Germanwings-Copilot Andreas L. "Es war eine gewollte Aktion"

Paris · Der Copilot der abgestürzten Germanwings-Maschine hat den A320 auf dem Weg nach unten offenbar noch mehrfach beschleunigt, bevor er ihn in die Felsen der französischen Alpen steuerte. Der Flugdatenschreiber war am Donnerstag entdeckt und geborgen worden.

Germanwings: Ermittler zeigen Fotos der zweiten Blackbox
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Germanwings-Absturz - Ermittler zeigen Fotos der zweiten Blackbox

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Dies teilten die französischen Ermittler nach einer ersten Auswertung des Flugdatenschreibers am Freitag mit. Damit scheint sich zu bestätigen, dass der 27-Jährige die Katastrophe mit 150 Toten am 24. März bewusst verursacht hat. Am Absturzort ging die Suche nach Leichenteilen und persönlichen Gegenständen mit Spürhunden weiter.

Der Flugdatenschreiber war am Donnerstag entdeckt und geborgen worden. Die Staatsanwaltschaft in Marseille sagte, die vorläufigen Daten legten nahe, dass Copilot Andreas L. den Autopiloten des Flugzeugs nutzte, um die Maschine in den Sinkflug zu versetzen. Dann habe er auf dem Weg nach unten den Autopiloten mehrfach nachjustiert, um das Flugzeug schneller fliegen zu lassen.

"Es war eine gewollte Aktion, um die Maschine gegen den Berg zu fliegen - nicht nur Höhe zu verlieren, sondern auch die Geschwindigkeit zu korrigieren", sagte Staatsanwalt Brice Robin. Die französischen Ermittler seien überzeugt, dass L. bis zum Moment des Aufpralls bei Bewusstsein gewesen war und sich offenbar mehrfach bemühte, einen Alarmton wegen der zu hohen Geschwindigkeit abzustellen, sagte er. Robin kündigte an, er wolle bei den deutschen Behörden eine engere Kooperation erbitten, um ein kompletteres Bild zu erhalten.

Schon nach der Auswertung des vergangene Woche entdeckten Stimmenrekorders des Airbus hatten die Ermittler geschlossen, dass der Copilot die Maschine mutwillig abstürzen ließ. Aus der Aufzeichnung ging nach Behördenangaben hervor, dass L. seinen Kapitän aus dem Cockpit aussperrte und nicht mehr hineinließ, während er im Sinkflug auf die Felsen zuraste.

Der Copilot soll schon vor Jahren psychische Probleme gehabt und Selbstmordabsichten gehegt haben. Deutsche Staatsanwälte hatten am Donnerstag bekannt gegeben, dass er sich wenige Tage vor dem fatalen Flug im Internet über Selbstmordmöglichkeiten und über die Funktionsweise der Cockpittür informierte.

Der Mann litt nach Erkenntnissen der Ermittler früher an einer Depression und hatte davon 2009 auch die Lufthansa informiert, die Muttergesellschaft der Germanwings. Das Tochterunternehmen erklärte am Donnerstag, es habe davon nichts gewusst.

Ermittler haben inzwischen Leichenteile aller 150 Insassen der Maschine identifiziert. Es seien 2854 Leichenteile gefunden und untersucht worden, erklärte die französische Staatsanwaltschaft. Die Polizistin, die den Flugdatenschreiber fand, schilderte am Freitag den Moment dieses unverhofften Fundes in einem schon zuvor durchkämmten Teil einer Schlucht: "Ich sah einen Haufen Kleidung, wir durchsuchten sie und brachten sie bergab, da entdeckte ich die Box", sagte Alice Coldefy Reportern in dem nahe dem Absturzort gelegenen Seyne-les-Alpes.

Germanwings: Ermittlungen im Fall Andreas L.
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Ermittlungen im Fall Andreas L.

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Das als Blackbox bekannte, aber orangefarbene Gerät war schwarz verkohlt und hatte dieselbe Farbe wie das Gestein an der Absturzstelle. Sie habe deshalb ihren Fund auch erst gar nicht erkannt, berichtete Coldefy weiter. "Ich dachte nicht, dass ich es gefunden hatte - ich dachte, das wäre gar nicht möglich in all den Trümmern hier."

(dpa)
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