Mutter Teresa von Kalkutta Vor 20 Jahren starb die umstrittene Heilige

Rom · Für viele war sie schon zu Lebzeiten eine Heilige, andere hegten Zweifel an ihrer Frömmigkeit. Heute vor 20 Jahren starb die berühmte Ordensgründerin.

 Mutter Teresa erhielt 1979 den Friedensnobelpreis.

Mutter Teresa erhielt 1979 den Friedensnobelpreis.

Foto: dpa

Für Papst Franziskus war sie eine "unermüdliche Arbeiterin der Barmherzigkeit". Und tatsächlich hat, wer an Mutter Teresa denkt, hat ein bestimmtes Bild vor Augen: eine kleine, gebückte Frau in weißblauem Gewand, die Hände gefaltet, das Gesicht zerfurcht.

Viele Menschen hatten den "Engel von Kalkutta" schon zu Lebzeiten wie eine Heilige verehrt. Vor einem Jahr - am 4. September 2016 - wurde die berühmte Missionsschwester dann tatsächlich heiliggesprochen, 19 Jahre nach ihrem Tod. Der Papst leitete den Festakt auf dem Petersplatz in Rom, der weltweit von 120 Sendeanstalten übertragen wurde.

Mutter Teresa wurde am 26. August 1910 als Agnes Gonxha Bojaxhiu in Skopje im heutigen Mazedonien geboren. Schon mit 18 Jahren ging sie als Missionsschwester nach Indien und arbeitete dort als Lehrerin. Täglich begegneten ihr in Kalkutta Bettler, ausgemergelte und kranke Menschen. Eine "Damaskus-Stunde" änderte ihre Laufbahn. "Gott rief mich", sagte sie später. Bewegt vom Elend in den Slums von Kalkutta verließ sie 1948 ihr Kloster und gründete eine Ordensgemeinschaft.

Die "Missionarinnen der Nächstenliebe" widmeten sich den Ärmsten, den Findelkindern und den Sterbenden auf der Straße. Immer mehr junge Frauen, zunächst in Indien und später auf allen Kontinenten, schlossen sich ihrem Orden an. 1979 wurde Mutter Teresa mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Dennoch war ihre Frömmigkeit offenbar nicht unerschütterlich, wie private Notizen und vertrauliche Briefwechsel offenbarten, die erst 2007 veröffentlicht wurden. Ein ganzes Jahrzehnt lang durchlitt die Ordensfrau demnach quälende seelische Einsamkeit und schmerzhafte Zweifel an ihrer Mission.

2013 veröffentlichten dann deutsche Medien wie die "Zeit", die "Süddeutsche Zeitung" oder die "Welt" kritische Berichte. Anlass war eine Studie zum Leben der berühmten Missionsschwester. Drei kanadische Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, in den Armenhäusern des Ordens hätten schlechte hygienische Zustände geherrscht.

Sterbenden seien teilweise Schmerzmittel verweigert worden. Mutter Teresa sei sogar "alles andere als eine Heilige", bilanzierte der Leiter der Studie, der Psychologieprofessor Serge Larivee von der Universität Montreal.

Dennoch: Bei ihrem Tod am 5. September 1997 im Alter von 87 Jahren war die Trauer weltweit groß. Papst Johannes Paul II. (1978-2005) nannte sie "ein Geschenk an die Kirche und an die Welt". Bereits sechs Jahre später, am 19. Oktober 2003, sprach er Mutter Teresa selig.

Am Tag vor ihrem 19. Todestag gelangte sie 2016 dann zu höchsten Kirchenehren. Mutter Teresa wurde eine von mehr als 6.600 Heiligen der römisch-katholischen Kirche. Im Dezember 2015 hatte Papst Franziskus die wissenschaftlich nicht erklärbare Heilung eines Brasilianers, der an einem bösartigen Hirntumor litt, als zweites Wunder auf Fürsprache von Mutter Teresa anerkannt - eine notwendige kirchenrechtliche Voraussetzung.

(veke)
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