Zweifel an Todesumständen Bericht: Freddie Gray könnte sich selbst verletzt haben

Washington · Im Fall des in Polizeigewahrsam gestorbenen Afroamerikaners Freddie Gray sind Zweifel an den Todesumständen aufgekommen. Bislang galt Gray für viele als jüngstes Opfer einer Serie von Polizeigewalt in den USA - laut "Washington Post" vom Donnerstag könnte sich der junge Mann aber auch selbst verletzt haben.

Baltimore: Eine Stadt in Unruhe
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Die Unruhestadt Baltimore

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In Baltimore und anderen Ostküstenstädten demonstrierten erneut tausende Menschen gegen das brutale Vorgehen von Polizisten gegen Schwarze. Die "Washington Post" berichtete unter Berufung auf ein Polizeidokument, dass ein Mithäftling gehört habe, wie Gray nach seiner Festnahme im Polizeitransporter seinen Kopf gegen die Wände geschlagen habe. Der Zeuge glaube, dass der 25-Jährige "absichtlich versucht habe, sich zu verletzten". Der Häftling saß mit Gray im Polizeitransporter, die beiden waren aber durch eine Metallwand getrennt.

Am Freitag sollen Ergebnisse veröffentlicht werden

Gray hatte bei seiner Festnahme Mitte April so schwere Verletzungen am Rückenmark erlitten, dass er eine Woche später starb. Auf Videoaufnahmen ist zu sehen, wie Polizisten Gray zu Boden drücken, bevor sie den vor Schmerz schreienden jungen Mann zu dem Polizeitransporter schleifen. Als der Transporter bei der Polizeiwache eintraf, war Gray nicht ansprechbar. Später fiel er im Krankenhaus ins Koma.

Die Polizei in Baltimore leitete Ermittlungen zu Grays Tod ein, sechs Beamte wurden vom Dienst suspendiert. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen am Freitag an die Staatsanwaltschaft übergeben, zunächst aber nicht veröffentlicht werden. Auch das US-Justizministerium ermittelt wegen der möglichen Verletzung von Bürgerrechten.

Ein Anwalt von Grays Familie zweifelte die Richtigkeit der Angaben in dem Polizeidokument an. "Wir widersprechen jeder Andeutung, dass Freddie Gray sein eigenes Rückenmark durchtrennt hat", sagte Anwalt Jason Downs der "Washington Post". Die Ereignisse im Polizeitransporter sind ein entscheidendes Puzzlestück, um die Umstände von Grays Tod aufzuklären. Vergangene Woche hatten US-Medien berichtet, dass die Polizisten Gray entgegen der Vorschriften nicht festgeschnallt hätten. Außerdem sollen sie ihm ärztliche Hilfe verweigert haben.

Seit den Schüssen auf den schwarzen Teenager Michael Brown in Ferguson im vergangenen August haben eine Reihe tödlicher Polizeieinsätze gegen Afroamerikaner in den USA für Empörung gesorgt. In mehreren Fällen zeigen von Passanten aufgenommene und im Internet verbreitete Videos das brutale Vorgehen der Beamten. Am Mittwochabend gingen tausende Menschen in Baltimore, New York, Washington und Boston gegen Polizeigewalt und Rassismus auf die Straße. Die Proteste blieben weitgehend friedlich.

Erneute Demonstrationen nach den Krawallen in Baltimore

Die Demonstranten in Baltimore, darunter zahlreiche Schüler und Studenten, zogen durch die Innenstadt und skandierten "Keine Gerechtigkeit, kein Frieden". Die nach den Krawallen Anfang der Woche verhängte Ausgangssperre für die Zeit zwischen 22.00 Uhr und 05.00 Uhr (Ortszeit) zeigte erneut Wirkung, die zweite Nacht in Folge blieb es ruhig. Baltimores Bürgermeisterin Stephanie Rawlings-Blake sagte am Donnerstag dem Nachrichtensender CNN, sie werde "von Tag zu Tag" über die Verlängerung des Ausgehverbots entscheiden.

Meist jugendliche Afroamerikaner hatten sich nach der Trauerfeier für Gray am Montag Straßenschlachten mit der Polizei geliefert. Autos und Gebäude gingen in Flammen auf, Geschäfte wurden geplündert. Der Gouverneur des Bundesstaates Maryland, Larry Hogan, mobilisierte daraufhin die Nationalgarde, die gemeinsam mit Bereitschaftspolizisten in den Straßen patrouilliert.

In New York versammelten sich tausende Demonstranten auf dem Union Square im Stadtteil Manhattan. Nach Polizeiangaben wurden 100 Menschen festgenommen. In Washington zogen etwa tausend Demonstranten friedlich zum Weißen Haus. Eine kleinere Demonstration fand laut US-Medien in Boston statt.

(AFP)
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