Zahl der Opfer noch unklar Flüchtlingsboot kentert vor Libyen - Hunderte Tote befürchtet

Rom · Sie brachten ihr Boot vermutlich selbst zum Kentern: Mindestens 25 Flüchtlinge sind im Mittelmeer ertrunken, 400 weitere wurden gerettet. Das Schicksal der übrigen Menschen an Bord ist zunächst unklar.

 Dutzende Flüchtlinge sitzen nach dem Unglück vor der Küste Libyens in einem Rettungsboot. Bislang wurden 400 Menschen gerettet. Wie viele ertrunken sind, ist unklar.

Dutzende Flüchtlinge sitzen nach dem Unglück vor der Küste Libyens in einem Rettungsboot. Bislang wurden 400 Menschen gerettet. Wie viele ertrunken sind, ist unklar.

Foto: dpa, ase

Nach dem Kentern eines Flüchtlingsbootes vor der Küste Libyens befürchten Hilfsorganisationen Hunderte Tote. Schiffe der italienischen Küstenwache, Marine und anderer Rettungskräfte suchten seit Mittwochnachmittag an der Unglücksstelle vor der Küste Libyens nach Vermissten. Nach Angaben der Küstenwache konnten nach dem Unglück etwa 400 Migranten in Sicherheit gebracht werden. Wie viele Menschen tatsächlich an Bord des Schiffes waren, blieb zunächst unklar. Hilfsorganisationen nannten Zahlen von bis zu 600 Menschen.

370 Überlebende würden am Donnerstagnachmittag in Palermo ankommen. Auch 26 Leichen wären dabei, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa am späten Mittwochabend.

"Es war ein schrecklicher Anblick, Menschen, die sich verzweifelt an Rettungsringe, Boote und alles klammerten, die um ihr Leben kämpften zwischen Ertrinkenden und anderen, die bereits tot waren", sagte Juan Matías, Koordinator bei Ärzte ohne Grenzen (MSF) auf dem Schiff Dignity I, das den Flüchtlingen zu Hilfe kam. MSF prangerte das "Fehlen adäquater Such- und Rettungsoperationen in dem Gebiet" an. Dies habe die erneute Katastrophe wieder einmal deutlich gemacht.

Mehrere Schiffe waren an der Such- und Rettungsaktion beteiligt, doch für Dutzende Migranten kam vermutlich jede Hilfe zu spät. Sie waren möglicherweise im Frachtraum des Schiffes, als es am Mittwoch im Mittelmeer kenterte und innerhalb weniger Minuten sank. "Es gibt die Befürchtung, dass viele Menschen noch an Bord waren", sagte ein Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR. Viele Menschen könnten unter Deck gewesen sein und kaum eine Chance gehabt haben.

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Foto: afp, MM

Sollten sich die Befürchtungen bestätigen, wäre es eins der schlimmsten Unglücke der vergangenen Monate. Im April waren Hunderte Migranten im Mittelmeer ertrunken, als ihr Boot kenterte und sank.
Erst am Dienstag hatte die Internationale Organisation für Migration erklärt, dass in diesem Jahr bislang etwa 2000 Menschen bei dem Versuch über das Mittelmeer nach Europa zu fliehen ums Leben gekommen seien. Die mit Abstand meisten von ihnen hatten Italien als Ziel.

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Foto: Köhlen, Stephan (TEPH)

Auch bei dem Unglück am Mittwoch waren die Menschen den ersten Erkenntnissen zufolge mit einem kaum seetüchtigen Holzboot von Libyen aufgebrochen. Schon nach wenigen Meilen gerieten sie in Seenot und setzten einen Notruf ab. Die italienische Küstenwache alarmierte ein irisches Marineschiff, das den Menschen zur Hilfe eilte. Vermutlich brachten die Migranten ihr Schiff dann unabsichtlich selbst zum Kentern, weil sie sich in Angst und Panik auf eine Seite drängten.

(dpa)
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