Unruhen Notstand und Ausgangssperre in Baltimore

Baltimore · Die zunächst friedlichen Proteste wegen des Todes eines jungen Schwarzen in Polizeigewahrsam sind in der US-Metropole Baltimore in offene Gewalt umgeschlagen. Der Gouverneur rief den Notstand aus. Bürger dürfen nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr auf die Straße. Kann die Nationalgarde Frieden schaffen?

Baltimore: Behörden verhängen Ausgangssperre nach Krawallen
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Ausgangsperre nach Krawallen in Baltimore

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Straßenschlachten, Plünderungen und Brandstiftungen: Nach den schweren Ausschreitungen wegen des Todes eines Schwarzen im Polizeigewahrsam herrscht in Baltimore der Ausnahmezustand. Bereitschaftspolizisten und Soldaten der Nationalgarde patrouillierten am Dienstag in der Großstadt im US-Bundesstaat Maryland. US-Präsident Barack Obama sagte, für die Krawalle gebe es "keine Entschuldigung". Allerdings zeigte er Verständnis für die Sorgen der Afroamerikaner angesichts der jüngsten Fälle tödlicher Polizeigewalt.

Die Randalierer in Baltimore hatten die Polizisten mit Steinen und Flaschen angegriffen. Plünderer räumten Geschäfte aus. Die Polizei teilte am Dienstag mit, dass 144 Autos in Brand gesetzt worden seien. Auch 15 Gebäude seien in Flammen aufgegangen, bei den Bränden sei ein Mensch lebensgefährlich verletzt worden. Den Angaben zufolge erlitten 20 Polizisten Verletzungen, 235 Menschen wurden festgenommen.

"Wenn Menschen Brecheisen nehmen und Türen aufstemmen, um zu plündern, dann demonstrieren sie nicht", sagte Obama bei einer Pressekonferenz. Die "sinnlose Gewalt und Zerstörung" seien "kontraproduktiv". Seit den tödlichen Schüssen auf den schwarzen Teenager Michael Brown vergangenen August in Ferguson hätten Polizisten Afroamerikaner aber bei "zu vielen Gelegenheiten" in einer Weise behandelt, die "beunruhigende Fragen" aufwerfe. "Ich glaube, wir als Land müssen in uns gehen", sagte der Präsident.

Die Schulen in Baltimore blieben aus Sicherheitsgründen geschlossen. Freiwillige Helfer begannen, nach der Krawallnacht aufzuräumen. "Wir sind hier draußen, damit wieder Normalität einkehrt", sagte die Anwohnerin Maria Ray, die mit Besen und Müllsack auf der Straße stand. "Das ist unsere Nachbarschaft. Das sind unsere Häuser." Auch die Behörden bemühten sich, für Ordnung zu sorgen. Marylands Gouverneur Larry Hogan verhängte den Ausnahmezustand über Baltimore. Die Bürgermeisterin Stephanie Rawlings-Blake erließ eine einwöchige nächtliche Ausgangssperre.

Viele Afroamerikaner sehen Gray als das jüngste Opfer in der Serie tödlicher Polizeieinsätze gegen Schwarze. Der junge Mann war am 19. April, eine Woche nach seiner Festnahme, an schweren Rückenmarkverletzungen gestorben. Die genauen Umstände sind noch unklar. Auf Videoaufnahmen ist aber zu sehen, wie Polizisten Gray zu Boden drücken, bevor sie den vor Schmerz schreienden 25-Jährigen zu einem Polizeibus schleifen. Kurz darauf fiel er im Krankenhaus ins Koma.

Zu der Trauerfeier für Gray hatten sich am Montag rund 3000 Menschen in einer Kirche versammelt. "Wir sind hier wegen Freddie Gray, aber wir sind auch hier, weil es viele Freddie Grays gibt", sagte der Anwalt der Familie, William Murphy. Pastor Jamal Bryant hob hervor, dass Grays Angehörige Familie sich gegen Proteste am Tag der Beerdigung ausgesprochen habe. Dennoch kam es nach der Trauerfeier zu den Krawallen.

Über soziale Netzwerke verbreitete Botschaften legten den Verdacht nahe, dass kriminelle Banden hinter den Ausschreitungen stecken. Die Polizei hatte vor den Krawallen erklärt, es gebe "eine glaubwürdige Drohung", dass die Banden eine "Partnerschaft" eingegangen seien, um die Polizei herauszufordern. Baltimore hat mit sozialen Problemen wie Armut, Kriminalität und Obdachlosigkeit zu kämpfen, die vor allem die schwarze Bevölkerung der 620.000-Einwohner-Stadt treffen.

(dpa)
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