Empörung über CSU-Minister Markus Söder — "Schämen Sie sich!"

Düsseldorf · Was haben die Anschläge in Paris mit der Flüchtlingsdebatte in Deutschland zu tun? Zunächst einmal wenig. Es gibt bisher keinen einzigen Beleg, dass ein nach Deutschland gekommener Flüchtling terroristische Attentate plant. Doch CSU-Minister Markus Söder meint, es müsse sich nun alles in der deutschen Flüchtlingspolitik ändern. Er fordert Grenzschließungen. Im Internet erntet Söder dafür harsche Kritik. Auch von Parteifreunden.

Markus Söder (Archivfoto) wird für seine Äußerung auch von Parteifreunden scharf kritisiert.

Markus Söder (Archivfoto) wird für seine Äußerung auch von Parteifreunden scharf kritisiert.

Foto: dpa, lmb fux sja

Der bayerische CSU-Finanzminister Markus Söder verknüpft die Terror-Attacken in Paris mit der Forderung seiner Partei nach einer Verschärfung der Asylpolitik und der Schließung der Grenzen. In einer Pressemitteilung nur 15 Stunden nach den Anschlägen forderte der Kandidat für die Nachfolge des bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Horst Seehofer: "Die Zeit unkontrollierter Zuwanderung und illegaler Einwanderung kann so nicht weiter gehen. Paris ändert alles." Auch in den sozialen Netzwerken teilt der CSU-Politiker seine Aussage rasch.

Und erntet sofort Widerspruch. Micky Beisenherz, Comedian, antwortete über Twitter so:

Ein anderer Nutzer meint, Söder solle sich doch bitte erst informieren, bevor er gegen Flüchtlinge "hetze". Auch der NRW-CDU-Chef Armin Laschet reagiert irritiert auf den Tweet des Parteifreundes.

Später legt Laschet noch einmal nach und nennt Aussagen, die die Teroranschläge mit der Asylpolitik in Deutschland verknüpfen, "unverantwortlich". Ein anderer wirft dem CSU-Minister die "Instrumentalisierung unfassbarer Ereignisse für eigene Zwecke" vor. Der NRW-Landtagsabgeordnete Arndt Klocke (Grüne) entgegnete ebenfalls via Twitter: "Schämen Sie sich!". Markus Söder scheint all das nicht zu interessieren. In einem Interview mit der "Welt am Sonntag" wiederholte er seine Aussagen.

Entrüstung über Post von Matthias Matussek

Ein anderer Kommentar rief am Wochenende ebenfalls einen Sturm der Entrüstung hervor. Der langjährige "Spiegel"-Autor und derzeitige "Welt"-Kolumnist Matthias Matussek veröffentlichte bei Facebook eine brisante Stellungnahme, gefolgt von einem Smiley.

Ich schätze mal, der Terror von Paris wird auch unsere Debatten über offene Grenzen und eine Viertelmillion unregistrierter junger islamischer Männer im Lande in eine ganz neue frische Richtung bewegen.. :-)

Matusseks Auftraggeber, der "Welt"-Chefredakteur Jan-Eric Peters, reagierte prompt und nannte die Äußerungen "durchgeknallt". Auch "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann sah sich zu einem Kommentar gezwungen und bezeichnete die Smiley-Reaktion auf Facebook schlicht als "ekelhaft." Ein anderer Nutzer stützte den Autor indes und nannte das Posting von Matussek "korrekt und naheliegend". Eine lebhafte Debatte entzündete sich auf der Facebook-Seite von Matussek.

Der Bestseller-Autor, übrigens Ehrenmitglied im Verein deutsche Sprache, verteidigte seine Äußerungen. "Was ist daran hetzerisch oder durchgeknallt?" Frankreichs Präsident Hollande habe doch als Erstes nach den Anschlägen die Schließung der Grenzen verfügt, so Matussek.

Was Matussek in seiner Replik allerdings verschweigt, ist, dass Frankreichs Staatschef die Schließung der Grenzen zunächst nur angeordnet hatte, um mögliche Attentäter an einer Flucht zu hindern und nicht etwa um Zuwanderer insgesamt zu stoppen.

(brö)
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