"Ich hatte eine schizophrene Phase" Mandela-Feier: Jetzt spricht der Gebärdensprachdolmetscher

Johannisburg · Er hat für jede Menge Kopfschütteln gesorgt: der Gebärdensprachdolmetscher auf der Trauerfeier für Südafrikas Nationalhelden Nelson Mandela. Südafrikas führende Gehörlosenorganisation DeafSA nannte ihn sogar einen Hochstapler. Nun verteidigt sich der Mann in einem Interview. Er sagt: "Ich hatte eine schizophrene Phase."

Der Gebärdensprachdolmetscher bei Nelson Mandelas Trauerfeier
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Er stand nur wenige Schritte entfernt neben Südafrikas Präsident Jacob Zuma oder auch US-Präsident Barack Obama auf der Tribüne, als diese ihre Reden auf der Mandela-Trauerfeier hielten. Der Mann im Anzug trug einen offiziellen Teilnehmerpass der Feier und übertrug die Reden auf den ersten Blick in Gebärdensprache.

Doch Gehörlose, die die Veranstaltung etwa vor dem Fernseher verfolgten, konnten nicht verstehen, was denn die Mächtigen der Welt nun sagten. Denn die Übersetzung des Mannes, so sagten Experten, hätten keinerlei Bedeutung gehabt. Südafrikas Gehörlosenorganisation DeafSA nannte ihn sogar einen Hochstapler und sprach von einer "Verhöhnung der Sprache".

Plötzlich die Konzentration verloren

Nach der Aufregung hatte Südafrikas Regierung erklärt, dass man der Sache nachgegangen sei, aber keine Erkenntnisse habe gewinnen können. Die südafrikanische Zeitung "Johannisburg Star" war da erfolgreicher. Sie fand den Mann in seinem Haus in Bramfischerville und identifizierte ihn als den 34-jährigen Thamsanqa Jantjie. Im Gespräch mit der Zeitung erklärt er, wie es zu seiner falschen Übersetzung kam.

In dem Moment, als er oben auf der Tribüne stand, habe er eine schizophrene Phase gehabt, erklärt er. Gegen seine Schizophrenie bekomme er auch Medikamente. Er wisse nicht, ob es die Bedeutung seiner Aufgabe gewesen sei oder das Glück, dass er den ganzen Tag über verspürt habe, die schizophrene Phase bei ihm ausgelöst habe.

Plötzlich, so berichtet er der Zeitung weiter, habe er die Konzentration verloren und begann zu halluzinieren und Stimmen zu hören. Dann sei alles bergab gegangen und er habe einfach Zeichen gemacht, die keinen Sinn gehabt hätten. "Ich konnte nichts tun. Ich war allein in einer sehr gefährlichen Situation", zitiert ihn der "Johannisburg Star". "Ich habe versucht, mich zu kontrollieren und der Welt nicht zu zeigen, was da gerade passiert. Es tut mir sehr leid, aber das war die Situation, in der ich mich befand."

"Die Krankheit ist unfair"

Er führte fort, dass die Stimmen, die er hörte, und die Dinge, die er sah, ihn derart beeinträchtigt hätten, dass er nicht mehr übersetzen konnte. Aber habe nicht einfach gehen können, und so habe er einfach weitergemacht — mit sinnlosen Gesten. "Das Leben ist unfair", fügt er hinzu. "Die Krankheit ist unfair. Jeder, der diese Krankheit nicht versteht, würde denken, ich hätte mir das einfach nur ausgedacht."

Laut dem "Johannisburg Star" habe Thamsanqa Jantjie in seinem Haus viele Bilder, die ihn neben bekannten Personen zeigten, unter anderem Zuma. Er habe sich sehr geehrt gefühlt, sagt der Mann, als ihm die Firma SA Interpreters, für die er arbeite, von dem Auftrag erzählt habe. Er habe 850 Rand für den Job bekommen. Eine Anfrage bei der Firma des Mannes, so schreibt die Zeitung übrigens auch, sei unbeantwortet geblieben, auch wenn man versprochen habe, sich zurückzumelden.

(das)
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