Sechs Tote bei Anschlag in Arizona Gabrielle Giffords ist bei Bewusstsein

Washington (RPO). Der Attentäter schoss ihr eine Kugel durch den Kopf. Nach dem Blutbad mit sechs Toten im US-Staat Arizona kämpft die angeschossene Kongressabgeordnete Gabrielle Giffords um ihr Leben. Nach Angaben eines Arztes kann sie wieder kommunizieren. Die Polizei suchte zwischenzeitlich einen vermeintlichen Komplizen des Todesschützen. Die Spur erwies sich als haltlos.

 Die Polizei ließ vorübergehend nach einem Mann fahnden, den eine Kamera in der Nähe des Tatorts aufgezeichnet hatte. Der Verdacht erwies sich als unbegründet.

Die Polizei ließ vorübergehend nach einem Mann fahnden, den eine Kamera in der Nähe des Tatorts aufgezeichnet hatte. Der Verdacht erwies sich als unbegründet.

Foto: Pima County Sheriff's Office, AFP

Giffords kann nach Angaben eines ihrer Ärzte wieder kommunizieren. Die 40-Jährige reagiere auf einfache Anweisungen, sagte der leitende Chirurg Michael Lemole von der Universitätsklinik in Tucson (US-Bundesstaat Arizona) am Sonntag, einen Tag nach dem Attentat. "Das ermutigt uns sehr", sagte Lemole.

Gesprochen habe Giffords, die einen Kopfschuss erlitten hatte, jedoch noch nicht. "Wir befinden uns nach wie vor in einer kritischen Lage", sagte der Arzt weiter. Jederzeit könne das Gehirn anschwellen und sich damit die Situation verschlimmern. "Aber ich bin vorsichtig optimistisch."

Die Kugel habe die linke Hälfte von Giffords' Kopf durchschlagen. Die Chirurgen hätten Teil des Schädelknochens entfernt, um den Druck zu verringern. Die Abgeordnete könne beispielsweise auf das Drücken einer Hand oder das Zeigen von zwei Fingern reagieren. Dass sie noch lebe, habe sie neben großem Glück der Tatsache zu verdanken, dass sie von den Rettungskräften in weniger als 40 Minuten in den Operationssaal gebracht worden sei, erklärten die Mediziner.

Die Kongressabgeordnete der Demokratischen Partei von Präsident Barack Obama war am Samstag bei einer Informationsveranstaltung vor einem Einkaufszentrum in Tucson von einem 22-jährigen Attentäter niedergeschossen worden. Sie hatte an einer Art Bürgersprechstunde teilgenommen. Der Attentäter namens Jared L. tötete bei seinem Angriff sechs weitere Menschen, unter ihnen ein neunjähriges Mädchen. Er wurde festgenommen. Nach Angaben der Bundespolizei FBI wird er möglicherweise noch am Sonntag angeklagt.

Einen Komplizen gab es nicht

Die Fahndung nach einem zweiten Mann, einem möglichen Komplizen, erwies sich später als unbegründet. Der als möglicher Komplize des Attentäters von Arizona gesuchte Verdächtige hat nach Angaben der Polizei nichts mit dem Verbrechen zu tun. Der Mann, der zusammen mit dem festgenommenen 22-Jährigen in der Nähe des Tatorts gesehen wurde, sei nicht in das Blutbad verwickelt, teilten die Ermittler am Sonntag mit. Sein Bild wurde von einer Überwachungskamera in der Nähe des Ladens in Tucson aufgezeichnet, wo der Bewaffnete am Samstag sechs Menschen erschossen und 14 weitere verletzt hatte, darunter die US-Kongressabgeordnete Gabrielle Giffords.

Die Ermittler hatten ein Fahndungsfoto des mutmaßlichen Helfers veröffentlicht. Sie gingen davon aus, das der Täter mit einer weiteren Person zu dem Einkaufszentrum gekommen und dass diese Person in die Tat verwickelt sei.

Tatort war Lebensmittelgeschäft

13 weitere Menschen wurden bei der Schießerei verletzt. Unter den Toten befanden sich nach Behördenangaben auch der wichtigste Bundesrichter des Staates Arizona sowie ein Mitarbeiter Giffords'. Scheriff Clarence Dupnik sagte, Giffords sei das Ziel des mutmaßlichen Täters gewesen. Den 22-jährigen Verdächtigen beschrieb er als psychisch instabil. Wie in den Stunden nach der Tat bekannt wurde, gingen die Behörden von einem möglichen zweiten Täter aus.

Das Blutbad ereignete sich vor einem Lebensmittelgeschäft in einem Einkaufszentrum. Ein Mitarbeiter Giffords, Mark Kimball, beschrieb die Szene während der Schießerei als ein "komplettes Chaos". Der bewaffnete Täter habe das Feuer auf Giffords und ihren Bezirksdirektor eröffnet. Dann habe er damit angefangen, wahllos auf Mitarbeiter der Demokratin und Menschen zu schießen, die sich angestellt hätten, um mit der Kongressabgeordneten zu sprechen.

"Es ist eine Tragödie"

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf aggressionsgeladene Atmosphäre der öffentlichen Debatte in den USA. Scheriff Clarence Dupnik sagte, es gebe eine hasserfüllte politische Rhetorik in den USA. "Der Ärger, der Hass, die Bigotterie, die es in diesem Land gibt", würden abscheuliche Ausmaße annehmen, sagte Dupnik. "Und bedauerlicherweise glaube ich, dass Arizona die Hauptstadt geworden ist. Wir sind zum Mekka für Vorurteile und Bigotterie geworden."

US-Präsident Barack Obama nannte das Blutbad "eine Tragödie für Arizona und eine Tragödie für unser gesamtes Land". Nicht nur Mitglieder der Demokraten äußerten sich über die Geschehnisse in Tucson schockiert. Der neue Präsident des Repräsentantenhauses, der Republikaner John Boehner, zeigte sich erschüttert über den Angriff auf Giffords und ihre Mitarbeiter. "Ein Angriff auf jemanden, der (der Öffentlichkeit) dient, ist ein Angriff auf alle, die dienen", sagte er.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) äußerte sich betroffen über den Angriff. "Ich bin bestürzt über diesen entsetzlichen Angriff und den Tod unschuldiger Menschen", sagte Westerwelle am Rande seines Besuchs in Pakistan am Sonntag. Er fügte hinzu: "Mit ihren Angehörigen und Freunden empfinde ich tiefes Mitgefühl. Ich hoffe, dass die Verletzten und die Abgeordnete bald genesen."

Senator John McCain aus Arizona erklärte, das Attentat habe die gesamte Nation erschüttert. Die Gouverneurin von Arizona, Jan Brewer, sagte, sie sei todunglücklich über die Geschehnisse in Tucson. Der gesamte US-Staat sei traurig.

Die Galionsfigur der Ultrakonservativen, Sarah Palin, hat den Opfern und den Angehörigen der schwer verletzten Gabrielle Giffords ihr Beileid ausgesprochen. Vor den Wahlen im vergangenen November hatte die Frontfrau der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung Giffords Mandat als eines der wichtigsten "Ziele" bezeichnet. Als Grund nannte sie die Unterstützung der Demokratin für die Gesundheitsreform.

Griffords erklärte damals, Palin habe mit dieser Darstellung ihren Bezirk in eine Art Fadenkreuz gerückt. "Wenn Menschen das tun, müssen sie begreifen, dass es für diese Handlung Konsequenzen gibt", hatte Giffords in einem Interview des Senders MSNBC erklärt. Die Abgeordnete hatte sich bei der Wahl im vergangenen Jahr knapp gegen einen Konkurrenten der Tea Party durchgesetzt.

Giffords hat sich vor allem wegen ihrer Unterstützung für die Gesundheitsreform bei rechten Wählern unbeliebt gemacht. Ihr Büro in Tucson wurde im März vergangenen Jahres verwüstet, wenige Stunden, nachdem das Repräsentantenhaus für die Reform gestimmt hatte.

Täter soll Abschiedsgruß veröffentlicht haben

Vor Giffords' Büro in Washington wurden mehrere Mitarbeiter des Kongresses dabei beobachtet, wie sie mit Taschen in das Gebäude gingen, einige von ihnen hatten Tränen in den Augen. Vor der Tür zum Büro waren gelbe Blumen niedergelegt.

Der nach dem Anschlag festgenommene Schütze veröffentlichte vor der Bluttat im Internet offenbar einen Abschiedsgruß. Die Polizei vermutet, dass er nicht allein zum Tatort erschienen war. Bei dem 22-Jährigen handelt es sich um einen Mann namens Jared L.. Vor einigen Wochen wurden zudem ein Video auf YouTube veröffentlicht, in dem L. die Erfindung einer neuen amerikanischen Währung beschreibt.

Verdächtiges Päckchen erweist sich als ungefährlich

Nach der Schießerei fanden die Behörden ein verdächtiges Päckchen in Giffords' Hauptquartier in Tucson. Es habe sich jedoch als ungefährlich erwiesen, teilte ein Sprecher der Polizei später mit. Ein Beamter habe in Giffords' Büro einen seltsamen Gegenstand entdeckt, der einer Kaffeedose geähnelt habe. Der verdächtige Gegenstand wurde von Bombenexperten untersucht.

Giffords, die mit dem NASA-Astronauten Mark Kelly verheiratet ist, wurde im November für den Kongress wiedergewählt und setzte sich knapp gegen einen Bewerber der erzkonservativen Tea Party durch. Zuvor hatte die Demokratin Mandate in Arizona inne. Sie ist als mögliche Bewerberin für einen Senatssitz im Gespräch, außerdem für das Amt des Gouverneurs von Arizona, der im Jahr 2014 neu gewählt wird.

Vor allem wegen ihrer Unterstützung für die Gesundheitsreform machte sie sich bei etlichen rechten Wählern unbeliebt. Ihr Büro in Tucson wurde im März vergangenen Jahres verwüstet, wenige Stunden, nachdem das Repräsentantenhaus für die Reform gestimmt hatte.

(AP/apd/das/nbe)
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