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich schließt Krawalle wie in Großbritannien in Deutschland nach eigenen Worten derzeit aus. Hierzulande gebe es einen Konsens darüber, dass Gewalt gegen unbeteiligte Menschen kein Mittel zur Durchsetzung der eigenen Interessen sei, sagte der CSU-Politiker der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Ähnlich äußerte sich der Berliner Innensenator Ehrhart Körting: "Ich sehe nicht, dass wir eine explosive Mischung in der Bundesrepublik Deutschland haben", sagte der SPD-Politiker Reuters TV. Widerspruch kam dagegen von der Deutschen Polizeigewerkschaft, die nach eigenem Bekunden Krawalle wie in Großbritannien für möglich hält. Von einem gesellschaftlichen Konsens gegen Gewalt könne keine Rede sein, sagte Gewerkschaftschef Rainer Wendt Reuters TV.

(RTR/sdr)
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