Europaweite Sozialstudie Italien hat die meisten Jugendarbeitslosen in der EU

Gütersloh · Die Menschen in der Europäischen Union leben in höchst unterschiedlichen sozialen und wirtschaftlichen Umfeldern. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt die Differenzen zwischen den 28 EU-Staaten auf.

 Arbeitslose vor einem Jobcenter in Spanien. Das südeuropäische Land wurde bei der Jugendarbeitslosigkeit von Italien überholt.

Arbeitslose vor einem Jobcenter in Spanien. Das südeuropäische Land wurde bei der Jugendarbeitslosigkeit von Italien überholt.

Foto: dpa

In Europa herrscht ein klares Nord-Süd-Gefälle bei der sozialen Gerechtigkeit. Jährlich liefert die Bertelsmann-Stiftung mit Hilfe eines Index dazu Vergleichszahlen der 28 EU-Länder. Die Forscher schlüsseln dazu 35 Kriterien aus den Bereichen Armut, Bildung, Arbeitsmarkt, Gesundheit, Generationengerechtigkeit sowie gesellschaftlicher Zusammenhalt und Nicht-Diskriminierung auf.

Was bereitet den Wissenschaftlern die größten Sorgen?
Vor allem in den südeuropäischen Krisenländern bleibt der Anteil junger Menschen hoch, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind. Italien nimmt dabei einen traurigen Spitzenplatz ein. Dort ist fast ein Drittel der jungen Erwachsenen zwischen 20 und 24 ohne Job oder Ausbildung (31,1 Prozent). In Griechenland sind es 26,1 und in Spanien 22,2 Prozent. Der EU-Durchschnitt liegt bei 17,3 Prozent.

Was hat die Autoren überrascht?
Die Forscher hatten damit gerechnet, dass die gute Nachricht von der Erholung auf dem Arbeitsmarkt deutlich größere positive Effekte auf das Armutsrisiko hat.

Wo gibt es Fortschritte, wo Rückschritte?
Bereits 2015 hatten die Autoren aufgezeigt, dass Kinder und Jugendliche die großen Verlierer der Wirtschaftskrise sind. Diese Kritik erneuern sie in ihrer Untersuchung 2016. EU-weit sind Kinder und Jugendliche deutlich häufiger von Armut betroffen als ältere Menschen. Bei ihnen gibt es einen klaren Trend zum Guten: Der Anteil Älterer, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind, hat sich von 24,4 Prozent im Jahr 2007 auf 17,4 Prozent im Jahr 2015 verringert.

Seit wann wird die Studie zum "Social Justice Index" erhoben?
Die erste Studie wurde 2014 von der Bertelsmann-Stiftung veröffentlicht. Allerdings reichen die Daten bis in das Jahr 2008 zurück. Problem: Für die ersten Jahre liegen nicht alle Zahlen in vergleichbarer Form vor.

Schweden liegt auf Platz 1 im Index. Trotzdem gibt es Kratzer im Lack. Warum?
Die Jugendarbeitslosigkeit in Schweden liegt seit etwa 2000 auf einem anhaltend hohen Niveau von fast 20 Prozent. Damit rangiert das Land bei diesem Wert im EU-Mittelfeld und hat ähnliche Zahlen wie Polen und Ungarn. Jugendliche haben es hier oft schwer, nach Ausbildung oder Studium ohne Erfahrung einen Einstiegsjob zu finden. Wenn es in einem Unternehmen schlechter läuft, werden die jungen Mitarbeiter zuerst entlassen. Außerdem verlassen relativ viele Jugendliche die Schule ohne Abschluss. Auch die jungen Zuwanderer haben es schwer, eine Anstellung zu finden. Die schwedische Regierung aus Sozialdemokraten und Grünen hat es sich zur Aufgaben gemacht, die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen.

Was will die Bertelsmann-Stiftung mit der Studie erreichen?
Die Studie soll laut Autor Daniel Schraad-Tischler Stoff für eine europaweite Diskussion liefern. Nach seinen Informationen nimmt die EU-Kommission die Studien-Ergebnisse wahr. "Mehr können wir nicht erreichen", sagt er.

(bur/dpa)
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