Die Ereignisse des Tages im Protokoll Hohe Strahlung geht über Evakuierungszone hinaus

Tokio (RPO). Keine Hoffnung auf Besserung in Japan: Im Meer vor Fukushima sind tausendfach erhöhte Jod-Werte gemessen worden. Der Betreiber Tepco selbst gibt zu: Diese Krise wird noch lange dauern. Vorerst helfen könnte eine riesige Plane oder ein Beton-Sarg wie in Tschernobyl. Derweil haben Messungen der Internationalen Atomenergiebehörde hohe Strahlung auch außerhalb der Evakuierungszone um das AKW nachgewiesen. Die Ereignisse des Tages im Protokoll.

Ist wieder auf der Arbeit: Tepco-Chef Masataka Shimizu.

Ist wieder auf der Arbeit: Tepco-Chef Masataka Shimizu.

Foto: JIJI PRESS, AFP

+++ 21.55 Uhr Der Getränkekonzern Coca Cola hat seine Abfüllung von Tafelwasser in Japan im Zuge der Atomkatastrophe deutlich erhöht. Aufgrund der starken Nachfrage produzierten die entsprechenden Anlagen im Land bereits rund um die Uhr, teilte das Unternehmen mit. "Die Angst vor verstrahltem Leitungswasser geht in jeder Region Japans um", erklärte Kei Sakaguchi, Sprecher der Coca-Cola-Niederlassung in Japan.

+++ 21 Uhr Die offizielle Zahl der Toten lag am Mittwoch bei 11.257. Da noch immer mehrere tausend Menschen vermisst werden, könnte die Zahl jedoch noch auf über 18.000 steigen. Die Kosten des Erdbebens sowie des anschließenden Tsunamis am 11. März werden von der Regierung auf rund 220 Milliarden Euro angegeben.

+++ 19.57 Uhr Der chinesische Computerhersteller Lenovo rechnet nach eigenem Bekunden mit Einbußen im Japan-Geschäft. Die Atomkatastrophe könne kurzfristig einen negativen Einfluss auf die Verkäufe im drittgrößten PC-Markt der Welt haben, sagte Vorstandschef Yang Yuanqing dem "Handelsblatt".

+++ 19.03 Uhr Im Kampf gegen die Atomkatastrophe hat Bundeskanzlerin Merkel der japanischen Regierung technische Hilfe angeboten. Deutschland könne funkgesteuertes Spezialgerät zur Verfügung stellen, das für Aufräum- und Reparaturarbeiten an Reaktoren eingesetzt werden könne, sagte Merkel nach Angaben ihres Sprechers Steffen Seibert in einem Telefonat mit dem japanischen Ministerpräsidenten Naoto Kan. Dieser wolle das Angebot prüfen.

+++ 18.43 Uhr Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat außerhalb der evakuierten 20-Kilometer-Zone um Fukushima hohe Strahlendosen gemessen. Sie übersteigen deutlich das Strahlungsniveau, ab dem die Behörde eine Evakuierung empfiehlt. In dem Dorf Iitate, rund 40 Kilometer von dem Atomkraftwerk entfernt, seien bei einer Messung sehr hohe Strahlungswerte festgestellt. Der der Wert liegt nach Angaben einer IAEA-Vertreterin deutlich höher als der Richtwert für eine Evakuierung.

+++ 17.36 Uhr Der japanische Kaiser Akihito hat mit Betroffenen der verheerenden Erdbeben- und Tsunamikatastrophe gesprochen. In Begleitung seiner Frau Michiko nahm sich der 77-jährige Monarch fast eine Stunde Zeit, um in einer Notunterkunft in Tokio Menschen Mut zu machen, die ihre Häuser hatten verlassen müssen.

+++ 17.17 Uhr Angesichts der Natur- und Atomkatastrophe in Japan schlägt der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel eine internationale Hilfskonferenz vor. Die Bundesregierung sollte den Japanern dies anbieten, sagte Gabriel in Salzgitter.

+++ 16.38 Uhr Nach dem Reaktorunfall in Japan gibt es laut Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner keine Hinweise darauf, dass radioaktiv belastete Waren nach Deutschland eingeführt werden oder eingeführt worden sind. Allerdings steige die Wahrscheinlichkeit, dass Produkte aus Japan mit entsprechender Belastung in Deutschland landen, mit der Dauer der Probleme in den Kernkraftwerken, fügte die CSU-Politikerin hinzu. Sie verwies ferner darauf, dass der Import von Lebensmitteln aus Japan lediglich einen Anteil von 0,1 Prozent an den deutschen Einfuhren habe.

+++ 16.28 Uhr Die EU-Kommission hat die erlaubten Grenzwerte für radioaktive Belastung von Lebensmitteln aus Japan nach eigenen Angaben nicht erhöht. "Wir haben überhaupt nichts angehoben", sagte ein Sprecher von EU-Gesundheitskommissar John Dalli in Brüssel.

+++ 16.02 Uhr Der Kölner Verein "Open your heart open your home" ("Öffne Dein Herz, öffne Dein Zuhause") sucht für von der Natur- und Atomkatastrophe betroffene Japaner Unterbringungsmöglichkeiten in Deutschland und anderen Ländern. Über die Internetseite der Initiative könnten Menschen den Ausreisewilligen Wohnraum für eine Übergangszeit anbieten, sagte die Gründerin der Initiative, Cheryl Martinez.

+++ 15.50 Uhr Die französische Atomaufsichtsbehörde (ASN) hat nach dem Unglück in Japan eine Neubewertung der Risiken für die Atomkraftwerke in Frankreich angemahnt. Eine Häufung mehrerer Gefahren wie Erdbeben und Überschwemmungen sei bisher nicht berücksichtigt worden, kritisierte ASN-Chef André-Claude Lacoste in Paris.

+++ 15.32 Uhr Der Leverkusener Spezialchemie-Konzern Lanxess hat sein Büro in Tokio wieder geöffnet. Die rund 60 Mitarbeiter des Unternehmens hätten nach Prüfung der Sicherheitslage ihre Arbeit in der japanischen Hauptstadt wieder aufgenommen, teilte der Konzern mit.

+++ 15.00 Uhr Um die Ausbreitung der Radioaktivität einzudämmen, will der japanische Kraftwerksbetreiber Tepco eigenen Angaben zufolge den Boden rund um die schwer beschädigten Reaktoren mit Kunstharz besprühen. Die Methode solle am Donnerstag zunächst in einem Teilbereich getestet werden, sagte Behördensprecher Hidehiko Nishiyama. Die Idee dahinter sei die, die radioaktiven Partikel am Erdboden "festzukleben".

+++ 14.36 Uhr Der Betreiber des Unglücks-AKW Tepco steht vor einer ungewissen Zukunft. Die mit japanischen Banken ausgehandelten Notkredite im Volumen von umgerechnet gut 17 Milliarden Euro reichten nicht aus, um den Firmenbetrieb und alle sonstigen Kosten finanzieren zu können, räumte das Unternehmen ein.

+++ 14.01 Uhr Angesichts der Lage in Japan unterbrechen viele Fluggesellschaften ihre Direktflüge dorthin und lassen ihre Flugzeuge in anderen Ländern versorgen. British Airways, Air France-KLM und Lufthansa legen auf dem Weg nach Japan einen Zwischenstopp in Seoul ein. Dort übernimmt der Betreiber des südkoreanischen Flughafens Incheon das Catering. Branchenangaben zufolge landet die australische Qantas in Hongkong zwischen.

+++ 13.25 Uhr Über dem Reaktor 1 des AKW Fukushima II (Daini) war am Mitttwochvormittag kurzzeitig Rauch zu sehen. Der Betreiber sagte, der Qualm sei aber wieder verschwunden, noch bevor die Feuerwehr eintraf. Fukushima Daini liegt etwa zehn Kilometer vom zerstörten AKW Daiichi entfernt. Seine Reaktoren sind in einem stabilen, abgeschalteten Zustand, so der Betreiber.

+++ 12.57 Uhr Laut dem Nachrichtendienst Kyodo telefonierten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Japans Regierungschef Naoto Kan am Mittag erstmals miteinander. Merkel hatte bisher darauf verzichtet, Kan anzurufen. Begründung: Er habe genug um die Ohren.

+++ 12.30 Uhr Japanische Autohersteller haben knapp drei Wochen nach dem Erdbeben auch auf dem nordamerikanischen Markt immer mehr mit Lieferengpässen zu kämpfen. Honda begann am Mittwoch, seine Produktion in den US-Fabriken zu reduzieren.

+++ 12.04 Uhr Regierungssprecher Edano empfiehlt, alle sechs Fukushima-Reaktoren zu verschrotten. Er sagte, aus Sicht der Gesellschaft sei das selbstverständlich. Er reagierte damit auf die Äußerung Tepcos, dass die Reaktoren 1 bis 4 verschrottet werden sollten, die Reaktoren 5 und 6 hingegen nicht.

+++ 11.44 Uhr Die US-Schuhfirma Crocs spendet 100.000 Paare ihrer bunten Clogs an die Opfer der japanischen Naturkatastrophe. "Das ist das Mindeste, was wir tun können, um bei der Linderung der enormen Zerstörung durch das Erdbeben und den Tsunami zu helfen", erklärte Crocs-Chef John McCarvel.

+++ 11.20 Uhr Die japanische Regierung hat die dringende Überprüfung aller Atomreaktoren des Landes angeordnet, um neuen Katastrophen vorzubeugen. Die derzeit abgeschalteten oder im Bau befindlichen Atomanlagen dürften nicht ohne vorherige Kontrolle in Betrieb gehen, sagte der Minister bei einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz.

+++ 10.50 Uhr Laut dem japanischen Nachrichtendienst Kyodo will Weltklasse-Golfer Ryo Ishikawa seine gesamten Einnahmen des Jahres 2011 den Erdbeben-Opfern zugute kommen lassen.

+++ 10.06 Uhr In einer eilig zusammengerufenen Pressekonferenz entschuldigte sich der vorübergehende Tepco-Chef Katsumata, der den erkrankten Shimizu vertritt, für die "Ängste, Sorgen und Schwierigkeiten, die durch die Explosionen der Reaktorgebäude und die Freisetzung radioaktiven Materials" der Bevölkerung rund um Fukushima zugefügt worden seien.

+++ 10.00 Uhr Es werde vermutlich ziemlich lange dauern, um eine endgültige Stabilisierung der Reaktoren zu erreichen, verlautet aus den Reihen Tepcos. Ein Sarkophag nach dem Beispiel von Tschernobyl sei eine Möglichkeit. Es habe in der Frage aber noch keine Entscheidung gegeben.

+++ 9.47 Uhr Ob auch die Reaktoren fünf und sechs verschrottet werden, will Tepco noch prüfen. Tokyo Electric Power will mit der Regierung und den Anwohnern beraten. Auch ob Fukushima II (Daini) wieder ans Netz gehen soll, will der Konzern erst nach Anhörung der Meinung der Regierung entscheiden.

+++ 9.38 Uhr Offizielle Schätzungen beziffern den Schaden durch Erdbeben, Tsunami und Atom-GAU an Straßen, Häusern, Fabrikanlagen und der Infrastruktur auf über 300 Milliarden Dollar.

+++ 9.23 Uhr Japans Regierung wird einem Zeitungsbericht zufolge für den Wiederaufbau nach der Naturkatastrophe im April einen milliardenschweren Nothaushalt ins Parlament einbringen. Der erste Sonderetat habe wahrscheinlich einen Umfang von umgerechnet mehr als 17 Milliarden Euro, berichtete die Tageszeitung Nikkei. Der erste Nachtragshaushalt werde vor allem durch das Lockermachen von Notreserven und durch Kürzungen bei anderen Ausgaben finanziert. Zur weiteren Finanzierung würden einige Regierungsvertreter für eine vorübergehende Erhöhung der Einkommenssteuer eintreten.

+++ 9.20 Uhr Trotz den Empfehlungen von Greenpeace, die Evakuierungszone um das havarierte Atomkraftwerk Fukushima 1 auf 40 Kilometer auszuweiten, hält die japanische Regierung an einer Evakuierungszone von 20 Kilometern fest. In einem Umkreis von 30 Kilometern wurden die Bewohner aufgefordert, das Gebiet freiwillig zu verlassen, eine verpflichtende Anordnung dazu gibt es aber bislang nicht. US-Experten hatten empfohlen, die Evakuierungszone sogar auf 80 Kilometer auszudehnen.

+++ 8.50 Uhr Die japanische Regierung erwägt einem Medienbericht zufolge, drei beschädigte Reaktoren mit Planen abdecken zu lassen, um die radioaktive Strahlung zu vermindern. Der Zeitung "Asahi Shimbun" zufolge könnten die Dächer und Mauern der Außengebäude der Reaktoren 1, 3 und 4 des Atomwracks mit speziellen Planen abgedeckt werden. Über das Material der Planen machte das Blatt keine Angaben.

+++ 8.44 Uhr Laut einem Tepco-Sprecher soll es nicht lange dauern, bis der Chef des AKW-Betreibers, Masataka Shimizu, wieder arbeiten könne. Er wolle nicht zurücktreten. Am Morgen war Shimizu in ein Krankenhaus eingeliefert worden.

+++ 8.27 Uhr Ein Tankschiff soll im Pazifik vor dem AKW ankern, um stark radioaktiv verseuchtes Wasser aus einem Turbinengebäuden und einem Tunnel nahe des Reaktors 2 abzusaugen, berichtet die Zeitung "Asahi Shimbun" unter Berufung auf Regierungskreise. Regierungssprecher Yukio Edano sagte dazu, die Regierung und Atomexperten dächten über "alle Lösungen" nach, einschließlich derjenigen in der Presse erwähnten.

+++ 8.23 Uhr Laut dem japanischen Nachrichtendienst Kyodo verlautete aus Reihen des AKW-Betreibers Tepco, eine Verschrottung der Fukushima-Reaktoren 1 bis 4 sei unausweichlich.

+++ 8.17 Uhr Greenpeace begrüßt die Ankündigung von Japans Regierungssprecher Yukio Edano, zukünftig stärker auf Erneuerbare Energien zu setzen. "Japan muss seine Pläne, neun weitere Atomkraftwerke bis 2020 bauen zu wollen, aufgeben", sagt Hisayo Takada, Energie- und Klimaexperte von Greenpeace. "Stattdessen müssen diese Investitionen in Erneuerbare Energien fließen."

+++ 8.03 Uhr Aus der Anlage tritt offenbar weiterhin hochgiftiges Plutonium aus. Das radioaktive Material sickere ins Erdreich ein, heißt es von Behörden. Nach Angaben des Kraftwerksbetreibers Tepco wurde an mehreren Stellen außerhalb des Meilers Plutonium entdeckt.

+++7.22 Uhr Nachdem der Chef des japanischen AKW-Betreibers Tepco ins Krankenhaus eingeliefert wurde, übernimmt nun der Chef des Verwaltungsrats, Tsunehisa Katsumata, das Ruder.

+++ 7.00 Uhr Wie das japanische Außenministerium mitteilt, wollen Japan und die USA bei der Bewältigung der Atom-Krise nahe zusammenarbeiten. Regierungschef Naoto Kan telefonierte mit US-Präsident Barack Obama und dankte ihm für die Unterstützung. Obama versprach, auch auf lange Sicht an der Seite Japans zu stehen.

+++ 6.23 Uhr Der Präsident des Kraftwerksbetreibers Tepco ist in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Masataka Shimizu habe zuvor über Bluthochdruck und Schwindelgefühl geklagt, sagte ein Tepco-Sprecher am Mittwoch. Shimizu war bereits seit einigen Tagen nicht mehr in der Öffentlichkeit erschienen.

+++ 6.03 Uhr Im Meer vor Fukushimasind stark erhöhte Jod-Werte gemessen worden. Die Menge des radioaktiven Jod 131 im Wasser sei 3335-fach höher als normal, teilte die Atomsicherheitsbehörde mit. Dieser bislang höchste gemessene Wert deute darauf hin, dass weiterhin kontaminierten Wasser aus dem Atomkraftwerk ins Meer fließt, hieß es weiter. Der hohe Jod-Wert sei "besorgniserregend", stelle jedoch keine Gefahr für die Gesundheit dar, so ein Behördensprecher.

+++ 5.42 Uhr Nach eigenen Strahlungsmessungen im Umkreis des AKW hat die Umweltschutzorganisation Greenpeace eine Evakuierung der gesamten Region empfohlen. Rund 30 Kilometer vom Meiler entfernt seinen Strahlungswerte von 100 Mikrosievert pro Stunde gemessen worden, sagte der belgische Atomexperte Jan van de Putte. Menschen in der Region würden demnach die jährliche Höchstdosis von 1000 Mikrosievert innerhalb von zehn Stunden erreichen.

+++ 4.52 Uhr Die japanische Industrieproduktion ist im Februar im vierten Monat in Folge gestiegen. Der Zuwachs um 0,4 Prozent im Vergleich zum Vormonat resultiere vor allem aus der starken Nachfrage nach Autos und Maschinen, teilte das japanische Wirtschaftsministerium am Mittwoch mit.

+++ 4.32 Uhr Drei Arbeitern im havarierten Atomkraftwerk geht es nach dem Kontakt mit radioaktivem Wasser offenbar gut. "Wir haben sie untersucht und keine Strahlung messen können", sagte der Sprecher der Atomsicherheitsbehörde, Yoshiyuki Tada. "Den Arbeitern geht es gut und sie mussten nicht ins Krankenhaus."

+++ 4.27 Uhr Hafenbetreiber und Reedereien in Europa bereiten sich auf das Einlaufen radioaktiv kontaminierter Schiffe aus Japan vor. Die Hamburger Hafenbehörde erarbeite derzeit gemeinsam mit Zoll und Innenbehörde einen Notfallplan zum Umgang mit verseuchten Frachtern, hieß es in einem Vorabbericht der "Financial Times Deutschland".

(apd/RTR/AFP/kyodo)
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