Besuch in Südamerika Papst distanziert sich von Linkspopulisten

Quito · Franziskus fordert in Ecuador den Dialog aller Gesellschaftsschichten und stellt sich an die Seite der unterdrückten Oppositionsgruppen.

Papst Franziskus zu Besuch in Südamerika
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Drei Tage hat Papst Franziskus in Ecuador verbracht, nun stehen Bolivien und Paraguay auf seinem Reiseprogramm. In Ecuador hielt er fünf Ansprachen, mehr als zwei Millionen Menschen jubelten ihm zu und wurden Zeugen der neuen politisch-religiösen Konstellation, die der erste lateinamerikanische Papst mit sich bringt.

Lange hatte Franziskus geschwiegen: zu den Verhaftungen von Regimekritikern in Kuba, zu den tödlichen Kugeln gegen oppositionelle Studenten in Venezuela und zu den Drohungen gegen die regierungskritische Presse in Ecuador. Vielen erschien die inhaltliche Nähe des Papstes zu den lateinamerikanischen Linkspopulisten fast schon ein bisschen unheimlich. Dabei ist es eher die durchaus erfolgreiche Armutsbekämpfung in einigen Ländern, die es dem Papst angetan hat.

Doch nun hat sich der Argentinier bei seiner Reise erstmals von den bisweilen selbstverliebt auftretenden Herrschern aus Venezuela, Ecuador, Kuba und Venezuela distanziert. "Autoritären Tendenzen" und "Anführerschaften mit Alleinvertretungsanspruch" zeigte der Papst die Gelbe Karte. Havanna wird das mit Interesse zur Kenntnis nehmen. Für die bürgerliche Opposition ist das ein wichtiges Signal, das durchaus auch wie eine Schutzfunktion wirken kann. Sie kann sich künftig auf diese Forderung berufen, wenn der Papst wieder im fernen Rom ist.

Auch Ecuadors Präsident Rafael Correa sieht sich gerne als Vorkämpfer seiner Bürgerrevolution und einer wahren Demokratie. Der Wirtschaftswissenschaftler, Linkskatholik und Populist hat allerdings seine ganz eigenen Vorstellungen davon, was eine Demokratie ist. Im Zweifelsfall entscheidet er das gleich selbst. Und das bekommen Umweltschützer und Vertreter indigener Gruppen, die das sorgsam inszenierte Bild eines Vorkämpfers für eine neue Umweltpolitik in Zweifel ziehen, am eigenen Leib zu spüren. Correa lässt auf Kosten der indigenen Dörfer im hochsensiblen Ökosystem und Naturschutzpark Yasuni die Erdölexploration vorantreiben - zur Armutsbekämpfung, wie Correa beteuert. Regierungskritische Journalisten werden eingeschüchtert, öffentlich beleidigt und bedroht.

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Foto: dpa/Alessandra Tarantino

Der Fall Ecuador ist kein Einzelfall in Lateinamerika. In Venezuela werden Oppositionspolitiker ins Gefängnis gesteckt und demonstrierende Studenten erschossen. Regierungspolitiker dürfen ungestraft zur Jagd auf "anti-venezolanische Kräfte" aufrufen. In Kuba ist die Opposition ganz verboten. Franziskus fordert nun, ein Dialog müsse mit allen Kräften einer Gesellschaft geführt, niemand dürfe ausgeschlossen werden. In den bisweilen unter harten Repressionen leidenden Oppositionsgruppen Lateinamerikas wird das gut ankommen.

In Ecuadors Presselandschaft fand die Mahnung ein breites Echo, auch in Venezuela griffen Medien das Thema auf. Dem Papst ist es damit gelungen, sich von dem allzu auffälligen Vereinnahmungsversuch der linkspopulistischen Präsidenten zu distanzieren.

Rafael Correa, der sich deutlich zur Umwelt-Enzyklika des Papstes bekannte und dessen Schulterschluss suchte, muss sich nun an diesen Worten messen lassen.

(RP)
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