Polizei will Demonstranten aushungern Mehr als 1000 Schulen in Brasilien besetzt

Rio de Janeiro · Die Proteste gegen Ausgabenkürzungen für Schulen und eine umstrittene Bildungsreform in Brasilien weiten sich aus. Landesweit sind brasilianischen Medienberichten zufolge mehr als 1000 Schulen und gut 130 Universitäten besetzt.

 Viele Brasilianer protestieren gegen die Verfassungsänderung, die eine Kürzung des Gesundheits- und Bildungsbudgets zur Folge haben soll.

Viele Brasilianer protestieren gegen die Verfassungsänderung, die eine Kürzung des Gesundheits- und Bildungsbudgets zur Folge haben soll.

Foto: dpa, gln cs

Die Polizei will derweil umstrittene Mittel einsetzen, um Gebäude zu räumen. Für das Wochenende geplante Einstufungstests für Schüler müssen teilweise verschoben werden.

Neben den Schul- und Universitätsbesetzungen stürmten Schüler einige Stadtparlamente. Die Bewegung fordert die Rücknahme einer Reform der Mittelstufe. Demnach sollen nur noch Portugiesisch, Englisch und Mathematik Pflichtfächer sein. Die restlichen Fächer sollen je nach Neigung frei gewählt werden.

Kern des Protests ist jedoch eine geplante Verfassungsänderung, die nach der Zustimmung des Abgeordnetenhauses derzeit im Senat beraten wird. Mit ihr will die Regierung die explodierenden Haushaltsausgaben in den Griff bekommen. In den nächsten 20 Jahren sollen die Ausgaben nicht stärker als die Inflation der jeweiligen 12 Vormonate steigen. Für den Haushalt 2017 bedeutet das eine erlaubte Ausgabensteigerung von 8,9 Prozent.

Linke Oppositionsparteien argumentieren, durch das Ausgabenlimit seien Kürzungen bei Bildung und Gesundheit unvermeidlich. Die Verfassungsänderung sei buchstäblich "tödlich". Die Regierung widerspricht; der Haushaltskommission stehe frei, die Ausgaben in diesen Bereichen hochzufahren, solange dafür in anderen Bereichen entsprechend gespart wird. So sollen die Bildungsausgaben laut der Regierung 2017 um 7 Prozent steigen.

Für rund 200.000 Schüler bedeuten die Besetzungen eine Verschiebung ihres Einstufungstests, mit dem Studienplätze an den öffentlichen Universitäten zugeteilt werden. Rund 300 Prüfungsorte sind derzeit besetzt. Insgesamt rund 8,6 Millionen Schüler sollten an diesem Wochenende die Tests ablegen. Bereits die jüngsten Kommunalwahlen waren durch die Besetzung von Wahllokalen beeinträchtigt.

Politiker und Juristen verteidigen die Räumung besetzter Schulen. Ende Oktober war ein 16-Jähriger in einer besetzten Schule im Teilstaat Parana während eines Streits mit einem Mitschüler getötet worden. Beide standen vermutlich unter Drogeneinfluss.

In der Hauptstadt Brasilia genehmigte ein Richter am Freitag die Sperrung der Strom- und Wasserversorgung einer besetzten Schule. Besuche durch die Eltern sowie Essenslieferungen sollten unterbunden werden. Zudem dürfe die Polizei die Gebäude mit Lautsprechern beschallen, um die Schüler zur Aufgabe zu zwingen. Menschenrechtsgruppen sprachen von "Foltermethoden" gegen Minderjährige.

(bur/KNA)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort