Auswertung der Allianz-Versicherung Nirgendwo gehen so viele Schiffe verloren wie in Südostasien

München · Das Risiko eines Schiffsunglücks ist weltweit unterschiedlich hoch: Laut einer Studie sind die asiatischen Gewässer deutlich gefährlicher als die Nordsee oder der Atlantik. Aber auch im östlichen Mittelmeer gehen viele Schiffe verloren.

Aus Sicht der Statistiker war die Havarie der "Modern Express" im vergangenen Jahr ein eher ungewöhnlicher Fall. Der Frachter geriet an einem Dienstag in Seenot — und das an der Nordwestspitze Spaniens. Die meisten Unglücke wurden 2016 dagegen in anderen Regionen der Welt registriert und zwar an einem Freitag, wie die Allianz-Spezialversicherungsgesellschaft AGCS am Dienstag mitteilte.

Nach Angaben des Unternehmens ist die Schifffahrt so sicher wie noch nie: Zwar gingen im vergangenen Jahr weltweit 85 Fracht- und Passagierschiffe verloren, berichtete die Allianz-Tochtergesellschaft Global Corporate & Specialty. Aber das seien 16 Prozent weniger als im Vorjahr und auch nur noch halb so viele Schiffe wie noch vor zehn Jahren, sagte eine Unternehmenssprecherin.

In der Mehrzahl der Fälle sind die Schiffe gesunken, oft bei schwerer See. Sie können aber auch ausgebrannt oder nach einer Havarie so stark beschädigt sein, dass sie verschrottet werden müssen. Die Untersuchung der AGCS bezieht sich auf größere Schiffe mit mehr als 100 Bruttoregistertonnen.

"Immer wieder tragische Unglücke"

Es ist aber nicht überall für Seeleute und Passagiere sicherer geworden: Die meisten Schiffe seien wie in den Vorjahren in der Region Südchina / Südostasien verloren gegangen, erklärte die AGCS-Sprecherin. Mit 23 seien es fast doppelt so viele gewesen wie im östlichen Mittelmeer und im Schwarzen Meer (12). Vor der Küste Chinas verharre die Zahl der Totalschäden damit auf einem gleichbleibend hohen Niveau.

Die Unternehmenssprecherin nannte dafür mehrere Gründe, unter anderem den starken Schiffsverkehr in der Region: Ein Drittel des Welthandels passiere Routen über das Südchinesische Meer, sagte sie. Hinzu komme die Gefahr durch extremes Wetter wie Taifune.

Vor allem aber bemängelte die AGCS-Sprecherin, dass die Reedereien in der Region zu wenig auf die Sicherheit achteten. Insbesondere Passagierfähren würden unzureichend gewartet und überladen, "obwohl es immer wieder tragische Unglücke gab". Menschliches Versagen sei am häufigsten für einen Schaden verantwortlich. Die Schiffseigner müssten Inspektions- und Wartungsvorschriften konsequent umsetzen.

Einige Ergebnisse des AGCS-Berichts im Überblick

  • 2016 wurden auch insgesamt weniger Schiffsunglücke registriert als im Jahr zuvor. In 2611 Fällen (minus 4 Prozent) konnte der Schaden repariert werden. 85 Mal wurde dagegen ein Totalverlust gemeldet (minus 16 Prozent).
  • Die Zahl der Totalverluste sank seit 2007 von 171 auf 85.
  • 30 Frachtschiffe hatten einen Totalschaden. Das entspricht einem Drittel aller Schiffsverluste im vergangenen Jahr. Außerdem gingen 9 Fischerboote und 8 Passagierfähren verloren.
  • Die meisten Verluste wurden in der Region Südchina, Indochina, Indonesien und Philippinen (23) gezählt. Danach folgen Östliches Mittelmeer / Schwarzes Meer (12), die Gewässer vor Japan, Korea und Nordchina (11) sowie die Region Nordsee / Nordatlantik (7).
  • Mehr als 40 Schiffe sanken. Ein Untergang war damit die häufigste Ursache für einen Totalschaden (mehr als 50 Prozent). Ein Maschinenschaden betraf ein Drittel der Schiffsunglücke.
  • Der Samstag war 2016 wieder der sicherste Tag in der Schifffahrt — wie schon 2015. Am unsichersten war der Freitag. 2015 war es noch der Donnerstag gewesen.
(wer/dpa)
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