Katastrophe in Nepal Wissenschaftler fanden vor dem Beben ein tödliches Muster

Düsseldorf/Kathmandu · Dass es in Nepal eines Tages ein schweres Erdbeben geben würde, war Experten immer bewusst. Doch was ein Forscherteam nun zwei Wochen vor der Katastrophe beobachtet haben will, klingt erstaunlich. Demnach folgte das Beben einem 700 Jahre alten historischen Muster.

Schon seit Jahrzehnten warnen Fachleute vor einem schweren Erdbeben in Nepal. Das Land liegt auf einer Nahtstelle der eurasischen und indischen Kontinentalplatten. Die sind kontinuierlich in Bewegung. Meist nur wenige Zentimeter im Jahr. Durch die Verschiebungen bauen sich Spannungen auf, die sich abrupt entladen können. So geschah es am Samstag, als sich der Boden plötzlich nicht um Zentimeter, sondern gleich drei Meter verschob, wie ein Experte bei CNN erläuterte.

"Wir wussten, dass die Katastrophe kommen könnte", schreibt der Wissenschaftler vom "Earth Institute" der Columbia University. Schon lange würden Geophysiker beobachten, wie sich die indische Kontinentalplatte unter die eurasische schiebt. Entstanden ist daraus der Himalaya. Erdbeben auf der Linie von Pakistan bis Burma sind eine zwangsläufige Begleiterscheinung. "Das Beben von Samstag war weder ungewöhnlich noch unerwartet, auch wenn es größer war", bilanziert der Wissenschaftler.

Eine Art Dominoeffekt

Als ungewöhnlich gilt allerdings die Verbindung zu Ereignissen der Vergangenheit. Schon 1934 erschütterten gewaltige Erdstöße östlich der Hauptstadt das Land, Tausende Menschen starben. Die Stärke übertraf mit 8,3 auf der Richterskala noch die des Bebens vom Samstag, das Geologen bei 7,8 einstuften. Zwischen den beiden Beben lagen 81 Jahre, den Menschen gelang es, wegen der langen Ruhephase die Gefahren zu verdrängen.

Wie nun ein Forscherteam um den Franzosen Laurent Bollinger auf BBC berichtet, handelte es sich dabei wahrscheinlich um eine Art Dominoeffekt. Schon 1344 habe es in der Region um Kathmandu ein großes Beben gegeben und auch damals 89 Jahre nach einem Erdbeben östlich der Hauptstadt. Zu diesem Schluss kam das Team bei Untersuchungen eines Grabens im Süden Nepals. Ihre Analysen zeigten, dass sich durch das erste Beben eine Spannung aufgebaut hatte, die sich dann neun Jahrzehnte später in der Region Kathmandu entlud.

Das Beben traf Nepal unvorbereitet

"Wir konnten sehen, dass Kathmandu jetzt besonders gefährdet war durch Beben entlang der Hauptspalte, wie es sich wahrscheinlich auch schon 1344 so abgespielt hatte", erläuterte ein Kollege Bollingers gegenüber BBC. Ihre besorgten Schlussfolgerungen stellten die Wissenschaftler vor zwei Wochen auf einer Tagung der Nepal Geological Society vor. Dass sie sich nur wenige Tage später bewahrheiten sollten, war allerdings nicht abzusehen.

Freilich waren Staat und Behörden schon vor Bollingers Entdeckung bewusst, dass eine Katastrophe jederzeit wieder würde geschehen können. Dennoch versäumte es das Land entsprechende Vorbereitungen zu treffen. Zum einen, weil dem bitterarmen Land dazu die Mittel fehlten. Zum anderen weil die Behörden in Nepal kaum die Kraft hat, Anordnungen auch durchzusetzen.

Erdbeben in Nepal: Mount-Everest-Basislager verschüttet
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Erdbeben in Nepal: Mount-Everest-Basislager verschüttet

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Foto: afp, ras/fk

So wucherte insbesondere in Kathmandu der wilde und unkontrollierte Bau von Billighäusern, traditionell aus leichtem Backstein auf instabilem Untergrund errichtet. Die Behörden gelten als korrupt, Bauvorschriften sind oftmals nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben sind.

Entsprechend unzureichend stellt sich nach der Katastrophe das Management der Regierung dar. Noch am Dienstag räumte der Premier des Landes ein, die Hilfe laufe nicht so an wie vorgesehen.

Acht Millionen Menschen betroffen

Zusätzlich erschweren seit Sonntagabend starke Regenfälle die Arbeiten. Es sei derzeit nur eingeschränkt möglich, die dringend benötigten Güter über den ebenfalls zerstörten Flughafen in Kathmandu einzufliegen, berichtete Ingo Radtke, Generalsekretär von Malteser International.

Wie groß das Ausmaß der Katastrophe ist, lasse sich zur Zeit nur schwer absehen, berichten die Organisationen mit Kontakt in die Erdbebenregion. "Die Opferzahlen werden noch stark nach oben korrigiert werden müssen, wenn erst die ländlichen Gebiete erreicht werden", berichtete Margit Eggemann, Vorsitzende von Himalaya Friends. Viele betroffene Dörfer seien so entlegen, dass es drei bis vier Tage dauern werde, sie zu erreichen.

Bei dem Erdbeben am Samstag starben nach offiziellen Angaben allein in Nepal mindestens 4300 Menschen. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind rund acht Millionen Menschen von den Auswirkungen betroffen. Mehr als 1,4 Millionen Menschen seien auf Lebensmittelhilfen angewiesen. Viele Menschen bräuchten aber auch Wasser oder hätten ihr Obdach verloren.

These are desperate times but we must all unite together in times like these. Here are the footages I took today of the aftermath of the 7.9 earthquake that hit us yesterday. Out of respect to the victims family, I did not take footages of live rescues taking place. We not only lost many lives and homes but we lost many pieces of our cultural heritage, our history. These are the footages of all the ancient cultural heritage sites that were destroyed during the earthquake.

Mit Material von dpa und AFP

(pst)
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