Anschläge auf Moskauer U-Bahn Die Spur in den Kaukasus

Moskau (RPO). Die Welle der Gewalt in Russland reißt nicht ab. Immer wieder gelingt es Rebellengruppen, der Regierung in Moskau einen Schlag zu versetzen. So auch am Montag nach den Anschlägen auf die U-Bahn in Moskau, bei dem Dutzende Menschen starben. Vieles deutet darauf hin, dass es einen Zusammenhang mit dem Tschetschenien-Konflikt gibt.

Dutzende Menschen sterben bei U-Bahn-Anschlägen
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Dutzende Menschen sterben bei U-Bahn-Anschlägen

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Präsident Dmitri Medwedew kündigte unmittelbar nach der Tat an, kompromisslos den "Krieg gegen den Terror" fortzusetzen. Doch scheint der Kreml in gewisser Weise machtlos gegen die Anschläge.

Noch ist nicht klar, wer die Anschläge vom Montag verübt hat. Umgehend erklärte aber der Geheimdienst, dass die Spur in den Nordkaukasus führe. Eine der Bomben war in der Nähe des FSB hochgegangen. Dass es sich dabei um einen Racheakt handeln könnte, ist durchaus möglich. Denn erst vor wenigen Tagen hatte der russische Geheimdienst acht Verdächtige erschossen, die einen Anschlag auf einen Pendlerzug im November vergangenen Jahres verübt hatten.

Zwischen Russland und dem Kaukasus schwelt seit Jahrzehnten ein erbitterter Konflikt, der seinen Höhepunkt im zweiten Tschetschenien-Krieg fand. Die Region an der Grenze zu Georgien und Aserbaidschan ist überwiegend muslimisch geprägt. Neben Dagestan und Ingutschetien steht vor allem Tschetschenien im Zentrum der Gewalt. Dort hatte der Rebellen-Anführer Doku Umarow im Februar im Internet angekündigt, den "Krieg in die russischen Städte" zu tragen.

Der Kaukasus hatte sich 1991 von der Russischen Föderation abgelöst und einseitig seine Unabhängigkeit erklärt. 1994 marschierte schließlich die russische Armee in Tschetschenien ein. Doch mussten sich die Truppen geschlagen geben. 1999 dann der zweite Feldzug, der mit den Gräueln von Grosny in die Geschichtsbücher einging. Unzählige Menschen mussten ihr Leben lassen, beide Seiten beklagen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Seitdem wird Tschetschenien von kreml-nahen Präsidenten geführt.

Die Rebellen kämpfen seit dem verlorenen Krieg für eine unabhängiges Kaukasus-Emirat. Dabei sind etwa Entführungen in großem Stil an der Tagesordnung. So ist vielen noch die Geiselnahme in einer Schule in Beslan 2004 in Erinnerung oder die in einem Moskauer Musical-Theater im Jahr 2002.

Auch werden immer wieder Anschläge auf öffentliche Verkehrsmittel verübt. Neben dem Anschlag auf den Pendlerzug im November vergangenen Jahres, zu dem sich der tschetschenische Rebellenführer Doku Umarow bekannte, hatte sich zuletzt 2004 eine Selbstmordattentäterin vor einer U-Bahn-Station in die Luft gesprengt.

2009 beendete Moskau den Anti-Terror-Kampf in Tschetschenien offiziell. Doch die Gewalt ebbte nie ganz ab. Menschenrechtler machen immer wieder auf die Mord und Folter in Tschetschenien unter Präsident Ramsan Kadyrow aufmerksam, werfen ihm Vertuschung oder sogar Anordnung von Verbrechen vor. Viele von ihnen verschwinden auf unerklärliche Weise, werden ermordet aufgefunden. Ein Name, der wie kein anderer dafür steht, ist die kreml-kritische Journalistin Anna Politkowskaja, die im Jahr 2006 ermordet wurde.

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