Nach Flugzeugabsturz 80.000 Russen sitzen in Ägypten fest
Kairo/Moskau · Nach dem Absturz einer russischen Passagiermaschine in Ägypten verdichten sich Hinweise auf einen Bombenanschlag. Russland hat ein Flugverbot von und nach Ägypten verhängt. Mehrere Zehntausend Russen sitzen deshalb nun in den Urlaubsorten fest und kommen nicht nach Hause.
Russische Behörden gehen von run 80.000 Russen aus, die in Ägypten festsetzen. Die meisten von ihnen befänden sich in den Badeorten Hurghada und Scharm el Scheich am Roten Meer, sagte der Chef der Tourismusbehörde, Oleg Safonow, in Moskau. Zehn Maschinen hätten bereits russische Reisende aus Ägypten ausgeflogen, sagte der Leiter des Krisenstabes, Vizeregierungschef Arkadi Dworkowitsch.
Präsident Wladimir Putin hatte am Freitag sämtliche Flüge zwischen Russland und Ägypten einstellen lassen. Zuvor hatten mehrere westeuropäische Länder Flüge nach Scharm el Scheich ausgesetzt.
Die Urlauber zurück nach Russland zu bringen, ist ein organisatorischer Kraftakt, der nach Experteneinschätzung mehrere Wochen dauern könnte. An den ägyptischen Flughäfen beteiligten sich Militärangehörige an der Abfertigung der russischen Touristen für den Rücktransport, sagte Krisenstabchef Dworkowitsch. Russische Experten sollten am Wochenende in das Land am Nil reisen, um mit ägyptischen Kollegen über Sicherheitsmaßnahmen an Flughäfen zu beraten, sagte er.
Journalisten in Scharm el Scheich berichteten von einer deutlich angespannteren Stimmung am Flughafen der Stadt. Einigen Reportern sei der Zutritt zum Flughafengelände verweigert, Filmaufnahmen seien teilweise untersagt worden. Auch in dem Badeort selbst habe die Armee einen Kontrollpunkt errichtet.
In der Region sitzen auch bis zu 20.000 Briten fest. Eine groß angelegte Rückholaktion der britischen Regierung lief schleppend an.
Noch immer keine Ermittlungsergebnisse
Unterdessen will Ägypten auch eine Woche nach dem Absturz des russischen Ferienfliegers über der Sinai-Halbinsel keine offiziellen Ermittlungsergebnisse nennen. "Wir werden uns keine Hypothese zu eigen machen, bevor die Untersuchung nicht abgeschlossenen ist und ein umfassender Bericht die Wahrheit aufdecken kann", sagte Außenminister Samih Schukri am Samstag in Kairo. Es würden keine Szenarien ausgeschlossen. Das Luftfahrtministerium kündigte für Samstag eine Pressekonferenz an.
Internationale Geheimdiensthinweise legten zuletzt nahe, dass der Airbus A321 der sibirischen Airline Kolavia am Samstag vergangener Woche durch einen Sprengsatz an Bord vom Himmel geholt wurde. Alle 224 Menschen an Bord starben. Kairo beschwerte sich am Samstag, dass Erkentnisse nicht geteilt worden seien.
Die staatliche Zeitung "Al-Ahram" berichtete unter Verweis auf eine namentlich nicht genannte Quelle am Kairoer Flughafen, die Auswertung von einem der beiden Flugschreiber sei beendet und lasse keine Rückschlüsse auf eine Bombe an Bord zu.