Während der Pfingstmesse Papst Franziskus führte angeblich Exorzismus durch

Düsseldorf · Was die meisten nur aus Hollywood-Filmen kennen, hat in der katholischen Kirche einen festen Platz: die Teufelsaustreibung. Der Vatikan bietet sogar entsprechende Kurse an. Nun führte womöglich Papst Franziskus einen Exorzismus durch.

 In der Pfingstmesse soll Papst Franziskus einen Exorzismus durchgeführt haben.

In der Pfingstmesse soll Papst Franziskus einen Exorzismus durchgeführt haben.

Foto: ap, ALT AP

Papst Franziskus legte seine Hände auf den Kopf eines jungen Mannes. Dieser keuchte mehrmals heftig, schüttelte sich und sank dann in seinem Rollstuhl zusammen, während das Kirchenoberhaupt über ihm betete. Führte der Papst bei der Pfingstmesse eine Teufelsaustreibung durch? Darüber diskutieren seit Sonntag Medien und Theologen.

Der TV-Sender der italienischen Bischofskonferenz zog nach eigenen Angaben Exorzisten zu Rate: Diese hätten "keine Zweifel", dass Franziskus entweder einen Exorzismus durchgeführt oder ein Gebet gesprochen habe, um den Mann von Dämonen zu befreien, hieß es.

Der Vatikan war am Dienstag zurückhaltender. In einer Stellungnahme hieß es, Franziskus "hatte nicht die Absicht, einen Exorzismus auszuführen. Stattdessen wollte er nur für einen leidenden Menschen beten, der ihm vorgestellt wurde, wie er es oft tut."

Die Spekulationen werden angeheizt durch die häufige Erwähnung des Teufels in den Predigten von Papst Franziskus. Hinzu kommt eine offensichtlich steigende Nachfrage nach dem katholischen Voodoo bei Gläubigen, die sich auch von gruseligen Hollywood-Szenen nicht abschrecken lassen. So zeigte etwa der Kultklassiker "Der Exorzist" 1973, wie ein vom Teufel besessenes Mädchen grünen Schleim spuckt und mit dem Kopf rollt.

"Wer nicht zum Herrn betet, betet zum Teufel"

Bei seiner ersten Predigt als Papst am 14. März warnte Franziskus die versammelten Kardinäle am Tag nach seiner Wahl, "wer nicht zum Herrn betet, betet zum Teufel". Seitdem erwähnte er den Teufel bei einigen Gelegenheiten, zuletzt in einer Predigt am 4. Mai in der Kapelle des Vatikan-Hotels, in der er betonte, Dialog sei notwendig, nur nicht mit dem Satan: "Mit dem Fürsten der Welt kann es keinen Dialog geben. Nie."

Nach Ansicht von Experten ist die häufige Beschwörung Satans durch Papst Franziskus eine Reflexion der jesuitischen Spiritualität des katholischen Kirchenoberhaupts, seiner lateinamerikanischen Wurzeln und einer von der Säkularisierung geschwächten katholischen Kirche.

"Der Einfluss des Teufels und seine Präsenz in der Welt scheint umgekehrt proportional zur Präsenz des christlichen Glaubens zu schwanken", sagt Robert Gahl, Theologe an der Päpstlichen Universität vom Heiligen Kreuz in Rom. "Also ist eine Zunahme seiner bösartigen Aktivität zu erwarten als Folge von Dechristianisierung und Säkulisierung" der Welt und ein Anstieg von Drogenkonsum, Pornographie und Aberglaube.

In den vergangenen Jahren veranstalteten die päpstlichen Universitäten in Rom einige Kurse für angehende Exorzisten über das Ritual, das 1998 aktualisiert wurde und in einem roten, ledergebundenen Büchlein vermerkt ist. Der verhältnismäßig kurze Ritus besteht aus Segnungen mit Weihwasser, Gebeten und einer Befragung des Teufels. Darin erfragt der Exorzist seinen Namen und wann er den besessenen Menschen verlassen wird.

"Für mich war das ein Schock"

Nur ein von einem Bischof autorisierter Priester kann eine solche Teufelsaustreibung durchführen, und das Kirchenrecht legt fest, dass der Exorzist "fromm, wissend, umsichtig und rechtschaffen" sein muss.
Umsicht ist nach Ansicht des Heiligen Stuhles vor allem wichtig bei der Diagnose, ob der Betroffene nur psychisch krank oder tatsächlich vom Teufel besessen ist.

Nach Einschätzung des römischen Theologen Giulio Maspero, der mehr als ein Dutzend Exorzismen miterlebt hat, war das Gebet des Papstes am Sonntag entweder ein vollständiger Exorzismus oder ein Gebet zur "Befreiung" des jungen Mannes von Dämonen.

Der Papst habe seine Hände auf dem Kopf des Mannes in für Exorzisten "typischer Position" plaziert, betonte Maspero. "Wenn Sie so etwas erleben - für mich war das ein Schock - ich konnte die Macht des Gebetes fühlen", sagte er in einem Telefoninterview.

Vor allem die Tatsache, dass die angebliche Teufelsaustreibung an Pfingsten stattfand, wenn Jesu Apostel vom Heiligen Geist erfüllt werden, hat für Maspero Symbolkraft. "Der Heilige Geist ist mit dem Exorzismus verbunden, weil er sichtbar macht, wie Gott unter uns und in unserer Welt präsent ist", betonte er.

Auch Vatikansprecher Federico Lombardi dementierte die angebliche Teufelsaustreibung nicht komplett: Er sagte nur, Papst Franziskus habe einen Exorzismus nicht beabsichtigt. Nach italienischen Zeitungsberichten führte Papst Johannes Paul II. im Jahr 1982 einen Exorzismus durch - nicht weit von der Stelle, an der Papst Franziskus am Pfingstsonntag bei dem jungen Mann betete.

(ap/csr/jco)
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