Emotionale Video-Botschaft Oma Gertrude warnt vor Österreichs Rechtspopulisten

Wien · Mit ernsten Worten richtet sich eine alte Dame aus Wien an das österreichische Volk: In dem Video, das inzwischen millionenfach angesehen wurde, spricht sie über den Wahlkampf um das Präsidentenamt, der sie an das Jahr 1933 erinnert.

"Die Beleidigung anderer, das Runtermachen, das Schlechtmachen - das stört mich am allermeisten". Oma Gertrude wählt ihre Worte mit Bedacht, sie bleibt sachlich, ihr Blick eindringlich. Denn in dem knapp fünf Minuten langen Video richtet sie eine emotionale Botschaft an die Wähler Österreichs. Vor dem Urnengang will sie davor warnen, den Rechtspopulisten der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) die Stimme zu geben.

Die Ansichten der rechten Politiker ihres Landes, ihre Aggressivität, selbst ihre Wortwahl — all das erinnere die 89-Jährige an das schlimmste Kapitel ihres Lebens: "Das Niedrigste aus dem Volk herausholen, nicht das Anständige. Das war schon einmal der Fall." Gertrude, deren Nachname im Video nicht genannt wird, wurde laut Video-Abspann im Alter von 16 Jahren mit ihren Eltern und zwei Brüdern nach Auschwitz deportiert. Ihre gesamte Familie wurde dort umgebracht. Sie überlebte als Einzige.

Sie warnt vor den Ankündigungen der FPÖ, etwa von Politiker Heinz-Christian Strache, der von einem bevorstehenden Bürgerkrieg spricht. Als Siebenjährige habe sie selbst einen Bürgerkrieg erlebt. "Da habe ich meine ersten Toten gesehen", sagt sie. "Leider nicht die letzten. Und dann sagt ein Politiker, ein Bürgerkrieg sei möglich. Das geht nicht!"

Für die Rentnerin ist vor allem Österreichs Jugend die letzte Hoffnung darauf, dass sich das Grauen der Vergangenheit nicht wiederholt. "Für mich ist es wahrscheinlich die letzte Wahl", sagt sie. "Aber die Jungen haben noch ihr ganzes Leben vor sich. Und sie müssen schauen, dass es ihnen ihr ganzes Leben lang gut geht. Und das können sie nur wenn sie vernünftig wählen."

Am 4. Dezember wählt Österreich einen neuen Präsidenten. FPÖ-Kandidat Norbert Hofer liegt laut mehrerer Umfragen derzeit vor dem Gründen Alexander Van der Bellen. Dieser hatte das Video auf Facebook hochgeladen. Die Seniorin habe sich eigenständig gemeldet und gebeten, über ein Video ihren Appell an das Volk richten zu dürfen — mit Erfolg. Allein auf Facebook haben bereits mehr als drei Millionen Menschen ihre Worte gehört.

(mro)
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