Kandahar Taliban stürmen Flughafen

Kandahar · Im der südafghanischen Provinzhauptstadt Kandahar haben die radikalislamischen Taliban den dortigen Flughafen angegriffen und sich in dem Komplex verschanzt. Vor Ort waren Schüsse und Explosionen zu hören, Informationen über Opfer gab es aber zunächst nicht. Afghanische Soldaten lieferten sich heftige Gefechte mit den Angreifern.

Mohammed Mohsin Sultani, der Militärsprecher von Kandahar, sagte, er könne keine exakten Angaben zur Anzahl der Taliban-Kämpfer machen. Die afghanische Armee sei vor Ort und kämpfe gegen die Angreifer. Kandahar ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Süden des Landes.

Die Taliban bekannten sich in einer Erklärung zu dem Angriff. Mehrere "Märtyrer" seien "ausgerüstet mit schweren und leichten Waffen" in den Flughafenkomplex eingedrungen und hätten die "Invasionstruppen" attackiert, hieß es in der Erklärung. Vor Ort gebe es "heftige Kämpfe", die andauerten.

Wegen der verschlechterten Sicherheitslage in Afghanistan hatte die Nato erst vor wenigen Tagen beschlossen, im kommenden Jahr ihre aktuelle Truppenpräsenz von rund 12.000 Soldaten praktisch unverändert beizubehalten. Die Bundeswehr soll 2016 ihren Einsatz in Afghanistan sogar leicht ausweiten.

Die prekäre Sicherheitslage in Afghanistan stand am Dienstag auch auf der Agenda von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die in der Region unterwegs war. In der afghanischen Hauptstadt Kabul sprach sie mit Vertretern der Regierung und sicherte ihnen erneut ein dauerhaftes Engagement der Bundeswehr in dem Land zu, aber auch wirtschaftliche Hilfen.

Im pakistanischen Islamabad sagte von der Leyen danach, die gesamte Region könne nur zur Ruhe kommen, "wenn alle gemeinsam konstruktiv den Versöhnungsprozess und den Kampf gegen den Terror bestreiten werden". Bessere Beziehungen zwischen Pakistan und Afghanistan gelten als Schlüssel zu einem Aussöhnungsprozess zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban. Afghanistan beschuldigt das Nachbarland seit langem, die Taliban als Mittel im Kampf um Einfluss in Afghanistan einzusetzen.

Die Taliban hatten Ende September das nordafghanische Kundus in einer Blitzoffensive erobert. Die afghanischen Sicherheitskräfte konnten die Stadt erst nach mehreren Tagen mit internationaler Unterstützung zurückerobern.

Der Angriff vom Dienstag ereignete sich nur wenige Tage, nachdem das ungeklärte Schicksal von Taliban-Chef Mullah Achtar Mansur für Verwirrung gesorgt hatte. Von Geheimdienstbeamten und aus Kreisen der Aufständischen hatte es Mitte vergangener Woche geheißen, Mansur sei bei einer Schießerei schwer verletzt worden. Am Freitag dann erklärte ein afghanischer Regierungssprecher, Mansur sei tot. Die Taliban-Führung wies dies zurück und veröffentlichte eine angebliche Audiobotschaft von Mansur, deren Echtheit zunächst aber nicht bestätigt werden konnte.

Die Kontroverse um Mansur wirft ein Schlaglicht auf die tiefen Gräben zwischen den rivalisierenden Fraktionen der Islamistenbewegung. Der Machtkampf behindert auch die Friedensgespräche der Aufständischen mit den Regierungen in Pakistan und Afghanistan.

(gol/AFP)
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