Libanon Mindestens 43 Tote bei IS-Anschlag in Beirut

Beirut · Bei einem Sprengstoffattentat in der libanesischen Hauptstadt Beirut sind am Donnerstagabend mindestens 43 Menschen ums Leben gekommen. Die Terrormiliz IS bekannte sich zu dem Anschlag, bei dem sich zwei Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt hatten.

Selbstmordattentat in Beirut
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Terror im Libanon: Selbstmordattentäter haben im Süden der Hauptstadt Beirut bei einem der blutigsten Anschläge der vergangenen Jahre Dutzende Zivilisten getötet. Zwei Angreifer rissen nach Angaben aus der Regierung am Donnerstag in einem Schiitenviertel mindestens 43 Menschen in den Tod. Außerdem seien 239 Personen verletzt worden, teilte des Gesundheitsministerium mit. Die sunnitische Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannte sich zu dem Anschlag. Die Vereinten Nationen verurteilte die Bluttat.

Ein Regierungsbeamter berichtete, zwei Selbstmordattentäter hätten sich während des Feierabendverkehrs in dem vorwiegend von Schiiten bewohnten Vorort Burdsch al-Baradschne in die Luft gesprengt. Ein Attentäter habe seinen Sprengsatz vor einer schiitischen Moschee gezündet, der Zweite in einer Bäckerei. Die beiden Tatorte lagen weniger als 50 Meter auseinander.

Ein dritter Selbstmordattentäter sei tot mit abgerissenen Beinen gefunden worden, sagte der Beamte weiter. Er habe noch einen funktionstüchtigen Sprengstoffgürtel getragen. Wahrscheinlich sei er dem zweiten Attentäter zu nahe gekommen, als dieser zuschlug.

Der Fernsehsender Al-Majadin berichtete ebenfalls von einem dritten Attentäter und zeigte Filmaufnahmen eines bärtigen jungen Mannes mit einem Sprengstoffgürtel. Der Hisbollah-Sender Al-Manar TV berichtete von zwei Explosionen, die im Abstand von sieben Minuten zu hören gewesen seien.

Soldaten und Hisbollah-Kämpfer riegelten den Tatort ab. Krankenhäuser riefen zu Blutspenden auf und baten die Anwohner, in ihren Häusern zu bleiben, um die Rettungskräfte nicht zu behindern. Die Hisbollah rief die Menschen auf, alle Cafés in der Nähe zu verlassen und verdächtige Vorgänge zu melden.

 Diese Aufnahme entstand am Ort der Explosion.

Diese Aufnahme entstand am Ort der Explosion.

Foto: dpa, wh pro

IS bekennt sich zur Tat

Der IS erklärte über mit der Terrormiliz verbundene soziale Netzwerke, er stehe hinter dem Anschlag, der mit einem präparierten Motorrad und von einem Kämpfer mit einem Sprengstoffgürtel ausgeführt worden sei. Von einem dritten Attentäter war nicht die Rede. Die Mitteilung konnte nicht unabhängig überprüft werden, ähnelte aber früheren Anschlagsbekenntnissen des IS.

Hisbollah-Sprecher Bilal Farhat sprach von einen teuflischen Angriff.
"Sie hatten es nur auf unschuldige Menschen abgesehen", sagte er der Nachrichtenagentur AP. "Sie zielten auf Zivilisten, Betende, unbewaffnete Menschen, Frauen, Alte."

Ministerpräsident Tammam Salam rief die Bevölkerung zur Einigkeit auf. Die UN-Sonderkoordinatorin für den Libanon Sigrid Kaag nannte das Attentat eine ruchlose Attacke. Die internationale Gemeinschaft stehe an der Seite des Libanon. Auch der mit der Hisbollah verbündete Iran verurteilte die Tat.

Das Stadtviertel gilt als Hochburg der schiitischen Miliz Hisbollah, die den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad im Bürgerkrieg unterstützt. Beide bekämpfen in Syrien auch gegen den IS. Mehr als 1,1 Millionen Syrer sind vor den Kämpfen in den Libanon geflohen.

In dem Viertel hatte es bereits mehrmals Anschläge gegeben.
Sunnitische Extremisten haben mit weiteren Attacken gedroht. Der Anschlag vom Donnerstag ist der zweite in Beirut, für den der IS die Verantwortung übernimmt. Vor knapp zwei Jahren hatte die Terrormiliz ein anderes Schiitenviertel in der Stadt angegriffen, wie die Gruppe Site Intelligence Group mitteilte, die Extremistenwebseiten beobachtet.

Entsetzen über das Attentat

Der Doppel-Anschlag in der libanesischen Hauptstadt Beirut hat international Entsetzen ausgelöst. Die US-Regierung sprach am Donnerstag von einem "entsetzlichen" Terrorakt, auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den Anschlag als "verachtenswerte Tat". Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprach von einem "direkten und bewussten Angriff auf die Stabilität des Libanon". Zu dem Anschlag in einem schiitischen Stadtviertel bekannte sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS).

Auch international wurde der Anschlag scharf verurteilt. In Washington erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, Ned Price, solche "entsetzlichen" Terrorakte stärkten nur die Verpflichtung der USA, den Libanon und seine Sicherheitskräfte zu unterstützen, "um einen stabilen, souveränen und sicheren Libanon zu gewährleisten". UN-Generalsekretär Ban zeigte sich "zutiefst betrübt" und forderte, die Verantwortlichen schnell zur Rechenschaft zu ziehen. Auch er sagte der libanesischen Regierung die Unterstützung der UNO zu.

Steinmeier forderte "alle gemäßigten politischen Kräfte im Libanon auf, sich nun mehr denn je um einen politischen Ausgleich zu bemühen und einer weiteren Eskalation entgegenzuwirken". Die Absicht der Attentäter, ein Klima des Hasses und der Zwietracht zwischen den Konfessionen im Libanon zu schüren, dürfe nicht aufgehen.

Frankreichs Präsident François Hollande äußerte sich ebenfalls entsetzt und empört und sprach von einem "widerlichen" Anschlag.

Letzter Anschlag in Beirut im Juni 2014

Zuletzt war in den südlichen Stadtvierteln der libanesischen Hauptstadt im Juni 2014 ein Anschlag verübt worden. Damals hatte ein Selbstmordattentäter einen Sicherheitsbeamten getötet, als dieser ihn aufzuhalten versuchte. Zwischen Juli 2013 und Februar 2014 wurden in den Hisbollah-Hochburgen neun Anschläge verübt.

In den meisten Fällen bekannten sich sunnitische Extremisten zu den Anschlägen. Sie begründeten die Taten mit der Entsendung von tausenden Hisbollah-Kämpfern in den Bürgerkrieg in Syrien, wo diese auf der Seite von Präsident Assad gegen die überwiegend sunnitischen Aufständischen kämpfen.

(lkö/ap)
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