#metoo-Debatte Deneuve provoziert Feministinnen

Paris · Die französische Schauspielerin fordert die Freiheit, "aufdringlich zu werden".

Catherine Deneuve provoziert Feministinnen in der #metoo Debatte
Foto: dpa, sab tba

Catherine Deneuve brach 1967 ein Tabu. In "Belle de jour" spielte die französische Schauspielerin eine brave Ehefrau, die gleichzeitig Prostituierte ist. Der Film von Luis Buñuel brachte den internationalen Durchbruch für die kühle Blonde, die nicht nur auf der Leinwand schockiert. Auch im wahren Leben provoziert die Diva - zuletzt in einem von ihr mit unterzeichneten Gastbeitrag in der Zeitung "Le Monde". Monate nach der Weinstein-Affäre kritisiert die 74-Jährige mit drastischen Worten die "Me-Too"-Bewegung, in der Frauen sich als Opfer sexueller Belästigung outen. "Vergewaltigung ist ein Verbrechen. Aber hartnäckige oder ungeschickte Flirterei ist kein Delikt. Ebenso wenig wie Galanterie eine chauvinistische Aggression ist", heißt es in dem Text, den rund 100 Frauen unterschrieben.

In Frankreich, wo Belästigung jahrzehntelang als charmante Anmache galt, hatte die Weinstein-Affäre im vergangenen Jahr zu einem Aufschrei der Frauen geführt. "Balancetonporc" (etwa: Schwärze dein Schwein an) hieß ein Hashtag, unter dem die Journalistin Sandra Muller Frauen dazu aufrief, sexuelle Übergriffe bekannt zu machen. Innerhalb von wenigen Tagen wurde der Begriff hunderttausendfach aufgegriffen. Das Gesetz des Schweigens, das bis zum Skandal um Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn für die Opfer galt, schien endgültig gebrochen. "Die Frage der sexuellen Belästigung ist für 91 Prozent der Franzosen ein wichtiges Problem", erklärte der Leiter des Meinungsforschungsinstituts Odoxa damals. Er wies aber auch darauf hin, dass es einen Unterschied zwischen den Generationen gebe: "Was die Älteren akzeptierten, wird von den jungen Frauen nicht toleriert."

Galionsfigur der Null-Toleranz-Bewegung wurde die junge Staatssekretärin für Gleichstellung, Marlène Schiappa. Sie kündigte, unterstützt von Präsidentengattin Brigitte Macron, für dieses Jahr eine Verschärfung des Sexualstrafrecht an. Die Initiative, die 80 Prozent der Franzosen befürworten, soll Belästigungen auf der Straße bestrafen, die Verjährungsfrist verlängern und ein Mindestalter für einvernehmlichen Sex festlegen.

Die 74-jährige Deneuve und ihre Gesinnungsgenossinnen scheinen dagegen die Uhr zurückdrehen zu wollen. "Wir fordern die Freiheit, aufdringlich zu werden, die unerlässlich ist für die sexuelle Freiheit", heißt es in dem Gastbeitrag. Die Autorinnen, darunter die Schriftstellerin Catherine Millet, kritisieren die Strafen für Männer, die ihren Job verloren, "nur weil sie ein Knie berührten, einen Kuss wollten oder von 'intimen' Dingen sprachen". Auch sexuelle Belästigung in Verkehrsmitteln ist für die Unterzeichnerinnen ein Kavaliersdelikt. "Eine Frau kann am selben Tag ein Team leiten und es genießen, sexuelles Objekt eines Mannes zu sein. Sie kann darauf achten, dass ihr Gehalt so hoch ist wie das eines Mannes, sich aber nicht durch einen Mann in der Metro traumatisiert fühlen, der sich an ihr reibt. Sie kann es sogar als Ausdruck einer großen sexuellen Misere sehen, als ein Nicht-Ereignis."

Für Frauenministerin Marlène Schiappa eine "gefährliche Rhetorik". "Wir haben Schwierigkeiten, den jungen Mädchen begreiflich zu machen, dass das Reiben gegen ihren Willen in der Metro eine sexuelle Belästigung ist, auf die drei Jahre Haft und 75.000 Euro Geldstrafe stehen", warnte die 34-Jährige im Radiosender France Culture. Die Feministin Caroline de Haas warf Deneuve und Co. vor, mit ihrem Beitrag den "bleiernen Vorhang" wieder über sexuelle Belästigung zu legen, den die Weinstein-Affäre gerade erst gelüftet habe.

(RP)
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